Spuren intelligenten Lebens. Len Mette

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Spuren intelligenten Lebens - Len Mette

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die Sendung übernommen hat? Ich meine ... Nicht, dass Thomas ein Neander ... Nein, das sicherlich nicht. Und vermutlich findet sich hier ebenfalls die Grenze, zwischen seichter Unterhaltung und menschenverachtendem Unsinn. Darin, ob die Protagonisten über Hirn und Verstand verfügen und wissen, was sie da eigentlich tun oder eben nicht. Ob sie aktiv gestalten, oder bloß ein hohler Spielball irgendeines Konzepts sind.

      Unterhaltung funktioniert mit Sensation. Wie im alten Rom. Daran ändert sich nichts. So sind wir Menschen. Niveau ist aber weder eine Hautcreme noch reine Glückssache. Das zumindest wird mir klar, wenn ich in Nostalgie an den blauen Bildschirm mit den gelben Sternen und der Eurovisionsmelodie zurückdenke. Ich ewig gestriger. War ich es, der sich damals gefragt hat, ob es wirklich interessant ist, einem Kerl beim Telefonbuchzerreißen im Rahmen einer Saalwette zuzusehen? Damals hat der TED entschieden. Heute sind wir umso mehr gefragt, zu entscheiden, indem wir einschalten oder eben nicht. Es ist, wie beim Verkehrsunfall, unsere ganz eigene Entscheidung, ob wir gaffen oder es lassen. Es ist unsere Entscheidung, was das Thema des Tages sein soll und was nicht.

      Für die jungen Neandertaler unter uns möchte ich diese Erkenntnis etwas einfacher formulieren:

      Liebe Influencerin, lieber Influencer,

       Eins habe ich gelernt im Leben. Die wesentliche Frage, die du dir immer wieder stellen solltest, ist:

       »Hä?!«

       Ich schwör!

      Kriegshelden

      Es ist Zeit, über ein Ereignis zu sprechen, das wir alle kennen. Prinzipiell ist es wie die Wanderung dieser besonderen Schmetterlinge, die sich Monarchfalter nennen und, die sich in Nordamerika tummeln. Sie schaffen es aus schier unerklärlichen Gründen, Jahr um Jahr eine Wanderung hinzulegen, die sich gewaschen hat: Sie fliegen oder falten, flattern – oder was auch immer sie tun – über einen ganzen Kontinent, um aus dessen nördlichen Regionen bis zu 3600km weit in die mexikanische Sierra Nevada zu reisen und dort zu überwintern. Oder so ähnlich. Ich bin nun kein Schmetterlingologe oder sowas, aber ja, das ist wirklich wahr. Hin und zurück. Und das Beste: Die Falter, die losfliegen, sind nicht einmal ausschließlich die, die zurückkommen. Die denken sich nicht: »Ach, komm, Urlaub in Mexiko, zu Weihnachten sind wir wieder hier.« Nein, manche von ihnen gehen kalkuliert in ihrem Urlaub drauf, nachdem sie sich fortgepflanzt haben und erreichen nie wieder den Ausgangspunkt. Genauso, wie das bei uns Menschen so mancher Thailand-Urlauber tut. Zurück kommen im Falle der Falter jedoch auf jeden Fall die Kinder und Enkel derer, die einst losgeflogen sind. Dennoch finden sie exakt zum Ausgangspunkt der Reise zurück und die Geschichte beginnt erneut. Also tatsächlich alles wie beim Thailand-Urlaub. Als hätten sie ein von Anfang an eingebautes GPS und eine Mission, für die sie geboren wurden. Also die Falter. Faszinierend.

      Die meisten von euch wissen es nicht, aber auch der Mensch kennt, abseits vom Thailandurlaub, Verhaltensmuster, die wie genetisch verankert in vielen von uns schlummern. Über Generationen hinweg gehen wir, wie programmiert, denselben triebhaft wirkenden Aktivitäten nach. Ein Beispiel: Der Gartenmöbelangebotstag bei Aldi. Wer kennt ihn nicht?

      Auch ich als Eigenheimbesitzer kann mich diesem genetischen Programm das eine oder andere Mal nicht entziehen. So auch an jenem Feiertag der Konsumgüterhochkultur, als ich, noch früh am Morgen, das Allerheiligste des mitteleuropäischen Mittelstandspießers erspähe: Das alljährliche Sonnenschirmsonderangebot im Aldi-Prospekt! Genauer gesagt ist es ein recht hochwertig anmutender Ampelschirm in der Fassadenfarbe meines Hauses – zum unschlagbaren Preis von gerade einmal 49€.

      Bumms! Das Genetik-Programm ist gestartet. Dieser Preis. Grund genug, ach was, er zwingt mich auf magische Weise dazu, zu Geschäftsstart des hiesigen Aldi-Markts vor Ort zu sein, um auf jeden Fall ein Exemplar dieses Schirms ergattern zu können. Ganz so, wie es vermutlich schon mein Vater, Großvater und die Urväter meiner Population getan haben mögen!

      Machte ich mich als Heranwachsender noch lustig über dieses Verhalten, WILL die Natur nun augenscheinlich, dass ich es an die Nachfolgegenerationen weitergebe. Ich bin also willenlos, kann nicht anders. Ich bin ein Falter inmitten von vielen, um meiner Bestimmung zu folgen. Ich hecke eine Taktik aus, springe kurz nach Sonnenaufgang in die Hose und fliege los gen Aldi!

      Natürlich bin ich mit dieser Taktik nicht allein. Gegen 7:45 Uhr tummeln sich schon etwa zwanzig Menschen vor der Eingangstür des Marktes meiner Wahl, bewaffnet mit der Streitaxt, ja, dem Panzer des kleinen Mannes: Dem Einkaufswagen. Alle stehen sie dort mit einem Ich-bin-die-Ruhe-Selbst- oder Ich-bin-absolut-Cool-Gesichtsausdruck. Das ist Taktik.

      Niemand ist cool. Sie wollen alle Beute machen und schrecken insgeheim nicht einmal vor Blut zurück. Ich weiß das und sie wissen es auch. Aber sie tun cool und zivilisiert, schauen taktisch meditativ ins Leere. Es ist dieser Blick, der ihnen immer nur dann entgleist, wenn irgendwer Anstalten macht, sich eben nicht hinten, sondern seitlich in der Schlange vor der noch geschlossenen Supermarkttür einzureihen. In diesem Moment klappern sie jeweils drohend mit ihren Panzern und rücken noch näher zur Tür, um dem unseligen Konsum-Terroristen von der Seite keine Lücke zum Vordrängeln zu bieten. Ihre Gesichter entspannen sich erst dann, wenn sich der vermeintliche Angreifer doch noch ans Ende der Schlange stellt.

      Zehn Minuten später: Die Sache sieht jetzt schon etwas anders aus. Inzwischen stehen etwa 50 bis 60 absolut gelassene Gesichter vor dem Markt. Jedoch verformt sich die Warteschlange langsam und unkontrolliert zu einer Traube, was den ursprünglichen Kopf der Schlange, also diejenigen die sich die Nasen seit geraumer Zeit an der Tür plattdrücken, zur Weißglut bringt. Sie versuchen, sich das nicht anmerken zu lassen, aber man kann das Adrenalin in der Luft förmlich riechen. Ich fühle, dass der ein oder andere nun seinen Konsumpanzer in Stellung bringen wird, um auf die Menge zu feuern.

      Ich zähle laut: »Drei, zwei, eins, Feuer!«

      Während man sich vor mir umdreht und sich fragt, warum irgendein Nichtsnutz, mitten in der Traube, rückwärts zählt, bricht am Kopf der Schlange wie auf Kommando die Ich-war-zuerst-da-Schlacht los. Erwachsene, zumeist altersentsprechend vermutlich weise Leute, schimpfen wie Kindergartenkinder und Politiker, um ihre Position im Rudel zu verteidigen.

      Mich amüsiert das mächtig. Nicht etwa, weil ich Spaß an der Konfrontation hätte. Nein, nein, es ist viel subtiler, denn alle im Gefecht verwickelten Kämpfer sind mit Panzern ausgestattet, ich aber nicht. Das macht sie schwerfällig, während ich, mit bloßen Turnschuhen gerüstet, flink wie ein Wiesel, um sie herumtanzen könnte.

      »Einen Schirm werde ich auch noch so tragen können und dadurch wendiger sein«, hatte ich zuvor, in einem abgedunkelten und abhörsicheren Raum, während meiner taktischen Planungen für diesen Morgen, erdacht.

      Diese akribische Einsatzplanung wird sich jetzt auszahlen. Ich muss mich also lediglich still verhalten, im richtigen Moment, flink, aber mit gemächlicher Außenwirkung an der streitenden Meute vorbeispazieren, mir meinen Schirm nehmen und ebenso elegant wieder verschwinden.

      So der Plan.

      Es ist der Plan, den schon die Urahnen meiner Familie nachgingen. Es ist der Plan meiner Gene. Es ist meine Vorsehung! Die Rechnung meiner Urahnen geht sogleich auf, denn während die Panzer rasseln und ihre Kommandeure sich noch bekriegen, öffnet sich pünktlich um acht Uhr die Pforte des Marktes.

      »Jetzt ist er da, der Moment meiner Vorsehung!«, drängt es in mein Bewusstsein!

      Während die Ellenbogen fliegen, spaziere ich friedfertig, wie Ghandi durch die sich auftuenden Lücken zwischen den kämpfenden Artgenossen, schnurstracks in den Aldimarkt, suche die Ware meines Begehrs und schnappe mir einen Schirm.

      »Zeit

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