Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August Schrader

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Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe) - August Schrader

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sich persönlich nach dem Grund der unerwarteten Verzögerung zu erkundigen. Der gute Mann ist in tausend Ängsten – er glaubt, Sie seien krank geworden.«

      »Ach, mein Gott«, rief Arabella, »ich habe die Probe vergessen! Wie spät ist es?«

      »Zwölf Uhr, um elf Uhr sollte die Probe beginnen.«

      »Sir Arthur«, wandte sich die Tänzerin zeremoniell zu dem Dandy, »die Pflicht ruft – wann sehe ich Sie wieder?«

      »Hier ist meine Adresse«, wandte er sich zu Sally und gab ihr eine Karte. »Sie, reizende Arabella, haben über Ihren Diener zu bestimmen!«

      »Sally«, befahl das junge Mädchen, »führe den Herrn Direktor in den Saal, dann komm zurück, um mir beim Ankleiden zu helfen.«

      Als die Zofe sich entfernt hatte, nahm Arthur durch einen zarten Kuss Abschied von der Königin seines Herzens.

      »Wann darf ich wiederkommen?«, fragte er.

      »Sobald das Herz Ihnen die Aufforderung dazu diktiert«, war die Antwort, von einer Verbeugung begleitet.

      »Diesen Abend?«

      »Diesen Abend!«

      Kaum war Arthur verschwunden, als Sally wieder eintrat, um die Toilette ihrer Herrin zu vollenden.

      »Trage ich noch immer die Schuld«, fragte die listige Zofe, indem sie die schwarzen Haare Arabellas zu Locken formte, »dass die Vorstudien zu dem Ballett unterblieben sind?«

      »Von dieser Schuld entbinde ich dich«, sagte die Tänzerin lächelnd; »doch eine Verantwortung hast du zu übernehmen.«

      »Und welche?«

      »Die gegen den Theaterdirektor.«

      »Ich habe sie bereits übernommen.«

      »Was hast du ihm gesagt?«

      »Lassen Sie sich die Entschuldigung von dem Herrn Direktor selbst wiederholen. Ihr Kopfputz ist fertig!«

      Während Arabella einen großen, kostbaren Schal um ihre Schultern warf und vor dem Spiegel einen gelben Hut mit einer weißen, wallenden Feder auf die Locken setzte, knüpfte Sally eine seidene Leine in das Halsband der Ziege. Nachdem die Herrin, deren Gesicht durch die Fülle der Locken einen neuen Reiz erhalten hatte, den letzten Blick in den Spiegel geworfen hatte, gab die Zofe ihr die Leine in die Hand. Dann öffnete sie die Tür des Saales, und Arabella, die Ziege führend, trat zu dem ungeduldig harrenden Direktor ein.

      »O mein Gott, was muss ich hören!«, rief der Mann mit gekrümmtem Rücken und einem devoten, schmerzlichen Lächeln, »Ihre arme, allerliebste Ziege hat einen apoplektischen Anfall gehabt?«

      Arabella gedachte der Entschuldigung ihrer Zofe.

      »Der Anfall ist vorüber«, sagte sie lächelnd, »und die Probe kann beginnen.«

      »Gott sei Dank«, rief der Bühnenlenker und küsste die Hand der Dame, »Gott sei Dank, dass er keine Folgen hatte! Darf ich um Ihren Arm bitten?«

      Nach zwei Minuten öffnete ein Diener den Schlag des Wagens, der vor der Eingangstür des Hauses wartete. Die Tänzerin stieg zuerst ein, dann hob der Bühnenlenker die Ziege empor und setzte sie behutsam an die Seite ihrer Herrin – er selbst nahm dem Künstlerpaar gegenüber seinen Platz ein.

      Der Wagen rollte an. Nach einer Viertelstunde begann die Ballettprobe.

      Am rechten Ufer des Mississippi, und zwar fünf bis sechs englische Meilen von der Hauptstadt Louisianas entfernt, zieht sich ein hoher, majestätischer Wald nach dem Westen des Landes hin, dessen Umrisse man, wie wir bereits berichtet haben, von Arabellas Boudoir aus deutlich erkennen kann. Der mit Schlingkraut und großen, breiten Blättern bewachsene Boden, in der Nähe des Flusses sumpfig und ein Aufenthalt für Schlangen und Gewürm aller Art, wird in geringer Entfernung von dem flachen Ufer mit jedem Schritt fester und trockener, das Gestrüpp verwandelt sich nach und nach in dichtes Unterholz, dessen Blätterdach den glühenden Sonnenstrahlen ein Ziel setzt und sie ihrer erschöpfenden Kraft beraubt, und die schlanken Zedern und Myrthenbäume, von dem schimmernden Jasmin wie von Girlanden umrankt, erscheinen in einem dunklen, goldfarbenen Licht, als ob die Abendröte sie mit einem milden Schein umfinge. Statt der wilden Schlingpflanzen beherrschen Blumen von mannigfacher Gestalt und Farbe, würzigen Duft verbreitend, den grünen Boden, während die majestätische Palme und die üppige Magnolie Königen gleich gebietend und majestätisch über den Wald emporragen.

      In dieser Gegend des Waldes, wo die üppigste Vegetation alle Naturreize Louisianas entfaltet, trifft man sorgfältig gebahnte Wege: Den Jasmin- und Weinreben ist ihr Ziel gesteckt, dass sie rechts und links dichte Hecken zwischen den Stämmen der Bäume bilden, die hin und wieder vorkommenden sumpfigen Stellen sind mit Erde ausgeschüttet und festgemacht, und wo riesige Wurzeln den Pfad erhöhten, sind sie durch Feuer und Spaten vertilgt, dass dem Fuß fast kein hemmendes Hindernis mehr in den Weg tritt.

      Diese Wege stellen die Kommunikation zwischen den einzelnen Pflanzungen her, die durch den Wald getrennt sind, und dienen den Bewohnern nicht selten zu Spaziergängen sowie dem forschenden Reisenden als Pfade, um das Innere des Landes kennenzulernen.

      Ungefähr um dieselbe Zeit, als Arthur in das Zimmer Arabellas trat, durchschritt einen dieser einsamen Waldgänge ein Mann, der weder das Aussehen eines Spaziergängers noch eines Reisenden hatte. Zwar trug er eine feine englische Büchse unter dem Arm, eine Jagdtasche an der Seite und ein Waidmesser mit kostbarem Griff, aber auch die Absicht zu jagen schien er nicht zu haben, denn er ging langsamen Schrittes unter der blinkenden Blätterwölbung hin, große Wolken Tabakrauches unter seinem breitkrempigen Strohhut hervorblasend, ohne sich um das aufgeschreckte Wild, das aus dem Gebüsch über den Weg sprang, zu kümmern und ohne nach den Vögeln zu blicken, die sich in bester Schussnähe auf den elastischen Zweigen wiegten. Sein Anzug bestand einfach aus ein Paar gelben, weiten Hosen, einem hellgrauen Oberrock mit einer Art kurzem Mantelkragen, aus dem der Kragen eines bunt gestreiften Hemdes hervorsah, und Stiefeln aus hellbraunem Leder, die von der Farbe der Hosen wenig abstachen. Seine Bewegungen, obgleich er nur langsam dahinschritt, verrieten dennoch den kräftigen Mann von dreißig bis zweiunddreißig Jahren, und sein Gesicht, von einem kurzen, braun gekräuselten Bart umgeben, drückte einen Ernst aus, der zu mild war, um ihn Härte oder Wildheit zu nennen, und zu streng, um ihn mit den Worten Traurigkeit oder Schmerz zu bezeichnen.

      Wohl eine halbe Stunde Zeit hatte dieser Mann gebraucht, um eine Strecke Weges von einer Viertelstunde zurückzulegen, als plötzlich durch eine Lichtung des Waldes die Sonnenstrahlen senkrecht auf sein Haupt fielen und ein anderer Weg den seinen durchschnitt.

      Sinnend blieb er stehen und blickte rechts den Kreuzweg hinunter, der stets breiter und luftiger wurde und in geringer Entfernung die roten Dächer einer Besitzung in dem dunklen Grün zeigte, deren Anblick einen besonderen Eindruck auf ihn auszuüben schien. Wie unwillig nahm er sein Gewehr von der Schulter, setzte es heftig zu Boden, legte die gekreuzten Arme auf dessen Mündung und sah mit starren, ungewissen Blicken zu den Häusern, die ein freundliches Panorama in der wilden Waldgegend bildeten.

      Die Sonne sandte eine sengende Hitze durch die Lichtung der Blätter, kein Lüftchen regte einen Halm oder einen Zweig, und große Scharen Moskitos umschwärmten den sinnenden Mann, dann und wann zurückgescheucht durch den Tabakrauch, der in hellblauen Wolken aus seiner kurzen Pfeife stieg.

      Das Gestirn des Tages stand am Zenit – es war Mittag.

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