Resli, der Güterbub. Franz Eugen Schlachter

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Resli, der Güterbub - Franz Eugen Schlachter страница 5

Resli, der Güterbub - Franz Eugen Schlachter

Скачать книгу

las. Aber es ging ihm wie einem Kind, das zum Sternenhimmel emporblickt; es versteht zwar noch gar nichts von der Beschaffenheit der Gestirne und ihrem wunderbaren Lauf und ahnt doch schon etwas von der Herrlichkeit, die dort oben verborgen ist. So konnte auch Resli aus den freudestrahlenden Augen des Alten lesen, was er aus Römer 8 noch nicht zu lesen im Stande war, dass nämlich hier ein Schatz im Acker liegen müsse. Was dieser Schatz sei, an dem er sich so freute, das verbarg ihm denn auch der Pflegevater nicht. „Höre“, sagte er zu Resli, als er im Lesen zum 18. Verse des Kapitels kam: „Ich halte dafür, dass dieser Zeit Leiden nicht wert sind der Herrlichkeit, die an uns geoffenbaret werden soll.“

      Bei diesen Worten nahm der Alte seine Brille ab und schaute Resli an: „Du weißt noch nicht, was Leiden sind; du hast zwar schon Hunger gelitten und wohl auch manchmal Schläge gekriegt; bedenke jedoch, dass dies nur die ersten Tröpflein von einem ganzen Leidenskelch gewesen sind. Damit du nun mit dem Heiland sagen könnest: Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir der Vater gegeben hat? ist es nötig, dass du wie Er dich auf die Herrlichkeit freuen könnest, die ganz gewiss nach dem Kreuze kommt. Und da kann ich dir denn als ein alter Mann bezeugen, der`s in Sturm und Wetter erprobt hat: Wer ein Kind Gottes ist, der kann sich in allen Lagen freuen auf die zukünftige Herrlichkeit, wie der Apostel in diesem Kapitel schreibt: Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi. Ja“, so schloss der Pflegevater seine erste Morgenandacht mit Resli, gerade wie der Apostel auch das achte Kapitel im Römerbriefe schließt: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch keine andere Kreatur mich scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn!

      „Du bist es Babi“, sagte dieser lachend, „so weit ist es noch lange nicht. Daneben ist es gut, wenn du früh genug das Wort der Schrift beherzigen lernst: „Lasset ab von dem Menschen, der Odem in der Nase hat, denn was ist er zu achten? Er ist wie des Grases Blume, die bald verblüht.“ Es ist darum viel besser, lieber Resli, wenn du dich nicht an Menschen, sondern an den Heiland hängst, der gestern und heute derselbe ist und in Ewigkeit; wenn Vater und Mutter dich verlassen, so nimmt Er dich auf.“

      Und der Doktor hatte leider Recht. Als die Passionszeit kam, hatte das Leiden einen solchen Grad erreicht, dass der Alte nicht mehr aufzustehen im Stande war. Bald wurde er so schwer, dass Resli und die Tochter ihn nicht mehr heben konnten. Ein starker Mann musste jedes Mal gerufen werden, um ihn auf und nieder zu tun, und der versicherte jedes Mal, der Kranke sei wenig leichter als ein doppelzentneriger Sack. Doch der liebe Gott machte es gnädig mit ihm; wenn ihm auch das Wasser immer näher zum Herzen drang, dass er mit David beten musste: „Gott hilf, denn das Wasser geht mir bis an die Seele!“ so löschte dasselbe doch den Glaubensfunken nicht aus, nein, Gottes Geist blies denselben immer mehr zur hellen Flamme an. Denn Der, welcher keines seiner Kinder versuchen lässet über Vermögen, sondern allezeit einen erträglichen Ausgang schafft, sorgte dafür, dass die beschwerliche Krankheit verhältnismäßig rasch zu Ende ging. Für seinen Pflegesohn und seine taubstumme Tochter freilich viel zu früh, von ihm selbst aber längst ersehnt, erschien die Stunde der Ablösung von diesem sterblichen Leib, noch ehe der Ostermorgen durch die Fenster schien.

      Warum, so spricht nun die menschliche Vernunft, wurde Resli das Glück, in der segensreichen Nähe eines solchen Mannes zu sein, nur zwei Monate lang zu teil? Diese kurze Zeit hatte gerade hingereicht, um ihn die Flüche vergessen zu lassen, die er bei seinen Stiefbrüdern eingeübt. Wie gut hatte ihm nach der Hungerkur beim Stiefvater das Brot des Pflegevaters geschmeckt, der ihn ja nicht nur mit Bibelsprüchen abspies, sondern dem das leibliche Wohl des armen Knaben nicht minder als dessen Seelenheil am Herzen lag. In der kurzen Zeit hatte er solche Fortschritte im Lernen gemacht, dass der Lehrer sagte, zwar nicht zu ihm, aber zum Pflegevater: Aus dem wird einmal etwas anderes als nur ein Taglöhner, wenn du ihn so fleißig zur Schule schickst.

Скачать книгу