Der Tango des Todes. Christian Macharski

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Tango des Todes - Christian Macharski страница 10

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Der Tango des Todes - Christian Macharski

Скачать книгу

Billa Marlenes Arm ergriff und sich mit ihr umdrehte, verlor sie fast das Gleichgewicht und rempelte dabei Fredi Jaspers an, der aus dem Haus gestolpert kam und ein Handy fest an sein Ohr presste. „Oh, Tschulligung Fredi. Wow, du siehst aber gut aus heute“, entfuhr es ihr, bevor Marlene sie sicherheitshalber wegzog.

      Fredi winkte geistesabwesend ab und versuchte so schnell wie möglich, dem lauten Getöse in der Garage zu entkommen. Als er das Mäuerchen am Ende des Vorgartens erreichte hatte, konnte er die Stimme am anderen Ende des Telefons wieder halbwegs verstehen. „So, Sabrina-Schatz, jetzt kann ich dich besser hören. Was sagtest du eben?“

      „Ich habe gefragt, wo du da bist. Das hört sich ja an, als wenn eine Feuerwerksfabrik in die Luft fliegt.“

      Fredi musste lachen. Das liebte er so an ihr. Sie fand immer für alles lustige Vergleiche. „Nee, nee“, antwortete er beschwingt, „ich hatte dir doch von der Juppi Schrammen erzählt. Heute ist dem seine Willkommensparty. Hier ist der Teufel los. Mit so viele Leute hatten die gar nicht gerechnet.“

      „Oh, das freut mich für dich. Ich hoffe, du hast Spaß?“ Fredi seufzte. „Ja schon. Aber du fehlst mir. Ich bin so froh, wenn das Haus endlich fertig ist und du nachkommst.“

      „Du fehlst mir auch, Fredi. Ich kann es kaum abwarten, bis es endlich losgeht. Weißt du was? Ich liebe dich!“

      Fredi musste schlucken. Er war mit einem Mal ganz gerührt. So sehr, dass sogar seine Augen feucht wurden. Hektisch blickte er sich um und wischte sich mit der Hand durchs Gesicht, bevor es noch jemand sehen konnte. Sabrina hatte so etwas schon öfter gesagt, und jedes Mal so unvermittelt, dass es ihn umhaute. Er kannte derartige Gefühlsäußerungen nicht von früher. In seinem Elternhaus war es ganz und gar unüblich gewesen, sich gegenseitig solcher Dinge zu versichern. Und selbst in der langjährigen Beziehung zu seiner großen Liebe Martina war dieser Satz nicht ein einziges Mal gefallen. Was ja nicht bedeuten musste, dass man sich nicht liebte. Manche Dinge sind nun mal so selbstverständlich, dass man sie nicht ständig betonen muss. Aber Sabrina war ganz anders, genauso wie alles in Berlin ganz anders gewesen war. Sie war so unverblümt, so geradeheraus, dass es Fredi oft überforderte. Am Anfang hatte er immer versucht, auszuweichen oder abzulenken, aber mit der Zeit hatte er festgestellt, wie gut es ihm tat, bestimmte Dinge auch einfach mal zuzulassen. Es hatte eine Weile gedauert, bis Fredi diesen Punkt erreicht hatte, aber selbst in dieser Phase hatte Sabrina ihn zu nichts gedrängt und ihn nie unter Druck gesetzt. Sie hatte ihn seinen eigenen Weg finden lassen. Fredi war sich bewusst, dass er durch Sabrina zu einem neuen Menschen geworden war und dass er ihr viel zu verdanken hatte. Allein das würde rechtfertigen, dass er sie ebenso liebte wie sie ihn. Und bis gestern war er auch der festen Überzeugung gewesen, dass es genauso war. Bis gestern, als er in Rosis Grillcontainer auf Martina getroffen war. Warum nur gelang es dieser Frau auch nach Jahren noch, in ihm Emotionen zu wecken, die andere bei ihm nicht annähernd auszulösen in der Lage waren? Und das nach allem, was sich zwischen ihnen abgespielt hatte.

      „Schatz? Bist du noch dran?“, berlinerte es fröhlich durch den Hörer.

      „Was? Ach so, ja natürlich“, antwortete Fredi schnell. „Und weißt du was? Ich liebe dich auch.“ Er spürte förmlich durch den Hörer, wie sie strahlte.

      „Du bist so lieb, Schatz. Aber ick muss jetzt Schluss machen, Mama zur S-Bahn bringen. Kuss, Kuss, Kuss.“

      „Ja, Kuss.“ Fredi legte auf. Er schob sein Handy in die Hosentasche und legte seinen Kopf in seine Handflächen. So erbärmlich hatte er sich lange nicht gefühlt. Zum ersten Mal bereute er seine Rückkehr nach Saffelen. In Berlin war doch alles so perfekt gewesen. Die Probleme waren alle weit weg gewesen. 650 Kilometer weit weg. Und jetzt? Jetzt wusste er plötzlich gar nicht mehr, was er denken sollte.

      „Ach, hier bist du, Fredi“, brüllte plötzlich ein aufgedrehter Borowka durch die Nacht. Zwei Sekunden später saß er neben ihm auf dem Mäuerchen und streckte ihm mit beiden Händen äußerst vorsichtig ein Tablett mit randvoll gefüllten Schnapsgläsern entgegen. „Hier, Fredi, trink mal diesen selbst aufgesetzten Rhabarberschnaps. Den hat der Schlömer Karl-Heinz in sein Gartenhäuschen gebrannt. Der nennt sich ‚Saffelener Höllentropfen‘. Der gibt richtig Tinte auf der Füller, wenn du weißt, was ich damit andeuten will.“ Borowka lachte dreckig und hielt ihm das Tablett unter die Nase. Der aufsteigende Geruch war so scharf, dass Fredi für einen kurzen Moment befürchtete, blind zu werden.

      „Baah, nee, hau ab mit das Zeugs“, schob Fredi das Tablett angewidert zur Seite, „da habe ich bei Spargel einen von getrunken, als der sein bestandener Idiotentest gefeiert hat. Danach war ich zwei Tage krank.“

      „Mann oder Memme?“, polterte Borowka und kippte wie zur Bestätigung seiner eigenen Männlichkeit ein Glas auf ex runter. „Meine Fresse“, stieß er anschließend heiser hustend hervor, „das ist echt ein edles Tröpfchen.“

      „Wo ist Rita überhaupt? Die habe ich noch gar nicht gesehen“, fragte Fredi.

      „Hör mich bloß auf. Der ganze Nachmittag hängt Martina schon bei uns rum und ist sich am aus am heulen. Wenn die sich beruhigt hat, wollen die nachkommen.“

      Fredi sah entsetzt auf. „Wer jetzt? Martina will hier hinkommen? Aber die fand der Juppi doch immer doof.“

      Borowka schien an dem Höllentropfen Gefallen gefunden zu haben. Jedenfalls trank er noch einen zweiten, bevor er antwortete: „Was weiß ich denn? Rita meint, die bringt die mit, für dass die mal auf andere Gedanken kommt. Ist doch scheißegal. Wen interessiert denn schon Martina? Das Wichtigste ist, dass wir es heute richtig krachen lassen.“

      Fredi atmete tief durch. Genau, dachte er, er würde sich seine gute Laune nicht schon wieder verderben lassen. Entschlossen nahm er unter dem bewundernden Blick von Borowka in jede Hand ein Schnapsglas und schüttete sich die beiden schnell hintereinander runter. Nachdem er rückwärts auf den Rasen gekippt war, blickte er beseelt in den klaren Abendhimmel.

      Es ging doch nichts über die richtigen Betäubungsmittel.

      7

      Der Wohnwagen wurde nur schwach durch eine von der Decke baumelnde kleine Lampe beleuchtet. Der mit Papieren und Ordnern überladene Schreibtisch, hinter dem Francesco Baldini saß, schien eine minimale Schräglage zu haben, was wahrscheinlich dem unebenen Boden der Hastenrathschen Weide geschuldet war. Neben Baldini hatte einer der Arbeiter, Jakub, Stellung bezogen. Der Pole hielt eine halbautomatische Beretta in der Hand und betrachtete mit finsterem Blick die beiden Besucher, die vor wenigen Minuten das schmucklose Büro des Wanderzirkusses betreten hatten. Die zwei Männer waren unmittelbar neben der Eingangstür stehen geblieben und schauten sich nun gelangweilt im Raum um. Sie sahen sich unglaublich ähnlich, fast wie Zwillinge. Marcello und Matteo, die berüchtigten Bertolini-Brüder, waren aus Sittard, einer grenznahen holländischen Kleinstadt, gekommen. Dort gastierten sie gerade mit dem Zirkus Montebello. Die beiden waren herausragende Trapezartisten, aber auch geschult im Kunstreiten und Messerwerfen, wie es bei kleinen Zirkussen oft üblich war. Diese Fertigkeiten und natürlich ihre Revolver, die lässig aus dem Hosenbund herausschauten, machten sie zu gefährlichen

      Gegnern. Dessen war sich Baldini bewusst, als er langsam den Blick hob, mit dem er sich zuvor noch in seine Unterlagen vertieft hatte. „Was kann ich für euch tun?“, fragte er höflich, aber wachsam.

      Matteo grinste schief. „Du weißt genau, weswegen wir hier sind. Du hast etwas, das uns gehört, und wir würden es jetzt gerne mitnehmen.“

      Baldini erhob

Скачать книгу