Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August Schrader
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Читать онлайн книгу Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe) - August Schrader страница 16
»Ich kehre morgen Abend zurück, um übermorgen früh wieder meinen Geschäften nachzugehen.«
»Deine Hand, Arthur!«
»Hier ist sie!«
»Sehe ich dich morgen Abend nicht in der Loge … apropos, welche Loge ist die deine?«
»Die zweite Loge rechts an der Bühne. Also, siehst du mich nicht in meiner Loge …?
»… so fährt mich ein Wagen auf deine Pflanzung«, sagte die Bajadere mit einer Bestimmtheit, die unsern Arthur erzittern ließ und in ihm den festen Entschluss, zurückzukehren, gestaltete.
»Du siehst mich in meiner Loge«, rief er, »und wenn der morgige Tag nur sechs Stunden zählte!«
»Danke, mein Arthur«, sagte das junge Mädchen mit weicher Stimme und drückte dem etwas verstört wirkenden Liebhaber einen Kuss auf die Lippen.
Dass der Dandy Grund genug hatte, den Kuss nicht so feurig zu erwidern, wie er gegeben wurde, wird die Folge lehren; er gab sich aber alle Mühe, den Zustand seines Innern zu verbergen, und dies gelang ihm auch vollkommen, da in der Dunkelheit der Ausdruck seines Gesichts nicht zu erkennen war.
»Bist du nun zufrieden?«, fragte er leise.
»Nicht ganz, denn mir scheint, du bringst nur deiner Eitelkeit dieses Opfer und nicht deiner Liebe.«
»Nach deinem System allerdings der Liebe, denn ich muss offen bekennen, dass du mich ein wenig eifersüchtig gemacht hast.«
»Ich denke, du liebst blindlings?«
»In England, aber nicht in Louisiana. Ich erinnere mich, dass unsere Stadt den feurigen Bewunderern Gelegenheit bietet, sich unangemeldet zu dem Ziel ihrer Sehnsucht emporzuschwingen.«
»Auch zu mir?«, fragte Arabella verwundert.
»Zu dir wie zu jeder anderen schönen Dame, die nicht im Erdgeschoss wohnt.«
»Was soll das heißen?«
»Dass vor fast allen Häusern Maulbeerfeigen stehen, deren Äste eine bequeme Leiter zu den Fenstern bilden. Wenn mich nicht alles täuscht, stehen die schönsten Exemplare dieser Bäume vor den Fenstern deines Boudoirs.«
»Wohl möglich«, meinte Arabella scherzend, »ich werde aber meine Fenster verschließen.«
»Wenn der Bewunderer im Zimmer ist?«
»Arthur!«
»Wirst du böse, wenn ich eifersüchtig bin?«
»Es wird niemand wagen, zu mir ins Fenster zu steigen.«
»Und wenn es dennoch geschähe?«
»Nein, das ist nicht möglich!«
»Es sind aber dergleichen Fälle schon vorgekommen!«
»Nein, nein und tausendmal nein!«, rief das junge Mädchen entrüstet und warf sich schmollend in die Kissen des Sofas zurück, dass zwischen ihr und Arthur ein Zwischenraum entstand.
Das Zimmer war, wie schon gesagt, dunkel, sodass beide nichts als die Umrisse ihrer Gestalten erkennen konnten. Eine Pause trat ein. Arabella stellte sich beleidigt, obgleich sie im Innern über die Eifersucht ihres Liebhabers froh war – Arthur sann auf eine geschickte Wendung, seine angebliche Eifersucht einer lauteren Quelle zuzuschreiben und Arabellas Liebe in den Schranken zu halten, die er ihr notwendig anweisen musste. Noch war er damit nicht zustande gekommen, als sich in dem Nebenzimmer, in dem die Tänzerin ein Bad genommen hatte, ein leichtes Rauschen vernehmen ließ.
Arthur lauschte. Arabella, die ihre Hände vor das Gesicht gelegt hatte, als ob sie wirklich gekränkt sei, hörte es nicht sogleich.
Nach einigen Sekunden wiederholte sich dasselbe Geräusch, und zwar anhaltender als das erste Mal. Arthur blickte zu seiner Schönen hinüber, die immer noch in ihrer schmollenden Lage verharrte. Sally hatte sich in das Vorzimmer zurückgezogen, und da der junge Mann wusste, dass die Tänzerin außer der Zofe keine Begleitung mit sich führte, die ein solches Geräusch verursachen konnte, wandte er den Kopf und sah prüfend zu den Türen, Fenstern und Wänden. Nach der Lage des Schlafzimmers schien es ihm, als ob jeder, der es betreten wollte, das Boudoir durchqueren musste, wenn er nicht den Weg durch das Fenster nehmen wollte – und Sally war während seiner Anwesenheit nicht sichtbar gewesen. Auch konnte er nicht voraussetzen, dass Arabella die Tür dieses Zimmers offen lassen würde, wenn sie eine Person darin wüsste, die Zeuge ihres Liebesgeplauders sein würde. Forschend mit Auge und Ohr, schwieg er und erwartete noch einmal das Geräusch. Stärker und anhaltender regte es sich wieder, und Arthur, der wirklich einen Anflug von Eifersucht verspürte, wollte Arabellas Hand ergreifen, um sie aufmerksam zu machen; doch diese hatte es ebenfalls vernommen, und da sie aus Eitelkeit ein Fensterabenteuer, wie es Arthur fürchtete, nicht für unmöglich hielt, fuhr sie erschrocken empor.
»Hören Sie?«, flüsterte Arthur. »Ist Sally dort im Zimmer?«
»Nein«, flüsterte die Tänzerin zurück, »sie muss in ihrem Zimmer sein.«
Ein neues Rauschen ließ sich hören. Der Dandy war aufgestanden und neigte seinen Kopf dem Zimmer zu. Das Geräusch dauerte einige Sekunden an, dann schwieg es plötzlich wieder. Es war so eigentümlicher Art, dass er vergebens auf dessen Entstehung sann.
»Hören Sie?«, fragte jetzt das junge Mädchen ganz leise.
»Es scheint, als ob er sich jetzt versteckt hat«, antwortete Arthur mit tonloser Stimme.
»Wer?«
»Nun der, der durch das Fenster in jenes Zimmer gestiegen ist.«
Diese Worte sprach Arthur mit einem Ausdruck von Schmerz und Ärger, als ob er nicht mit Jenny, sondern mit Arabella verheiratet werden sollte. War es Eifersucht oder verletzte Eitelkeit – kurz, der Dandy fühlte, dass ihm alles Blut in den Kopf stieg, dass seine Hand ein wenig zitterte und dass seine Neigung zu Arabella dennoch etwas mehr war als eine Modeliebe, ein aristokratischer Zeitvertreib. Dass die Tänzerin ihn aufgefordert hatte, ihr Kavalier zu sein, schien ihm jetzt einen Grund zu haben, und schon nach zwei Sekunden nahm er mit Gewissheit an, sie habe einen solchen Besuch gefürchtet. Warum fühlte sie sich so getroffen, als er im Scherz davon sprach? Und war Arabella nicht eine Tänzerin? Mit dem festen Vorsatz, sein Verhältnis zu ihr zwar nicht zu brechen, sondern nur ein wenig umzugestalten und mehr Freiheit zu gewinnen, tappte er so lange mit beiden Händen um sich her, bis er Arabellas Taille ergriff.
»Arabella«, rief er mit erstickter Stimme, »wer ist in jenem Kabinett?«
»O mein Gott«, war die leise, aber bebende Antwort, »wer soll denn darin sein?«
»Hast du das Geräusch gehört?«
»Es muss von draußen gekommen sein.«
»Nein, es war im Kabinett!«
»Es ist ein Irrtum«, wisperte die Tänzerin, deren Angst mit jeder Sekunde zu steigen schien.
»Mädchen, du betrügst mich!«
»Um Gottes willen,