Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August Schrader

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Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe) - August Schrader

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er langsam auf.

      »Mein Herr«, stammelte er in großer Verlegenheit, »Sie fanden mich in einer Lage, die mir ebenso unerwartet kam, wie ich entfernt bin, einen Grund dafür zu ahnen – nehmen Sie meinen Dank und die Versicherung, dass ich mir nichts bewusst bin …«

      »Genug!«, antwortete die tiefe Stimme des fremden Mannes. »Ich weiß, dass diese Leute keinen Grund hatten, sich an Ihrer Person zu vergreifen; sie wurden von einem Irrtum geleitet. Setzen Sie unbesorgt Ihren Weg fort, man wird Sie nicht wieder insultieren!«

      Diese Worte wurden mit einer Autorität gesprochen, die unseren Helden mit einer Achtung erfüllte, die fast an Furcht grenzte. Er forschte nach den Gesichtszügen des Sprechers, doch ein großer Hut mit breiter Krempe bedeckte Stirn und Nase, sodass er nur den unteren Teil des Gesichtes erkennen konnte, der von einem großen Bart umgeben war.

      »Darf ich wissen« begann Arthur wieder, indem er sich verbeugte, »wem ich zu Dank verpflichtet bin?«

      »Nein!«, war die raue Antwort. »Gehen Sie nach Hause und kümmern Sie sich nie wieder um die Bäume, die vor den Fenstern stehen!«

      Mit diesen Worten hatte ihm der sonderbare Mann den Rücken zugekehrt und wieder den Weg zurück zur Straße eingeschlagen. Staunend sah ihm der junge Mann so lange nach, bis sich seine Gestalt in den Schatten der Bäume verlor. Jetzt war alles still um ihn – kein Blatt, kein Vogel, kein Lüftchen regte sich, nur der Schuss und die letzten Worte des fremden Mannes summten noch in seinen Ohren. Endlich raffte er sich auf, drehte sich um und setzte nachdenkend seinen Heimweg fort.

      Arthurs Wohnung befand sich in dem Haus der alten Witwe eines englischen Kaufmanns, der in Manchester einen Bankrott von hunderttausend Pfund gemacht hatte und in New Orleans und Umgegend vielleicht ebenso viel an Grundstücken besaß, wie er in England schuldig geblieben war. Dieser praktische Kaufmann war gleich nach seiner Übersiedlung gestorben, um seiner Frau das kleine Vermögen und einen fetten Mops zu hinterlassen, der die ganze Familie ausmachte. Man kann sich wohl denken, dass die Revenuen dieser Witwe und ihres Mopses nicht unbedeutend waren. Beide bewohnten ein prachtvolles Haus, das in der Mitte eines ziemlich großen Gartens lag. Ein Zufall hatte gefügt, dass Arthur die Witwe kennenlernte, und da sie Raum genug in dem Haus und eine besondere Zuneigung in dem Herzen zu dem interessanten jungen Mann hatte, so war unserem Helden der freundliche Antrag, zwei Zimmer für sich und einen Stall für sein Pferd zu benutzen, wenn er sich in der Stadt aufhalten wolle, kein unwillkommener gewesen. Arthur wohnte also im Erdgeschoss des Hauses, das dieser Witwe gehörte.

      Nach zehn Minuten stand er an einem großen Eisengitter und zog an einem Griff, den ein langer Draht mit einer Glocke im Inneren des Hauses verband. Es vergingen abermals fünf Minuten und ein kleiner Mensch in Jockey-Livree erschien, um zu öffnen. Dieser Mensch war ein junger Neger, der die Posten des Kammerdieners, des Reitknechts und des Leibjägers bekleidete.

      Schweigend ging Arthur über den mit Sand bestreuten Weg auf das Haus zu und der Neger folgte, nachdem er die Tür wieder verschlossen hatte. Die Fenster seines Zimmers waren geöffnet und der Mond schien so hell herein, dass der Eintretende sogleich einen Brief erkannte, der auf dem Tisch lag.

      »Bob, Licht!«, befahl er dem Neger.

      Bob spielte den Kammerdiener und brachte das Verlangte. Verwundert sah er einen Augenblick die beschmutzte Kleidung seines Herrn an, dann zog er sich in das Vorzimmer zurück.

      Arthur betrachtete die Aufschrift des Briefes. Die Züge schienen ihm nicht fremd zu sein, denn er erbrach den Brief mit einer Miene, als ob er sagen wollte: Ich vermute, was der Absender mir mitteilt.

      Arthur las.

       »Diesen Nachmittag ließen mir Ihre beiden Wechselgläubiger die unangenehme Notiz zugehen, dass sie Ihnen nur noch eine Frist von drei Tagen zur Einlösung der Wechsel gestatteten und dass sie nach Ablauf derselben unfehlbar von ihrem Recht Gebrauch machen würden. Als Ihr Sachwalter verfügte ich mich in die Wohnung dieser beiden Herren und versuchte persönlich, einen neuen Aufschub zu erlangen; meine Worte aber fanden kein Gehör und selbst der Hinweis auf Ihre bevorstehende Heirat mit Miss Jenny, der seine Wirkung sonst nicht verfehlte, blieb dieses Mal ohne Erfolg. Wie es scheint, haben die beiden Spekulanten das Zutrauen zu dieser Heirat verloren, oder sie beabsichtigen einen neuen Coup, der neue Zinsen eintragen soll. So viel steht fest, dass sie sich nach drei Tagen Ihrer Person wollen bemächtigen lassen, wenn bis dahin keine Zahlung erfolgt. Dies zur schuldigen Nachricht von Ihrem

      Morris, Advokat.«

      Kaum hatte unser Dandy diese tröstlichen Zeilen gelesen, so gab er ein Zeichen mit der Glocke, die auf dem Tisch stand. Bob trat ein.

      »Wie spät ist es in der Nacht, Bob?«

      Der Neger zog eine große, dicke Uhr mit Schildpattgehäuse aus der Tasche, betrachtete einen Augenblick das Zifferblatt und antwortete:

      »Halb zwei Uhr, Sir!«

      »Gut. Um drei Uhr sind die Pferde gesattelt; wir reiten hinaus zur Pflanzung. Sind die Gewehre in Ordnung?

      »Ich habe mich diesen Abend darum gekümmert.«

      »So halte sie bereit, ich will jagen!«

      Bob verließ das Zimmer und ging in den Stall. Arthur zog seinen grünen, beschmutzten Frack aus und legte einen leichten Schlafrock aus dunkelroter Seide an. Nachdem er sich behaglich eine Zigarre angezündet hatte, warf er sich aufs Sofa und überließ sich seinen Gedanken.

      Arthur war einer von den Charakteren, die für die Zerstreuungen, die der Zufall bietet, wie sie auch immerhin kommen mögen, im höchsten Grade empfänglich sind; er war ein Weltmann, der am Morgen vergessen hatte, was er am Abend getan hat, und mittags nicht wusste, was er nachmittags machen sollte. Er fasste die sichersten Beschlüsse und ließ sie ebenso sicher wieder fallen. So war sein erster Gedanke, nachdem er den Brief gelesen hatte, zu Jenny zu eilen, den letzten Willen des Vaters durch die Heirat zu erfüllen, seine Schulden von dem erheirateten Vermögen zu bezahlen und ein ordentlicher Pflanzer zu werden. Arabella, in der er nicht mehr und nicht weniger als eine Tänzerin sah, obgleich er von ihren Reizen mächtig gefesselt wurde, hoffte er, in dem Wahn zu lassen, dass er sie liebte, um später, wenn sie New Orleans den Rücken gekehrt haben würde, den Kontakt zu ihr völlig abzubrechen.

      Man sieht aus diesen Plänen, dass Arthur den Leichtsinn eines echten englischen Dandys besaß und dass er seine Heirat mit Jenny vielleicht noch weiter hinausgeschoben hätte oder vielleicht gar nicht darauf eingegangen wäre, wenn ihn seine Verhältnisse nicht dazu gezwungen hätten.

      Indem er dichte Rauchwolken an die Decke des Zimmers wirbeln ließ, stieg plötzlich ein anderer Gedanke in ihm auf, den ein Vergleich zwischen Jenny und Arabella erzeugt hatte. Er wollte mit der Tänzerin fliehen. Fast entzückt über den Einfall, verließ er das Sofa und ging in großen Schritten auf und ab.

      »Arabella liebt dich«, flüsterte er vor sich hin, »sie wird den Vorschlag mit Freuden annehmen; außerdem ist sie reizender als Jenny und weiß das Herz eines Mannes besser und länger zu fesseln als die Tochter eines Pflanzers in Louisiana. Wir bereisen die größten Städte Europas, und ich weide mich an den Triumphen, die meine Frau durch ihre Kunst erringt. Ja, ich bleibe bei Arabella!«

      Doch schon der nächste Augenblick änderte diesen Entschluss wieder, und sein Leichtsinn unterlag diesmal der ruhigen Vernunft.

      »Aber wie lange wird Arabella ihre Kunst üben können?«, fragte er sich. »Sie ist ohne Vermögen und ich besitze nichts als zehntausend Dollar Schulden. Was soll aus mir werden, wenn die Tänzerin

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