Herbstverwesung. Stefanie Randak

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Herbstverwesung - Stefanie Randak

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schon dunkel und grau. Da erblickte Eleonora das Schloss, in dem Misses Greenwood lebte.

      Das Schloss, einst prächtig und machtausstrahlend, jetzt derbe und fad, zerstört und dunkel, lag etwas erhöht auf einem Berg. Unten parkte ein Polizeiauto, das Blaulicht war eingeschaltet und flackerte störend in den Wald hinein. Eleonora schlich langsam und vorsichtig die rutschigen Treppenstufen hinauf. Ein morsches Holzgeländer, welches Besuchern und Bewohnern sicher einmal Halt beim Aufstieg gegeben hatte, wackelte nun armselig den Weg hinauf, wenn man sich daran festhalten wollte. Oben angekommen führte ein Kiesweg zum großen hölzernen Eingangstor. Eine Hausklingel fand Eleonora nirgends. So mutig und neugierig sie auch war, ein Ort des Wohlfühlens war das hier nicht.

      Mit zittrigen Händen schob sie das schwere, nasse Tor auf und stand im Innenhof des Schlosses. Staunend sah sie sich um. So ein riesiges Anwesen, und hier sollte nur Misses Greenwood leben? Eleonora musste an die Worte des Kellners denken. Sieben Söhne sollten hier eigentlich noch wohnen. Sie nahm ihr Handy heraus und schaltete die Kamera ein. Knipste ein Foto von dem Brunnen, dessen Leere unheimlich ins Erdreich ragte und von dem Turm, der seine rote Spitze in den Himmel bohrte. Eleonora öffnete eine der vier Türen, in der Hoffnung, irgendwo auf Misses Greenwood zu stoßen. Hier war nur ein verlassener Stall, in dem früher bestimmt mal Schweine oder Ziegen gehalten wurden.

      Hinter der zweiten Türe befand sich ein leerer Waschraum, ein kaputtes Waschbecken rostete dort vor sich hin und eine alte Schubkarre stand eingestaubt daneben. Eleonora trat an das Waschbecken heran. Aus dem Wasserhahn tropfte es nervig, dicke Tropfen verschwanden mit einem lauten Echo im Abfluss. Über dem Waschbecken hing ein Spiegel mit einem großen Sprung in der Mitte. Eleonora betrachtete sich in den kleinen Einzelteilen. Ihre Wangen waren rötlich von der eisigen Kälte, von ihren Wimpern tropfte die Tusche und zeichnete ihr dünne schwarze Spuren unter die Augen. Die schwarze Haarpracht klebte durchnässt an ihrem Kopf. London war so trist, so trüb und fad. Als sie sich vor einiger Zeit das Leben in London ausgemalt hatte, hatte sie an vieles gedacht. Doch nicht, dass sie einmal auf einem angeblichen Spukschloss in einer Kammer stehen und ihr trauriges Gesicht betrachten würde. Niemals. Nun wollte sie aber die Eingangstüre zum Wohnbereich der mysteriösen Misses Greenwood finden, um einige Worte mit ihr austauschen zu können und ihr ein paar Fragen zu stellen. Denn erst wenn sie Misses Greenwood besser kannte und ihr Leben verstand, würde sie über sie schreiben können. Hoffentlich nahm sich die alte Dame ein paar Minuten für ein Interview Zeit. Eleonora marschierte rüber zur nächsten Türe.

      Vor ihr erstreckte sich ein langer, enger Gang mit einem Teppich, der einst rot war, doch jetzt mehr braun mit undefinierbaren Flecken. Hier herrschte ein säuerlicher Geruch, Eleonora verzog das Gesicht und folgte dem Gang.

      Von der Decke hingen Spinnweben und an den Wänden krabbelten Käfer und saßen große dicke Spinnen. Eigentlich fürchtete Eleonora diese, doch hier, auf Red Side, waren sie vermutlich das geringere Übel und lösten lediglich ein leichtes Ekelgefühl aus. Der Gang war kalt, dunkel und schien unendlich lang. Endlich erreichte sie eine Art Eingangsbereich. Hier waren einige Nägel in die Wand geschlagen worden, an denen nun Mäntel von Misses Greenwood hingen. Dazu standen Stiefeletten am Boden. Alles braune oder schwarze Damenstiefel. Doch was war das?

      Eleonora bückte sich vorsichtig und hob mit frierenden Händen ein Paar Schuhe auf. Glänzende Schuhe, viel größer als die anderen. Sie holte ihr Handy heraus und leuchtete mit dem Display die Schuhsohle ab. Größe 42. Männerschuhe! Und die Sohle war nass. Das bedeutete, sie wurden kürzlich noch getragen. Vielleicht gab es doch einen verbliebenen Sohn, der hier auf Red Side lebte? Ja, so musste es sein. Da war sich Eleonora ganz sicher.

      Sie legte die Schuhe zurück und tappte weiter durch den finsteren Gang. So lange, bis sie einen Wohnbereich erlangte. Der rötliche Teppich schmückte auch hier den Boden und hielt vermutlich einen geringen Teil der Kälte des Bodens zurück.

      „Misses Greenwood?“, rief Eleonora zaghaft. „Misses Greenwood, sind Sie zu Hause?“ In diesem Raum gab es tatsächlich ein Echo. Der Saal war groß, spärlich eingerichtet, die Decke reichte sehr weit nach oben. Niemand antwortete und Eleonora traute sich nicht, den Raum zu betreten. Sie spähte vorsichtig hinein und konnte das kaputte Fenster sehen, über welches in dem Zeitungsartikel berichtet wurde. Die Polizei hatte von außen ein gelbes Absperrband drüber geklebt und das große Loch mit einer dicken Plastikfolie notdürftig verschlossen.

      „Es war um Punkt Mitternacht, Officer“, hörte sie da eine Stimme. Sie kam von nicht weit her. Misses Greenwood.

      „Diese Informationen haben wir bereits, Misses Greenwood. Jetzt möchten wir mit Ihnen über den verschwundenen Schmuck sprechen“, entgegnete da eine Männerstimme. Ein Polizist musste bei ihr sein. Die beiden befanden sich im Schlafgemach, welches mit einer Türe zum Wohnsalon verbunden war.

      „Wie ich Ihnen bereits mitgeteilt hatte, fehlt mein Juwelenring, Officer!“,hörte Eleonora die alte Frau jammern. „Mein schöner Saphir!“

      „Laut der Spurensicherung sind keine Handabdrücke an ihrem Fenster, Misses Greenwood. In dem gesamten Wohnsalon konnten keine fremden Spuren sichergestellt werden“, entgegnete der Polizist.

      „Sie meinen also, es ist niemand eingebrochen?“, die Stimme der alten Dame war hörbar aufgewühlt.

      „Hören Sie, Officer! Ich bin doch nicht verrückt! Der Ring lag in meiner Vitrine, neben meiner Enkelin! Und heute Morgen war er nicht mehr da. Es muss ihn jemand gestohlen haben!“, schimpfte sie laut.

      Die Vermutung von dem Mann im Cafe sollte also wahr sein.

      „Misses Greenwood, beruhigen Sie sich doch. Niemand hier glaubt, dass sie verrückt sind. Es ist durchaus möglich, dass die Fichte das Fenster zerstört hat und dann jemand durch das bereits offene Fenster eingedrungen ist und ihren Juwelenring entwendet hat. Ich nehme das mit aufs Protokoll. Wir überprüfen den Fall in den nächsten Tagen. Und Sie ruhen sich nun schön aus, Misses Greenwood“, hörte Eleonora ihn sprechen. Dann wurde die Türklinke heruntergedrückt und der Polizist verließ das Schlafgemach durch den Wohnsalon. Und stieß mit Eleonora zusammen.

      „Ich … Ich habe keine Klingel gefunden“, stotterte sie. „Ich möchte zu Misses Greenwood. Ist sie da?“, fragte Eleonora, als wäre sie gerade erst hereingekommen.

      „Sie ist in ihrem Schlafzimmer“, nickte der Polizist und schien sich nicht weiter um sie zu kümmern.

      Dann verschwand er pfeifend in dem dunklen Gang.

      Eleonora betrat endlich den Wohnsalon. „Misses Greenwood?“, rief sie erneut.

      „Wer ist da?“, krächzte sie.

      „Ich bin Eleonora Bianchi, wir sind uns gestern im Cafe Fresh begegnet“, antwortete Elenora laut.

      Sie öffnete die Tür zum Schlafzimmer. Und da stand sie. Elisabeth Greenwood. Eingehüllt in ein altes Samtkleid, welches seine Blütezeit bestimmt schon im letzten Jahrhundert gehabt hatte. Ein Kopftuch bis zu den Augenbrauen gezogen. Sie drehte sich zu Eleonora und sofort fiel ihr Blick auf die starre Porzellanpuppe in ihren Armen. Das Schlafzimmer war dunkel und die weiße Haut der Puppe schien schon fast zu leuchten. Der Anblick schockte Eleonora.

      „Oh, ich erinnere mich an Sie“, grinste sie auf eine unheimliche Art und zeigte ihre vergoldeten Zähne. Langsam tat sie ein paar Schritte auf Eleonora zu. Ihr Gesicht kam dem von Eleonora beängstigend näher. Ihre Gesichtshaut war faltig, dünn wie Pergament. An ihrer Wange prangte eine dicke Warze und ihre hellen Augen schienen wässrig. „Aber was zur Hölle haben Sie in meinem Haus verloren, Kindchen?“, rief sie.

      Eleonora wich erschrocken zurück.

      „Nun,

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