Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August Schrader
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»Weil ich den Zweck meines Vaters vollkommen erreichen, das heißt, ein vollkommener Engländer werden und als solcher erscheinen wollte. Das Schicksal hatte es aber anders beschlossen, denn zwei Tage nach Ihrer Abreise aus London nach Paris erhielt ich die Trauerkunde, dass mein Vater schwer erkrankt darniederliege, dass er mich noch einmal sehen und segnen wolle und dass ich, um diesen Wunsch zu erfüllen, auf der Stelle abreisen müsse. Ich war der einzige Sohn und liebte meinen Vater. Sie, meine beste Arabella, waren auf zwei Monate verreist, und da mich sonst nichts an London fesselte, beschloss ich, den Wunsch des kranken Vaters zu erfüllen – ich reiste ab. Obgleich wir eine glückliche Fahrt hatten, kam ich leider dennoch zu spät – ich betrat das väterliche Haus in demselben Augenblick, als der Leichenzug meines guten Vaters, den ich schon seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte, von dem Gottesacker zurückkehrte.«
»Mein armer, armer Freund«, seufzte das junge Mädchen und trocknete mit dem weißen Batisttuch eine große, helle Träne, die wie ein Tautropfen in den langen, schwarzen Augenwimpern zitterte.
Arthur ergriff das Tuch, dessen Falten die Träne aufgenommen hatte, drückte seufzend einen Kuss darauf und fuhr fort:
»Nachdem ich dem Schmerz um den Verblichenen die ersten Opfer gebracht hatte, schritt ich zur Eröffnung des Testaments. Der Erblasser forderte darin, dass ich sein Geschäft aufgeben, die darin angelegten Kapitalien zurückziehen und die Leitung einer großen Plantage übernehmen sollte, die sein zweiter Bruder, der zwei Jahre früher verstorben war, hinterlassen hatte. Da die Plantage in der Nähe von New Orleans liegt, habe ich hier meinen Wohnsitz aufgeschlagen, reise wöchentlich einige Tage in die Wälder und Pflanzungen und erfülle auf diese Weise genau den Willen meines Vaters. Sie können wohl ermessen, meine süße Freundin, dass die Auflösung eines alten und die Übernahme eines neuen Geschäftes viel Zeit und Mühe erfordert, zumal wenn man an das materielle Geschäftsleben so wenig gewöhnt ist wie ich – trotzdem aber ist es meiner rastlosen Tätigkeit gelungen, die durch den Tod von zwei tätigen Männern etwas verwirrten Sachen so weit in Ordnung zu bringen, dass ich diesen Sommer noch den sehnlichsten Wunsch, das glühendste Verlangen meines Herzens in Erfüllung bringen kann, das heißt, eine Reise nach London anzutreten. Und jetzt ermessen Sie meinen freudigen Schreck, als ich diesen Morgen erfahre, es bedarf einer Reise nicht, um den Stern meines Lebens zu sehen, es bedarf des langen, martervollen Aufenthalts auf einem Schiff nicht, um in den Himmel zu gelangen, das heißt, an den Ort, den Ihre reizenden Füße betreten – Arabella, ich bin im Himmel, denn ich liege zu Ihren Füßen!«
Arabella beugte sich und drückte einen Kuss auf die Stirn des jungen Mannes, der vor ihr auf den Knien lag und sehnsüchtig mit seinen großen Augen zu ihr aufblickte.
»Arthur«, sagte sie mit einem unbeschreiblichen Lächeln, »ich glaube Ihnen; mag alles, was geschehen ist, vergessen sein! Doch eine Erklärung fordere ich von Ihnen – eine offene, wahre Erklärung.«
»Was fordern Sie, Arabella? Jede Falte meines Herzens will ich glätten, dass es klar wie der Spiegel des ruhigen Meeres vor Ihnen liegen soll!«
»Arthur«, lispelte das junge Mädchen, »erinnern Sie sich noch Ihrer Versprechungen, Ihrer Schwüre?«
»Ich erinnere mich ihrer nicht nur, ich bin sogar bereit, sie zu wiederholen!«
»Dessen bedarf es nicht, Ihr offenes Auge bekundet die Wahrheit. Nicht wahr, mein lieber Freund, ich darf dem Auge noch trauen, das mir stets so klar entgegenleuchtete?«
»Mädchen«, rief der junge Mann, indem er sich rasch erhob, »welcher Dämon hat den Argwohn in dir angefacht, dass ich je …«
»O still, mein lieber, lieber Freund«, sagte Arabella in einem bittenden Ton, verließ ihren Platz, legte den blendend weißen Arm auf Arthurs Schulter und ihr glühendes Köpfchen an seine Brust, »o still, nicht um dich zu kränken, sage ich diese Worte, sondern um mich ganz des Glückes erfreuen zu können, das mir dein Wiedersehen bereitet.«
Die Wangen des jungen Mannes hatten sich ein wenig gerötet, und in seinem Blick malte sich eine leise Befangenheit ab. Beides bemerkte Arabella, sie schrieb es aber dem Eindruck zu, den ihr geäußertes Misstrauen hervorgebracht hatte. Lächelnd blickte sie ihn an und drückte dabei mit herzlicher Innigkeit seine Hand.
»Arabella«, sagte Arthur, »sollte derselbe treulose Freund, der meine Briefe so schändlich unterschlug, seine Verwerflichkeit so weit getrieben haben, dass er auch den Samen des Argwohns in dein kindliches Herz gesät hat?«
»O nein, seit meinem Weggang aus London, seit unserer Trennung habe ich weder etwas von ihm gehört noch gesehen.«
»Und sollte der angegebene Grund der einzige sein …?«
»Du sprachst von einem Testament, mein Arthur – es ist nichts Ungewöhnliches, dass der letzte Wille eines sterbenden Vaters auch dem Herzen des Sohnes den Gegenstand bezeichnet, den es lieben soll – sieh, dieser Gedanke war es, der mich zu jener Frage veranlasste, die ich wünschte, nicht an dich gerichtet zu haben.«
Die Tänzerin war in diesem Augenblick zu sehr Liebhaberin, als dass sie die Wolke bemerken konnte, die ihre besänftigenden Worte von der Stirn des jungen Plantagenverwalters verscheuchte. Sein Ernst verwandelte sich plötzlich wieder in ein unbefangenes Lächeln, und seine Stimme nahm wieder die Herzlichkeit an, die für einen Augenblick verschwunden gewesen war.
»Nein, meine Arabella«, rief er, »der letzte Wille meines Vaters war nur darauf bedacht, dem einzigen Sohn die Mittel an die Hand zu geben und zu sichern, die seine Zukunft nicht nur vor Sorgen schützen, sondern sogar glänzend gestalten sollen. Meinem Herzen hat er kein Vermächtnis hinterlassen; ich darf darüber verfügen, und«, flüsterte er zärtlich, »habe darüber verfügt, denn ich habe es einem Engel geschenkt, der …«
»Nun, der?«, fragte die Tänzerin mit einem schelmischen Lächeln.
»… der es mir gestohlen hätte, wenn ich so geizig gewesen wäre, es behalten zu wollen!«
»Arthur!«
»Arabella!«
Eine lange, innige Umarmung folgte dem Ausruf dieser beiden Namen.
Der junge Mann erwachte zuerst aus seinem Liebesrausch, aber nicht etwa, weil er sich selbst ermunterte, sondern weil er auf seinem Rücken so unsanft berührt wurde, dass er erwachen musste. Djali, die weiße Ziege mit dem roten Halsband, die der Szene bis jetzt ruhig zugesehen hatte, hatte plötzlich ihren Teppich verlassen und war – in welcher Absicht, können wir nicht sagen – dem glühenden Liebhaber mit beiden Vorderfüßen über den grünen Rücken gefahren, dass er sehr unsanft an die Erde erinnert wurde.
»Sieh doch, Arthur, auch Djali, das treue Tier, will dich umarmen«, rief Arabella jauchzend, ergriff die beiden Füße der Freundin und führte sie dem Freund entgegen. Dieser streichelte sanft das glänzende Haar und ergoss sich in Lobeserhebungen über die Klugheit und Schönheit des seltenen Tieres.
»In der Tat ist es klug«, sagte die Bajadere mit einem Seufzer, »denn es sah mich oft so mitleidig an, wenn ich unter Tränen an den flüchtigen Geliebten dachte, als ob es meinen Schmerz verstände und ihn teilen wollte. Doch nun sollst du auch sehen, welche Fortschritte es in seiner Kunst gemacht hat.«
Die Tänzerin wollte eben ihre Studien wieder beginnen, als Sally, die Zofe, eintrat.
»Miss«, sagte sie, »ich muss wider meinen Willen stören.«
»Was gibt es?«, fragte die Gebieterin unwillig.
»Der