Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August Schrader

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Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe) - August Schrader

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die Natur dem ersten Lebensalter aufdrückt, das heißt: Frische und Anmut. Um allen Ansprüchen an eine vollkommene, regelmäßige Schönheit zu genügen, waren ihre schwarzen, feurigen Augen vielleicht ein wenig zu groß, die Nase zu klein, die schwellenden Lippen zu rot und ihr Teint ein wenig zu transparent; dieser Mangel aber, wenn wir ihn so nennen wollen, wurde durch eine schalkhafte Anmut und Lebendigkeit in Zügen und Bewegung dergestalt verdeckt, dass alles im reinsten Ebenmaß erschien, und wenn ein verborgener Beobachter das ruhende Mädchen nur zehn Minuten aufmerksam ins Auge gefasst hätte, so würde er gesehen haben, wie das liebliche Gesicht, von den wechselnden Gedanken beseelt, bald von Traurigkeit oder Freude, bald von Mitleid oder Scherz, bald von Liebe oder Verachtung widerstrahlte, und er hätte gewiss die Ansicht geteilt: Es darf nichts geändert werden, um der Harmonie des Ganzen nicht zu schaden.

      Aber völlig ausgeschlossen von der Harmonie der übrigen Körperteile schienen die beiden mit seidenen Strümpfen und weißen Atlasschuhen bekleideten Füße des jungen Mädchens zu sein, von denen der eine auf einer rotsamtenen Fußbank, der andere auf der Ecke des Sofas ruhte. Zwar konnte man sie nur bis zur Hälfte sehen, da der weiße Morgenmantel alles Übrige neidisch bedeckte, aber schon der sichtbare Teil genügte, um bewundernd auszurufen: Diese zarten, elastischen Füßchen müssen einem Kind von zehn Jahren gehören! Wie ist es möglich, dass ein ausgebildeter Körper sich auf diesen zarten Gliedern bewegen kann! – Und dennoch wurden sie mehr bewegt als viele andere Damenfüßchen, sie führten sogar künstlerische Bewegungen aus, die Staunen und Bewunderung erregten, denn ihre reizende Besitzerin war Miss Arabella, eine der ersten englischen Tänzerinnen.

      Neben dem Sofa, und zwar an der Seite, wo die Tänzerin mit dem Kopf ruhte, lag auf einem braunen wollenen Teppich eine schneeweiße, langhaarige Ziege, deren zarter Gliederbau mit dem des Mädchens zu wetteifern schien. Die beiden Vorderfüße hatte sie parallel mit der Länge des Sofas ausgestreckt, den Kopf mit seinen hellen, listigen Augen hielt sie so hoch empor, wie es der schlanke Hals, der mit einem hellroten Halsband geschmückt war, erlaubte. Der volle weiße Arm der Fußkünstlerin, der von dem weiten Ärmel des Mantels nur halb bedeckt wurde, hielt nachlässig den Kopf des Tieres umschlungen und die runde Hand mit ihren Grübchen spielte in langsamen Bewegungen mit dem glänzenden Bart des Tieres, das so ruhig dalag, als ob es ein besonderes Vergnügen an dieser Unterhaltung fände.

      Das Boudoir, obgleich mit Eleganz und Luxus ausgestattet, trug dennoch das Gepräge des echt englischen Geschmacks dieser Zeit: Es war ein kleines, hohes Gemach, dessen blauseidene Tapeten auf Feldern von korinthischen Säulen mit vergoldeten Kapitälern umschlossen, große Quadrate zeigten, in denen eine Menge Amoretten, mit Bogen und Pfeil bewaffnet, stürmische Angriffe auf fliehende Frauengestalten ausführten und sie vor umgestürzten Hymen-Altären schonungslos mordeten. – Außerdem hatte dieses Gemach vier Türen, von denen zwei, der Symmetrie wegen, nur gemalte waren; die dritte war die Eingangstür von dem Korridor und die vierte führte in den Salon, dessen Balkon zur Straße hinausging. Die Verzierungen des Kamins waren im gleichen Stil gehalten; die große, runde Uhr über demselben wurde von vier mageren Liebesgöttern getragen, die unter ihrer Last tief zu seufzen schienen; die Kandelaber bildeten sich ebenfalls aus einer Gruppe Liebesgöttern, deren vier Fackeln einen vierarmigen Leuchter darstellten.

      Wie wir bereits gesagt haben, lag die Göttin, die diesen Tempel beherrschte, nachlässig auf dem Sofa und spielte, wie es schien, nicht gedankenlos, mit ihrer Freundin, der weißen Ziege. Man wird sich wundern über diesen sonderbaren Geschmack in der Wahl einer Freundin; er ist aber denen erklärlich, die das Ballett Esmeralda einmal gesehen haben, denn nächst der Tänzerin, die die Person der Esmeralda darstellt, spielt eine Ziege darin die Hauptrolle. Diese Ziege nun, die neben dem Sofa auf weichem Teppich ruht, leistete in dem genannten Ballett Unglaubliches: Sie half die glänzenden Siege ihrer Gebieterin auf der Bühne erringen, teilte die Anstrengungen der Kunstreisen und Kunstvorstellungen – es war demnach sehr natürlich, dass die zweifüßige Künstlerin mit der vierfüßigen Gewinn und Ruhm teilte. Den Gewinn genoss die Letztere durch Bequemlichkeit in kostbaren Zimmern, den Ruhm aber teilte sie durch das Verschlingen der Blumensträuße und Lorbeerkränze, die man der Tanzvirtuosin nach beendeter Vorstellung jauchzend auf die Bühne warf.

      Djali, so hieß die seltene Ziege, hatte sich seit einiger Zeit einer besonderen Pflege und Freundschaft zu erfreuen gehabt, denn sie hatte sich durch den unmäßigen Genuss von Lorbeerkränzen, die man dem Künstlerpaar bei der letzten Vorstellung in London auf echt englische Manier im ungeheuersten Überschwang gespendet hatte, eine schwere Krankheit zugezogen gehabt, von der sie durch die Kunst der geschicktesten Ärzte erst seit Kurzem wieder genesen war. Seit dieser Zeit hing das Tier mit doppelter Ergebenheit an seiner Gebieterin und diese mit doppelter Freundschaft und Liebe an ihrer vierfüßigen Kunstgenossin. Und konnte man es beiden verargen? Stand nicht Unermessliches auf dem Spiel? Wie konnte die Esmeralda in New Orleans erscheinen, wenn die Ziege gestorben wäre? – Dieser fürchterliche Gedanke schien Arabella in dem Augenblick die Brust zu beengen und ihren sonst so heiteren Sinn in schwarze Fesseln zu schlagen, als sich die Tür öffnete und Sally, das Kammermädchen, eintrat.

      »Wie«, rief die Tänzerin mit einem reizenden Anflug schlechten Humors, »störst du mich schon wieder? Ich hatte dir doch gesagt, dass ich allein sein will, um die Szenen des Balletts, in dem ich hier morgen zum ersten Mal aufzutreten gedenke, in aller Stille durchgehen zu können. Wie oft soll ich dir wiederholen, dass bei meinem Tanz nicht nur die Füße tätig sind, sondern auch der Geist, der allen Bewegungen des Körpers den charakteristischen Ausdruck verleihen muss! Wie kann ich auf neue Nuancen sinnen, wenn du mich jeden Augenblick störst? Wie kann ich die alten ordentlich ausführen, wenn ich mich nicht darauf vorbereite? Hat meine erste Rolle, von der die Fortsetzung der übrigen abhängt, nicht den gewünschten Erfolg, so trägst du die Schuld – hörst du, Sally, du, nur du ganz allein!«

      Das Kammermädchen verstand nur zu gut, dass in diesem Verweis zugleich die Billigung lag, ihn verdient zu haben, denn Arabella hatte ihn in einem Ton gesprochen, der keine Zweifel darüber zuließ. Mit jenem vertraulichen Ausdruck in Sprache und Gebärden, der den Zofen berühmter Künstlerinnen eigen zu sein pflegt, antwortete das niedliche, einfach, aber höchst elegant gekleidete Kammermädchen:

      »Miss, nur mit klopfendem Herzen unternahm ich diese Störung – aber wenn Sie wüssten, was mich dazu veranlasste, würden Sie mir wahrhaftig nicht zürnen.«

      »Nun, so rede schnell«, sagte Arabella, indem sie beide Füßchen mechanisch zur Erde gleiten ließ und den Kopf mit unwilliger, aber neugieriger Miene in das Rückenkissen des Sofas warf. »Was veranlasste dich, mein Verbot zu überschreiten?«

      »Ein schöner junger Mann«, antwortete die Zofe. »Er verlangt mit einer solchen Beharrlichkeit und in einem so dringenden, bittenden Ton, Sie zu sprechen, dass ich vergebens auf ein Mittel sann, ihn abzuweisen.«

      Arabellas Arm ließ den Hals der Ziege fahren, die fast ebenso neugierig und überrascht die Zofe ansah wie ihre Herrin. Es war, als ob das Tier die Ankündigung, inhaltschwer für eine Bühnenkünstlerin, verstanden hätte.

      »Und wie nennt sich dein schöner junger Mann?«

      »Er nannte den Namen Arthur

      »Arthur?«, wiederholte die Tänzerin, indem sie die beiden Silben des Wortes langsam und gedehnt nachsprach. »Arthur ist kein vollständiger Name.«

      »Kein vollständiger Name?«, antwortete Sally in komischem Erstaunen. »O ja, Miss Arabella, er ist ein vollständiger und dabei ein sehr schöner Name – er klingt so ritterlich, romantisch –, schon dieser Name könnte mich für einen Mann einnehmen!«

      »Ha, ha, ha!«, lachte die Tänzerin mit ihrer kindlichen Stimme, »soll ich etwa deinen Geschmack und deine Sympathien teilen? Fast glaube ich, du willst mich zugunsten des jungen Amerikaners stimmen! Gut, versuche es, mir ein Bild von deinem Protegé zu entwerfen.«

      »Nun,

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