Handlungsfelder des Bildungsmanagements. Ulrich Muller

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Handlungsfelder des Bildungsmanagements - Ulrich  Muller

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1 Einleitung

      Ein Markt boomt

      Der radikale, schnelle und immer häufigere Wandel in der Wirtschaft macht Druck auf die politischen und gesellschaftlichen Institutionen, sich entsprechend anzupassen, um die notwendigen Unterstützungsleistungen erbringen zu können. Daraus ergibt sich auch ein immenser Bedarf an (Weiter-)Bildung. Wegen der immer kürzeren Verfallszeiten von Wissen wird eine immer schnellere Qualifikation erwartet. Alles ist in Bewegung, alles ist zu überprüfen und gegebenenfalls ist vieles Überkommene auszumustern, zu verändern oder Neues aufzubauen. Kein Wunder, dass in den Zeiten allgemeiner Verunsicherung und im Kampf um Arbeitsplätze, immer auch verbunden mit der Angst, letztendlich doch nicht aufgestellt oder im Spiel urplötzlich durch einen anderen ersetzt zu werden, viele auf (Weiter-)Bildung setzen. Die einen, weil sie sich selbst fit machen oder fit halten wollen, die anderen, weil sie es als ihre Aufgabe ansehen, Mitarbeiter gut zu qualifizieren, wieder andere, weil sie vielleicht außer Bildungsmaßnahmen nicht viel zu bieten haben, es sei denn, vage Hoffnungen auf einen späteren Einsatz – und schließlich die vielen Anbieter, weil sie darauf aus sind, gut im Geschäft zu bleiben oder ins Geschäft zu kommen. In Zeiten der Not kommt manches auf den Markt, das nicht unbedingt allen Qualitätskriterien entspricht. Wie die Spreu vom Weizen trennen? Wie unterscheiden zwischen wirksamen Heilmitteln und Placebos, zwischen neuen zeitgemäßen Ansätzen und nur flink neu etikettierten alten Hüten, zwischen seriösen Anbietern und Scharlatanen?

      Bildungsmanagement zur Sicherung von Nachhaltigkeit

      Wer (Weiter-)Bildung mit dem Anspruch von Nachhaltigkeit durchführen will, muss sein Handeln in einen größeren Kontext stellen und an der übergeordneten Leitfrage ausrichten: Wie kann es gelingen, Gesellschaften und Organisationen so zu gestalten sowie Personen so auszustatten, dass sie nachhaltig zukunftsfähig sind? Die folgenden Ausführungen sind immer in diesem Kontext zu lesen und zu verstehen. Es geht also nicht um Change Management an und für sich, auch nicht um die isolierte Anreicherung von Bildungsmanagement durch Change Management, sondern um die ganzheitliche Betrachtungsweise, die verdeutlichen soll, auf welche Weise und unter welchen Bedingungen Bildungsmanagement seinen Teil dazu beitragen kann, die Zukunftsfähigkeit von Menschen und Organisationen – und in ihrer Vernetzung und Interdependenz damit auch die Zukunftsfähigkeit der jeweiligen Gesellschaft, in der sich das Ganze abspielt – zu sichern und welche Rolle Change Management dabei spielen kann.

       2 Das Umfeld, in dem sich alle bewegen und behaupten müssen

       2.1 Information und Informatisierung

      Die Welt um uns herum, die den Rahmen für das gesellschaftliche, wirtschaftliche, organisationale und persönliche Handeln bildet, lässt sich in etwa durch folgende Merkmale skizzieren: Revolutionäre Entwicklungen auf den Gebieten der Mikroelektronik, der Informatik, der Software-Technologien und der Telekommunikation. Einhergehend mit einem andauernden Preisverfall, machen diese Entwicklungen, die noch mitten im Fluss sind, es möglich, Informationen beliebig zu kanalisieren sowie weltweit über alle organisatorischen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg ohne Zeitverzug zu transportieren. Die Tatsache, dass Informationen und die neuartigen Formen von Kooperation an den Grenzen von Nationen oder Kulturen nicht Halt machen, stellt uns vor die Herausforderung, mit sehr unterschiedlichen Denkmustern, Wahrnehmungsfiltern, Erlebens- und Handlungsgewohnheiten zu kommunizieren und zu kooperieren. Dabei sind das Schwierige daran weniger die Unterschiede selbst, sondern die Tatsache, dass sich die Betroffenen der Unterschiede oft gar nicht bewusst sind auf dem Hintergrund ihrer Überzeugung, dass ihre eigene Einstellung die normale und damit die einzig richtige und wahre ist.

      Mögliche Folgen:

      ■ Drastische Beschleunigung von Arbeitsprozessen: Durch die globale Vernetzung ist weltweit immer irgendwo Arbeitszeit. Gleichzeitig sind alle dank der vorhandenen technischen Kommunikationsmedien prinzipiell jederzeit und an jedem Ort – auch außerhalb ihrer eigentlichen Arbeitszeit – prinzipiell immer erreichbar. Wer sich vor dieser permanenten Erreichbarkeit nicht schützen kann bzw. nicht darf, ist deshalb einem immer stärkeren Arbeits- und Erledigungssog ausgeliefert.

      ■ Abbau von Hierarchie: Die moderne Informationstechnik ersetzt eine der ganz grundlegenden Funktionen des mittleren Managements, nämlich Informationen sammeln, verdichten, interpretieren und weiterleiten – sowohl von unten nach oben als auch umgekehrt – und entzieht dieser Ebene damit einen wesentlichen Teil ihrer herkömmlichen Existenzberechtigung.

      ■ Dramatische Steigerung der Mobilität von Personen und Arbeitsprozessen: Mithilfe dieser globalen und gleichzeitig kostengünstigen neuen Infrastruktur der Informatik und der globalen Ökonomie sind die Menschen prinzipiell in der Lage, von einem Ort her viele Prozesse gleichzeitig zu steuern, und, weil dem so ist, können andererseits zunehmend bestimmte Arbeitsprozesse an jedweden Ort der Erde verlagert werden, an dem die notwendige Arbeits- bzw. Dienstleistung in der gewünschten Qualität und zu einem vernünftigen Preis zur Verfügung gestellt werden können.

      ■ Neudefinition von Wertschöpfungsketten: Anstatt vertikaler Silos werden horizontal übergreifende Wertschöpfungsketten geschaffen – auch virtuell über die bestehenden Organisationen hinaus.

      ■ Verknappung der Ressource Zeit: Wir leben in einem besetzten Käufer-Markt, der nach dem Prinzip der Verdrängung arbeitet. Ein Anbieter, der untergeht, wird nicht vermisst; es gibt immer Wettbewerber, die ihn schnell und nahtlos ersetzen. Schnelligkeit ist auf diesem Hintergrund ein strategischer Erfolgsfaktor. Wer mit seinen Produkten und Dienstleistungen in der richtigen Qualität und mit dem passenden Preis nicht schnell genug am Markt ist, braucht es schon gar nicht mehr zu versuchen.

      ■ Digitalisierung: Die anstehende Umwandlung von analogen in digitale Signale wird aller Voraussicht nach nicht nur viele aktuelle Prozesse radikal verändern, sondern viele Abläufe hinfällig machen. Damit werden auch bestimmte Qualifikation obsolet und neue erforderlich. Auch hier gilt: Wer nicht schnell und radikal genug die neue Technologie als Chance nutzt, riskiert auf der Strecke zu bleiben

       2.2 Polarisierung, Bedrohung und dramatische Steigerung der Komplexität

      Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Das Nord-Süd- und das West-Ost-Gefälle bleiben ein Dauerthema, trotz – oder auch wegen? – der Globalisierung. Die prinzipielle Entgrenzung der Ökonomie durch die Globalisierung führt nicht nur zu bisher nicht gekannten Chancen, sondern ist gleichzeitig eine permanente Bedrohung. Probleme, die früher regional eingrenzbar waren, können heute und in Zukunft jederzeit in einem Dominoeffekt blitzschnell auf die gesamte Welt übergreifen, solange es keine globalen Kontroll- und Regulierungsmechanismen gibt. Darüber hinaus sind die Nationalstaaten immer weniger in der Lage, ihren Gemeinschaftsaufgaben im Bereich der Sozial-, Gesundheits- und Bildungssysteme ausreichend nachzukommen.

      Insgesamt gehen wir in eine Zukunft, die turbulent, in sich nicht stimmig, sondern eher widersprüchlich ist. Deshalb unterliegt unser Handeln dermaßen vielen Beeinflussungen, dass es nie möglich sein wird, eindeutige Kausalitäten zu identifizieren. Alles ist mit allem vernetzt – und trotzdem müssen Entscheidungen getroffen werden, die zumindest in ihrer groben Zielausrichtung nicht nur kurz-, sondern möglichst auch mittelfristig Bestand haben sollten, ohne der Verlockung zu erliegen, wegen der unsicheren Lage Entscheidungen zu verschieben, denn wer Entscheidungen vertagt, hat entschieden, sich nicht zu entscheiden. Auch dafür trägt er die Verantwortung. Wir leben sozusagen in einem permanenten Ausnahmezustand. Natürlich gab es auch früher immer wieder Veränderungen. Davor und danach lagen aber längere Zeiten der Konsolidierung, Stabilität und Kontinuität. Heute gilt: Das Leben in und mit dauerhaft instabilen, turbulenten und unkalkulierbaren Umwelten ist der ganz normale Alltag. Wandel in jedweder Form erfolgt immer schneller, immer radikaler – und insgesamt

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