Schweinekrieg. Guido Seyerle

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Schweinekrieg - Guido Seyerle

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Das Alter der Höfe, welche Kulturen früher dominiert hatten, wie es heute aussah usw. Dies würde das Thema allgemein halten, und er könnte die Kontakte dieses Abends nutzen.

      Die hiesige Gegend lebte von der Landwirtschaft und war Westdeutschlands Zentrum der Ferkelproduktion. Bei einer einseitigen Berichterstattung war großer Ärger vorprogrammiert.

      Aber irgendetwas musste er schreiben. Als freier Mitarbeiter wurde er nach Zeilen entlohnt. Eine Zeile brachte rund 50 Pfennige, also sollten es heute nach Möglichkeit zwischen 80 und 100 Zeilen sein.

      Von Bauer hatte er ein Bild gemacht, wie er eindringlich gestikulierend vor seinen Kollegen stand. Er würde den Film morgen früh zum Entwickeln bringen, damit der Artikel am Abend vom Setzer übernommen werden konnte. Ihm war nur noch nicht klar, wie er die Zeilen zusammenbringen sollte. Aber jetzt freute er sich auf den Feierabend.

      Schranz bog rechts ab und fuhr die schmale Auffahrt zu seinem gemieteten Bauernhaus hinauf. Oben, auf der anderen Seite des schmalen Schottersträßchens, schraubte sein Nachbar Franz Hirsch an einer alten Baumaschine herum.

      Er war noch braungebrannter als die meisten anderen Landwirte, und seine beiden Knie mussten bereits mit künstlichen Gelenken ausgestattet werden. So wie Franz sagte, lag dies an seiner jahrzehntelangen Tätigkeit auf Baustellen in ganz Baden-Württemberg. Wobei genau dies ihn wohl auch so kameradschaftlich hatte werden lassen; stets hatte er ein nettes Wort für seine Nachbarn übrig, und war ebenso hilfsbereit, wenn irgendwo Not am Mann war.

      Wie immer begrüßten sich die beiden Männer freundschaftlich.

      »Na Franz, wie war dein Tag?«

      »Gut. Danke. Wir waren heute auf der A 7, du kennst die Dauerbaustelle. Seit nunmehr fast einem Jahr arbeiten wir dort. Mein Bagger lief heute gut, ich hatte den 18-Tonner dabei und wir haben ordentlich was weggeschafft.«

      »Und was machst du jetzt?«

      »Diese alte Rüttelplatte will einfach nicht mehr anspringen. Ich zerlege sie und in ein paar Tagen werden wir sehen, woran es liegt.«

      Schranz war immer noch dankbar, dass die Nachbarn ihm freundschaftlich begegneten. Dies schien ihm nicht selbstverständlich zu sein. Als er von Stuttgart hierher gezogen war, befürchtete er, in einer Art Isolation leben zu müssen. Aber das war nicht der Fall gewesen. Schon von Anfang an hatte er bei Franz die Fußballspiele der Europameisterschaft angeschaut, und er konnte sich jederzeit mit Fragen und Problemen an seine Nachbarn wenden.

      »Hast du das heute in der HV gelesen?«

      Seit wann las Franz die Tageszeitung? Seine Frau Anne hatte einmal mit einem Augenzwinkern bemerkt, ihr Ehemann würde nur die Bilder angucken. Je bunter desto besser ...

      »Was denn?«

      Die HV bekam Schranz nur dann kostenlos geliefert, wenn einer seiner Artikel darin veröffentlicht worden war. Die anderen Ausgaben hätte er sich kaufen müssen, und dazu war er zu geizig.

      »In Zukunft soll der Schweinemarkt viel stärker von der EG aus Brüssel kontrolliert werden. Anscheinend gibt es zu viele Schweine, so wie es ja auch den Milchsee und den Butterberg gibt. Und das soll alles abgebaut werden.«

      Schranz dachte bei sich, dass dies die Probleme der Schweinezüchter nicht unbedingt verkleinern würde. Probleme über Probleme, und das in dieser scheinbar heilen Welt.

      »Sag mal Franz, hast du schon mal was von einer Wirtschaftsmafia gehört?«

      Das braungebrannte Gesicht von Franz zeigte keinerlei Emotionen.

      »Weißt du, Chris, das ist eine lange Geschichte. Für mich ist das ja egal, ich habe nur noch ein paar Tiere und bin nicht vom Ertrag und Verkaufswert dieser wenigen Schweine und Rinder abhängig. Aber bei den vielen anderen, den Vollerwerbsbetrieben, da sieht es anders aus.«

      »Wer sind diese Leute? Warum nennt man sie so?«

      Es kam Schranz fast so vor, als ob sich sein Nachbar umblickte, ob auch wirklich keiner der anderen Anwohner zuhören konnte.

      »Komm die nächsten Tage mal abends zu mir. Mein Most mit den Wacholderbeeren müsste dann trinkbar sein.«

      Das laute Gebell seines Hirtenhundes Gipsy erinnerte Schranz daran, dass es höchste Zeit war, sich um seinen vierbeinigen Liebling zu kümmern. Er hatte ihn als Baby aus dem Tierheim in Stuttgart geholt, mitt-lerweile war er ein Jahr alt – ein richtiger schwarzer Wirbelwind.

      5. September 1983

      Die Zeit war verflogen. Schon schien der Sommer zu Ende zu gehen, letzte Nacht hatte das Thermometer nur 5 Grad über null angezeigt.

      Schranz war mit den letzten beiden Wochen zufrieden. Er hatte einen allgemeinen Artikel über das SHL verfasst, der einen positiven Leserbrief nach sich gezogen hatte. Ansonsten gab es keine Reaktionen: keine Anrufe und kein Martens, der sich in irgendeiner Art und Weise geäußert hätte.

      Das Verhältnis zu seinem Hauptauftraggeber war momentan schwierig. Dank der regelmäßigen Aufträge der HV erreichte Schranz einen Wochenumsatz von durchschnittlich 700,- DM, womit er sich ernähren konnte. Durch die immer wieder anfallenden Lektoratsarbeiten junger Autoren verdiente er sich zudem ein kleines Zubrot. Und die daraus resultierende Gesamtsumme war völlig ausreichend, sodass er sich für die kommenden Monate keine großen Sorgen machte.

      Der Sommer galt allgemein als ›Saure-Gurken-Zeit‹. Die interessanten Monate der Berichterstattung würden folgen.

      Sein Nachbar Franz hatte ihn noch nicht zu dem versprochenen Gespräch eingeladen. Und Schranz wollte auch nicht drängen. Er hatte von Anne gehört, dass ihr Mann gerade wieder Herzprobleme hatte; sein Arzt hatte es noch nicht geschafft, ihm die richtige Dosierung an Medikamenten zu verordnen. So hatte er einen Tag einen hohen Blutdruck, am anderen Tag schlief er während der Arbeit auf seinem Bagger fast ein.

      Bauer hatte sich auch nicht gemeldet, und so war Schranz überrascht, als er auf seinem neu erstandenen Anrufbeantworter eine Nachricht abhörte: »Rufen Sie mich an, wir haben den nächsten Termin.«

      Gut, dass er die Stimme sofort erkannt hatte. Bauer hatte viel zu früh zu sprechen begonnen und seine Worte in der Geschwindigkeit von Gewehrsalven abgefeuert. Wahrscheinlich mochte er keine Anrufbeantworter.

      Schranz rief sofort zurück, die Nummer hatte er auf einem kleinen Notizblock neben dem Telefon stets griffbereit liegen. Aber niemand meldete sich, ein Anrufbeantworter war nicht geschaltet. Beim Blick auf die Uhr wurde ihm klar, dass 10 Uhr eine sehr ungünstige Uhrzeit für einen Anruf war. Er wollte es über Mittag zwischen 12 und 13 Uhr nochmals versuchen. Jetzt war der Landwirt sicher auf den Feldern oder im Stall zu finden.

      Wie immer war der nächste Auftrag für die HV eher gegen Abend zu erwarten, deshalb konnte er sich nun Gipsy widmen. Der Hundefriseur hatte ihm nochmals sein schwarzes Fell heruntergeschoren, es war schon ziemlich verfilzt gewesen. Nur schade, dass er sich mit dem Schäferhund aus der Nachbarschaft gerauft hatte, just in dem Moment, als sein Fell so kurz gewesen war. Von dieser Auseinandersetzung hatte er einige Abschürfungen und Bisswunden im Fell davongetragen. Wieder einmal hatte er sich nicht unterworfen, obwohl Bonnie viel größer war als er und auch viel kräftiger. Gipsy würde das lernen müssen, ansonsten konnte das übel ausgehen und für Schranz eine hohe Tierarztrechnung bedeuten.

      Während

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