Handlungsfelder des Bildungsmanagements. Ulrich Muller

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Handlungsfelder des Bildungsmanagements - Ulrich  Muller

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Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Die eigentliche Herausforderung: alle vier Aspekte verlaufen gleichzeitig und sind miteinander vernetzt.

      Mögliche Folgen:

      ■ Grundsätzliche Ersetzbarkeit: Wer sich in einem besetzten, global agierenden und gleichzeitig volatilen Umfeld behaupten, neu positionieren oder gar ausdehnen will, muss andere verdrängen – und muss gleichzeitig immer auf der Hut sein, nicht verdrängt zu werden. Wer untergeht, wird nicht vermisst.

      ■ Steigende Unübersichtlichkeit: Die zunehmenden Instabilitäten und Turbulenzen führen zu einem teilweise dramatischen Verlust an Orientierung, was andererseits den Wunsch nach Eindeutigkeit und Klarheit umso stärker werden lässt.

      ■ Zunehmende Unverbindlichkeit: Wo sich so vieles dermaßen schnell verändert und kaum eine klare Orientierung geboten werden kann, entsteht gleichzeitig der Nährboden für eine grundsätzliche Unverbindlichkeit im Hinblick darauf, wie einzelne und Gruppen auf diese Entwicklungen reagieren (können).

      ■ Wunsch nach schnellen Ergebnissen: Weil sich das Umfeld und die Rahmenbedingungen so schnell ändern, verlagert sich die Aufmerksamkeit zunehmend von der einzelnen Tätigkeit auf das Ergebnis des jeweiligen Handelns. Es geht nicht mehr darum, als Basis jeglichen Handelns zuerst exakt ausgearbeitete und überprüfte Konzepte zu erstellen, sondern möglichst früh Prototypen zu entwickeln, damit zu experimentieren, um zu erfahren, wie der Kunde beziehungsweise Abnehmer der Leistung darauf reagiert. Es geht darum, diese Schleife „Prototyp entwickeln – dem Kunden zur Verfügung stellen - ihn bei der Handhabung genau beobachten – auf der Basis der Beobachtung neuen Prototypen entwickeln …“ als Lernprozess zu betrachten und solange zu drehen, bis die notwendige Akzeptanz von Seiten des Kunden festgestellt wird,

      ■ Wachsender Bedarf für Flexibilität, Qualifizierung und Change Management: Bei allen Betroffenen nimmt insgesamt der Druck zu, sich flexibel auf Überraschungen einzustellen und sich entsprechend neu oder weiter zu qualifizieren und in der Anwendung respektive Umsetzung der vorhandenen Qualifikationen zu behaupten und zu bewähren. Gleichzeitig nimmt die Angst zu, dies nicht zu schaffen.

       2.3 Herkömmliche Ansätze von Bildungsmaßnahmen

      Betrachtet man nun auf dem Hintergrund der allgemeinen Lage und den daraus resultierenden Anforderungen die nach wie vor gängigen Konzepte von Bildungsmaßnahmen, so lassen sich diese durch folgende Merkmale kennzeichnen:

      ■ Der Teilnehmer ist in den meisten Fällen nach wie vor ein passives Objekt der Bildungsmaßnahme.

      ■ Die Weiterbildung erfolgt nahezu ausschließlich in seminaristischer Form oder auch per E-Learning.

      ■ Die Bildungsmaßnahmen erfolgen in aller Regel außerhalb des Jobs (off the job), sind ausschließlich auf die Person des Teilnehmers und seine persönliche Qualifikation gerichtet, ohne Berücksichtigung des Kontextes, in dem sie/er handelt und in dem die neue Qualifikation etabliert werden müsste.

      ■ Viele Maßnahmen werden von den veranlassenden Stellen im Unternehmen nach dem Gießkannenprinzip zugeteilt oder durch beliebige Selbstbedienung der Interessierten genutzt.

      ■ Der Transfer des Gelernten in die Praxis ist nicht systematisch eingeplant, sondern bleibt dem guten Willen der Beteiligten überlassen.

      Fazit: (Weiter-)Bildung als geplante Folgenlosigkeit

      Und so ist es kein Wunder, dass es viele Konzepte und Maßnahmen zur (Weiter-) Bildung gibt, die man getrost als geplante Folgenlosigkeit bezeichnen darf. Drei Parteien sind die Ursachen dafür – allein oder in jeweiligem Eigeninteresse gemeinsam verbunden: die Adressaten, die Anbieter – und diejenigen, welche die Ware „Training“ bestellen, einkaufen oder in sonst einer Weise dafür die Verantwortung (mit-) tragen. Geplante Folgenlosigkeit heißt, es ist beileibe nicht so, dass Nichtkönnen oder Nichtwissen der Einkäufer und Adressaten zufällig mit dem Nichtkönnen, Nichtwissen oder Nichtwollen der Anbieter zusammentreffen. Im Gegenteil, ich möchte geradezu unterstellen: Nicht selten machen beide Seiten sehr wohl gemeinsame Sache, um aus Angst vor wirklichen Veränderungen die Folgenlosigkeit der Maßnahmen gezielt zu produzieren – und sind bereit, um den Schein zu wahren, diese in gezielter Absprache auch falsch zu etikettieren. Ich werde versuchen, im Folgenden den einen oder anderen Aspekt näher zu beschreiben und zu begründen.

       3 Integration von Bildungsmanagement und Change Management

      Wenn wir nun davon ausgehen, dass einerseits das generelle Umfeld und der allgemeine Handlungsrahmen eigentlich allen bekannt sind und dass andererseits Menschen sich in ihren eigenen Augen immer vernünftig verhalten – selbst wenn wir dies, von außen betrachtet, nicht unbedingt immer nachvollziehen können – stellen sich drei grundsätzliche Fragen: Erstens, wie müssten denn nun Bildungskonzepte konkret aussehen, die in die Situation passen? Zweitens, warum können solche geeigneten Konzepte nicht so ohne Weiteres entwickelt bzw. umgesetzt werden? Drittens, fehlt es uns an Wissen oder mangelt es „lediglich“ an der Umsetzung – und wenn ja, warum?

      Anforderungen an Menschen und Institutionen

      Auf dem Hintergrund der eingangs geschilderten Rahmenbedingungen müsste sich eigentlich jedes Unternehmen ebenso wie jedes einzelne Individuum grundsätzlich andauernd in Frage stellen, ständig seine Produkte bzw. Leistungen, seine Strategien, Organisationsstruktur und die Spielregeln seines Handelns überprüfen, gegebenenfalls neu erfinden und neu definieren. Dreh- und Angelpunkt: Schneller am Kunden und am Markt sein, dazu kostengünstig und trotzdem mit der vom Kunden geforderten Qualität. Um dies zu gewährleisten, müssten viele herkömmliche Lösungen über den Haufen geworfen und gegebenenfalls völlig neue Formen der Zusammenarbeit entwickelt werden. Ganzheitliches und vernetztes Denken, Flexibilität und Wandel wären zentrale Punkte auf der Tagesordnung. Soweit zu den prinzipiellen generellen Erfordernissen, denen Menschen und Institutionen theoretisch entsprechen müssten. Wie aber sieht demgegenüber die alltäglich erlebbare Praxis aus – und warum sind die Dinge so, wie sie sind?

      3.1 Der „Durchschnittsmenschim Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen

      Ohne Not will sich niemand verändern

      Der durchschnittliche, also „normale“ Mensch sucht grundsätzlich nach Ruhe, Ordnung, Stabilität und Sicherheit. Er schützt sich zunächst einmal gegen jede neue Anforderung mit Abwehrroutinen. Er ist quasi ein Energiesparer und verlässt höchst ungern die Komfortzone des Gewohnten. Lust und Überlebensangst sind meiner Ansicht nach die einzigen wirklichen Antriebsfaktoren für Veränderung. Und außerdem: Je älter Menschen werden, desto stolzer blicken sie auf ihre Erfahrungen aus der Vergangenheit, die ja einen wesentlichen Teil ihrer Identität ausmachen. Wir fahren sozusagen nach vorne – den Blick fest in den Rückspiegel gebannt. Erfahrungen aber sind doppelbödig. Ihr wesentlicher Wert liegt darin, für zukünftige ähnliche Situationen besser gerüstet zu sein. Was aber sind Erfahrungen für die Zukunft (noch) wert, wenn sich die Rahmenbedingungen immer wieder so dramatisch ändern, dass die aktuelle Situation mit der Vergangenheit nicht mehr vergleichbar ist?

      Sigmund Freud hat einmal konstatiert: „Alles Unbekannte bereitet Angst“. Dem elementaren Grundbedürfnis des Menschen nach Sicherheit, Ordnung und Kalkulierbarkeit werden stürmische Zeiten wie diese überhaupt nicht gerecht. Die Konsequenz ist angst – und um diese Angst zu binden – Verdrängung. Wir sind deshalb weit davon entfernt, aktuelle Krisen als Chance zu nutzen, um Altes aus dem Verkehr zu ziehen und Neues auszuprobieren – und deshalb auch weit davon entfernt, dem Hinweis des österreichischen Nationalökonoms Josef Schumpeter zu folgen: Wer Innovation will, muss

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