Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August Schrader

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Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe) - August Schrader

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wenn man das Gespräch mit Arabella bedenkt. Der Anblick der Körper und ihrer Schatten, die sich in mannigfacher Gestalt zeigten, gewährten unserm Arthur die einzige Unterhaltung, denn die Erinnerung an die Szenen, die er mit Arabella gehabt hatte, wagte er nicht anzuregen, da sich die verunglückte Eifersuchtsszene immer in den Vordergrund drängte und ihm eine leise Schamröte ins Gesicht trieb – an Jenny, seine ihm bestimmte Braut, mochte er auch nicht denken, da ihm sein Herz, das der Leichtsinn noch nicht völlig besiegt hatte, Vorwürfe zu machen begann – und an seine übrigen Verhältnisse mochte er noch viel weniger denken, da sie sich in einem höchst beklagenswerten Zustand befanden, denn Arthur lebte wie ein Millionär, obgleich er kaum die Einkünfte eines preußischen Seconde-Lieutenants hatte. Er nahm also das Nächste, was ihm Zerstreuung bot, und dies waren die Bäume. Während er so über diese Wesen und ihre Nützlichkeit seine Betrachtungen anstellte, sah er in geringer Entfernung einen Baumschatten an der Erde, in dessen Umrissen eine lebhafte Bewegung stattfand. Es war natürlich, dass auch der Körper, der diesen Schatten warf, in Bewegung sein musste; aber wodurch sollte diese Bewegung verursacht werden? Die Luft war still und schwül, sodass sie kein Blättchen knistern ließ – von ihr konnte also keine Bewegung hervorgebracht werden, zu der mindestens die Kraft eines Herbststurmes erforderlich war. Aber selbst wenn in diesem Augenblick ein Orkan durch die Straße getobt wäre, so hätte sich seine Kraft an allen Bäumen äußern müssen, und nicht nur an dem einen – der Grund musste also in den Zweigen selbst liegen.

      Einige Sekunden blieb Arthur stehen und betrachtete dieses Schattenspiel. In gleichmäßigen Schwingen bogen sich die Zweige auf und nieder und schienen nur dann und wann langsamer zu werden, um mit erneuerter Kraft ihre Bewegungen fortzusetzen. Leise schlich der Neugierige an die Häuser, wo die Bäume standen, und schlich ebenso leise von einem Baum zum andern, bis der nächste vor ihm der war, in dessen Zweigen die geheimnisvolle Bewegung stattfand.

      Das Rauschen der Blätter schlug jetzt an sein Ohr; mit den Blicken aber konnte er nichts wahrnehmen, da die untersten Zweige ein dichtes Dach bildeten. Kaum hatte er dies bemerkt, als er mit einem leichten Sprung unter diesem Dach stand. Plötzlich schwieg das Rauschen und Arthur hörte folgendes Gespräch:

      »Betty«, flüsterte die Stimme eines Mannes in den Zweigen, »schon seit einer Viertelstunde setze ich den ganzen Baum in Bewegung, um mich dir bemerkbar zu machen, und du hörst immer noch nicht – Betty, bist du am Fenster?«

      »Pst! Pst! Pst!«, zischelte eine Stimme in dem Fenster des Hauses, vor dem der Baum stand.

      »Öffne doch den Flügel, dass ich einsteigen kann – mich schmerzen die Füße, denn der Zweig ist dünn, auf dem ich stehe!«

      »Um Gottes willen, nicht so laut!«, flüsterte die Stimme einer Frau, und Arthur hörte deutlich, dass sie in großer Angst sein musste.

      »Bist du nicht allein, süße Freundin?«

      »Nein, nein!«

      »Ist dir ein Unglück widerfahren?«, flüsterte die Stimme in dem Baum mitleidig.

      »Mein Mann ist zu Hause«, war die traurige Antwort.

      »O weh! Ist er in deinem Zimmer?«

      »Nein, er ist schon zu Bett gegangen; ob er aber schläft, weiß ich nicht.«

      »Der Esel! Warum ist er nicht auf seiner Pflanzung?«

      »Er sagt, er sei krank. Doch wenn dir meine Ruhe lieb ist, William, so verlass den Baum und kehre für heute still nach Hause zurück.«

      »Ohne einen Kuss von dir erhalten zu haben? Betty, süßes Weib, was verlangst du? Nur fünf Minuten lass mich ein, ich beschwöre dich!«

      »Wo denkst du hin? Das Schlafzimmer meines Mannes grenzt an dieses Zimmer, sein Fenster wird fast von den Zweigen berührt – er wird uns hören! Geh, William, morgen Abend bin ich allein!«

      »O dieser alte Pflanzer – dass ihn ein brauner Bär verschlungen hätte! Also morgen um Mitternacht?«

      »Ich erwarte dich, geliebter Freund. Kommst du auch gewiss?«

      »Wenn mir Hände und Füße den Dienst nicht versagen, ersteige ich um Mitternacht diesen Baum. Schlaf wohl, herrliche, unglückliche Betty!«

      Statt der Antwort auf diesen herzlichen Gruß krachte ein Schuss aus dem Fenster des Hauses. In den Blättern des Baumes rauschte es, als ob ihn ein Hagelsturm durchsauste und ein unterdrückter Schrei scholl daraus hervor. Ein zweiter durchdringender Schrei ließ sich am Fenster vernehmen.

      Die tragische Wendung dieser erotischen Szene berührte den lauschenden Arthur so unangenehm, dass er mit einem Satz in der Mitte der hellen Straße war und eiligen Schrittes seinen Weg fortsetzte. Der Gedanke, der zärtliche Liebhaber könne seine Treue mit dem Tode besiegeln, da der Schuss aus dem Fenster mitten in den Baum gerichtet zu sein schien, nebst der Tatsache, dass ein Mord immer eine peinliche Sache bleibt, trieb ihn dergestalt zur Eile an, dass er das Öffnen einiger Haustüren und den Klang ihn verfolgender Schritte nicht hörte. Mit dem Urteil beschäftigt, ob die Frau nicht ebenso gut einen Schuss verdient habe wie der Liebhaber in dem Baum, bog er nach fünf Minuten um eine Straßenecke und trat in den Schatten einer dichten Allee. Hier ging er plötzlich langsamer, da er erschöpft war und nicht annehmen konnte, dass er in dieser Entfernung noch in die Folgen des Schusses verwickelt werden würde. Doch kaum hatte er einige hundert Schritte in seiner Ruhe zurückgelegt, als er plötzlich wieder durch das Geräusch laufender Personen aufgeschreckt wurde. Er drehte sich um und sah zwei männliche Gestalten so schnell die Allee herabschweben, dass er kaum so viel Zeit hatte, ihnen durch einen Sprung in das Seitengebüsch den Weg zu räumen. Die beiden Männer mussten ihn aber gesehen haben, denn sie schossen wie Pfeile auf das Versteck los und schon nach einigen Minuten fühlte sich Arthur von vier kräftigen Armen festgehalten.

      »Was wollt Ihr?«, rief er entschlossen die Männer an, die mit dicken Bambusstöcken bewaffnet waren – ein Zeichen, dass sie auf den Vorfall vorbereitet gewesen sein mussten.

      »Schurke, deine letzte Stunde hat geschlagen!«, rief einer der Männer, indem er seinen Knüttel schwang.

      »Lass ihn, Tom, wir schleppen ihn an den Ort seines Frevels!«, rief der andere.

      Arthur glaubte, er habe es mit dem Mann der treulosen Frau zu tun, deshalb schleuderte er den mit »Tom« Angeredeten so kräftig zurück, dass er mit dem Gesicht in einen Johannisbeerstrauch fiel, aus dem er sich nur mühsam wieder befreien konnte.

      »Seid Ihr wahnsinnig?«, rief Arthur außer sich. »Noch einmal, was wollt Ihr?«

      Statt der Antwort wurde er von einem Paar Eisenfäusten dergestalt bei der seidenen Krawatte ergriffen, dass er fast die Besinnung verlor. Er wollte schreien, aber die zusammengepresste Kehle vermochte keinen Ton hervorzubringen. So wurde er aus dem Gebüsch in die Allee geschleppt. Da änderte sich plötzlich die Szene. Die hochgewachsene Gestalt eines Mannes trat heran, ergriff den Würger bei beiden Schultern und schleuderte ihn zu Boden. Dieser hielt jedoch den stöhnenden Arthur so fest, dass er ihn mit sich hinabzog.

      »Zurück«, donnerte der Mann, »oder mein Waidmesser zerschmettert euch die Schädel.«

      Diese Worte hatten eine mächtige Wirkung. Der Mann, den Arthur in den Strauch geschleudert hatte, lief mit der Schnelligkeit eines Indianers den Weg zurück, den er gekommen war, und sein Genosse, der am Boden lag, ließ erschrocken die Kehle Arthurs fahren, raffte sich auf und folgte seinem Freund, aber nicht mit derselben Schnelligkeit; wie es schien, hatte ihn der Fremde zu unsanft zu Boden geworfen – er hinkte ein wenig. Arthur, am Boden sitzend, sah sich

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