Spuren intelligenten Lebens. Len Mette

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Spuren intelligenten Lebens - Len Mette

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3 gehalten hätte. Egal, ob Kevin nun Ohrstecker trägt, die durch eingebaute LEDs blinken wie ein Weihnachtsbaum in einem Friseursalon oder wie der Zugangsschlüssel zu Area 51 aussehen:

      Es ist einfach hipp. Es ist vong. Es ist sogar scheißegal, ob dir selbst als minderbemittelter Protagonist peinlich ist, was du da gerade tust! Es wird noch hipper dadurch, dass du dir die Peinlichkeit nicht anmerken lässt und dich selbst darstellst, als seist du das neue Maß der Dinge, ein Experte im Aufstieg sozusagen! Du bist nun Trendsetter und mit etwas Glück und Folgsamkeit, trägst Du bald den Titel Next Top-Möbel und erscheinst in einem Möbelkatalog, den keiner kennt oder für wichtig hält. Aber man erwähnt den Katalog einfach immer und immer wieder im Fernsehprogramm als den wichtigen deutschen Katalog, damit er wichtig erscheint. Und plötzlich halten ihn auch alle dafür. Jedenfalls die, die dich als Möbel für bedeutend halten. Den Rest der Welt interessiert´s nicht. Auch das ist nicht schlimm: Denn fortan tust du einfach so, als würde es den Rest der Welt überhaupt nicht geben.

      Das ist allerdings noch der harmlose Teil, mit dem wir Minderjährige und Minderbemittelte davon überzeugen, dass alle Oberflächlichkeiten dieser Welt wichtiger sind, als diese altmodischen Werte, die noch unsere Großeltern erlernt haben.

      Der Trick: Du musst diese altmodischen Werte einfach stets in mütterlicher Manier als seeeeehr wichtig benennen. Freundschaft: Seeeehr wichtig. Integrität: Seeeehr wichtig. Respekt: Seeeehr wichtig. Und so weiter. Schon werden sie von der Crowd als das unwichtigste erachtet, was man sich nur vorstellen kann und jene, die ihr Hirn noch benutzen, können dir nicht einmal den Vorwurf machen, gegen den kleinen Knigge verstoßen zu haben. Ein so einfaches, wie geschicktes Täuschungsmanöver.

      Möchtest du jemanden öffentlich als völlig blöd dastehen lassen, ohne den Unmut der Öffentlichkeit auf dich zu ziehen, äffst du einfach betonungslos nach, was er soeben gesagt hat oder formulierst ebenso trocken Sätze, wie: »Ich bin so froh, dass ich es mit solch individuellen Personalities zu tun habe.«

      So richtig lustig wird´s aber erst, wenn du junge Erwachsene, die intellektuell nie über das Stadium eines Höhlenmenschen hinausgekommen sind, in einen Container einsperrst oder auf einer einsamen Insel aussetzt. Oh, am besten nackt! Welch furiose Idee! Einzige Zugangsvoraussetzung: Sie müssen einen Körper wie aus dem Katalog haben oder sonst irgendwelche übertriebenen Reizauslöser vorweisen können. Finanziell abgebrannt oder karrieregeil sind ebenfalls Attribute, die die Hürden zur Teilnahme senken, sind sie doch förderlich, für das, was kommen wird. Wem nackt nicht zusagt, dem sei auch die Variante 20 Notgeile bewerben sich auf Beischlaf mit nur einer Schönheit empfohlen. Nackt macht sich unterwegs schon irgendwer ganz von allein, setzen wir unsere Schönheit doch als höchstintelligent und nicht verarmt in Szene. Dass das Objekt der Begierde schlicht ein gut aussehender, wenn auch völlig beziehungsunfähiger Normalo ist, werden unsere Kandidaten erst nach der Sendung bemerken. Aber dann ist es ja auch egal, denn immerhin können wir mit diesen simplen Mitteln sowohl teure Kulissen, als auch ein Fernsehballett einsparen!

      Zurück zur Insel der Nackten: Dort angekommen beschäftigst du sie mit belanglosen Spielen, Hunger oder einfach Langeweile. Nicht nur Marsmissionsforscher der NASA, sondern auch TV-Formatsexperten wissen, was passieren wird: Ein Teil der Gruppe wird innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums beginnen, sich aufgrund von Nichtigkeiten gegenseitig die Augen auszukratzen. Natürlich mimst du jetzt die Model-Mama und sagst in theatralischem Ton:

      »Na, na, na! Das darf nicht sein! Letzte Verwaaaarnung!«, um schon einmal die Moralkritiker zu beruhigen, die dich und deine Sendung andernfalls in der Presse zerfleischen würden.

      Deine nackigen Teilnehmer auf der Insel wird das nicht interessieren, denn die befinden sich ja in einer psychologischen Ausnahmesituation. Schließlich sind sie nackt und hungrig auf einer Insel, zusammen mit anderen nackten und hungrigen Inselaffen und müssen dumme Spiele spielen. Alles freiwillig natürlich, für viel Geld. Jedenfalls aus deren Perspektive. Immerhin sind sie ja finanziell abgebrannt und karrieregeil. Passieren wird ihnen ob der Verwarnung natürlich nichts. Es sei denn, sie tun irgendetwas, bei dem man die Kritiker nicht mehr mit einer mütterlichen Verwarnung beruhigen könnte. Dann schmeißt man sie halt schweren Herzens aus der Sendung, ohne jedoch zu vergessen, auch das drei Wochen lang medial auszuschlachten.

      Der andere Teil der Gruppe von bildhübschen Höhlenmenschen besteht leider aus Charakteren, deren Ding es nicht ist, Konflikte auszutragen. Sie sind auf den ersten Blick also ein medialer Flop, wären da glücklicherweise nicht noch unsere Joker-Attribute nackt und karrieregeil:

      Was diese possierlichen Individuen tun, ist ebenfalls klar: Sie werden übereinander herfallen, als hätten sie den modernen Porno selbst erfunden. Das, liebe Kritiker, ist mitnichten verwerflich! Immerhin geht es hier um wahre Liebe unter volljährigen Freunden, nicht wahr? Okay, okay, das Eine oder Andere ist vielleicht zu verpixeln. Aus Gründen des Jugendschutzes. Wir pixeln aber nur haargenau das, was rein juristisch betrachtet gepixelt sein muss. Und nur zu exakt jenen Uhrzeiten, zu denen es gepixelt sein muss! Schließlich geht es um die Liebe! Und um Karrieren! Und um Geld! Diesen Genuss der intellektuell anspruchsvollen Unterhaltung sollen ja möglichst viele Menschen in Reinform sehen dürfen!

      Leider wird das Schauspiel unserem inzwischen sabbernden Publikum ebenfalls zu langweilig. Irgendwann weiß halt einfach jeder, wie nackte, mit Silikon und Botox vollgepumpte Neandertaler beim Pimpern und beim Schlammcatchen aussehen. Das kennt man alles schon. Bevor also wirklich niemand mehr einschalten möchte, ist es an der Zeit, die nächste Hürde der Ethik, des Intellekts, wie auch des guten Geschmacks zu nehmen und ein brandneues Format zu erfinden! Eben jenes muss sich jedoch als soziales Experiment bezeichnen lassen. Auch hier gilt es, die Kritiker möglichst lang in Schach zu halten:

      Eine völlig spontane, wie abwegige Idee wäre es beispielsweise, reifere Frauen gegen blutjunge Frauen in die Manege zu stellen, um sie um die Gunst sexuell ausgehungerter Herren buhlen zu lassen. Das Ganze nennen wir provokant Die Olle oder die Dolle? und schicken die hübschen, aber finanziell abgebrannten Neandertalerdamen ins Rennen. Das soziale Experiment besteht natürlich darin, herauszufinden, ob es bloß schnöde weibliche Reize oder die wahre Liebe sein wird, die das männliche, finanziell abgebrannte, aber bildhübsche Neandertalerindividuum anzulocken vermag.

      Wichtig an dieser Stelle ist eine Art Notfallplan, denn was, wenn unsere zugegebenermaßen minimal frauenverachtende Idee einer weiteren frauenverachtenden Fernsehsendung mit potenziell minderjähriger Zielgruppe gar als nicht okay eingestuft werden sollte? Was, wenn jemand herausfindet, dass wir die Werte der Zivilisation mit Füßen treten und dazu beitragen, weitere Neandertaler heranzuzüchten, nur um das Fernsehballett einzusparen? Was, wenn wir plötzlich feststellen, dass Jugendliche aufgrund ihres Medienkonsums ein völlig surreales Bild von Sexualität und ihrer Rolle in einer modernen Gesellschaft vermittelt bekämen?

      So unwahrscheinlich diese abenteuerlichen Thesen auch sein mögen, unser Notfallplan soll wie folgt lauten:

       »Wir wollten mit unserem umstrittenen TV-Format lediglich in provokanter Weise auf die Oberflächlichkeit von Teilen der heutigen Gesellschaft und der Medienlandschaft aufmerksam machen. Sollten wir das Werteempfinden und die Gefühle der Zuschauer verletzt haben, so entschuldigen wir uns in aller Form für diese Fehleinschätzung.«

      In Kombination mit den geltenden Gesetzen der Kunst- und Pressefreiheit, wird uns dieser Satz nahezu unangreifbar aussehen lassen. Und je mehr sich die Kritiker echauffieren, umso mehr Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen werden wir generieren. So lang die sabbernde Meute hinschaut! Und je länger wir senden können, umso größer können wir uns die sabbernde Zuschauermeute heranzüchten. Eine Gelddruckmaschine! Wer braucht schon Verschwörungstheorien, um die Weltherrschaft an sich zu reißen? Wer braucht Kulissenbauer und ein Fernsehballett? Neandertaler sind viel billiger!

      Ich

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