Staat(sordnung), Entwicklung und Demokratie. Andreas Kislinger

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Staat(sordnung), Entwicklung und Demokratie - Andreas Kislinger

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'der' durch ein großgeschriebenes 'Die' ersetzt.

      Somit wird die verweiblichte Verallgemeinerung im Gegensatz zur üblichen vermännlichten Form der Verallgemeinerung zur Anwendung gebracht. Die Worte oder Silben sind dann: '-In', '-Innen', 'Sie', 'Ihre', 'Die', etc.

      1.1 Territorium, Gewalt und Kriege

      Die Tendenz, sich territorial zu organisieren, zeigt sich vor allem in den heutigen europäischen Gebieten ab dem 12. Jahrhundert. Alle Personen, die sich auf einem bestimmten Territorium befinden, unterliegen dabei den staatlichen Herrschaftsansprüchen (vgl. WIKIPEDIA, 'Territorialstaat').

      Es bilden sich Territorialstaaten mit Territorialverfassungen heraus (s.o.). Dabei wird von den Stammesherzogtümern abgerückt, zugunsten des Territoriums als Grundlage von Herrschaft:

      "Unter einem Territorialstaat(*) versteht man seit dem hohen Mittelalter einen Staat, in dem sich der Herrschaftsanspruch des Regierenden, dem Territorialfürsten, über ein gewisses Territorium und dessen Bevölkerung erstreckt. Die Verfassung eines solchen Staates wird entsprechend als Territorialverfassung bezeichnet. Im Gegensatz zu den alten Stammesherzogtümern(*) oder als Personenverbandsstaat organisierten Herrschaften ist im Territorialstaat das Territorium und nicht die Stammeszugehörigkeit oder andere personenbezogene Rechte Grundlage der Herrschaft."

      Die geographische Ausdehnung wird im Vergleich zu den sozialethnisch definierten Gesichtspunkten von Herrschaft zur dominanten kognitiven Ordnung und Bezugsgröße von herrschaftlichem Einzugs- und Wirkungskreis. Die früheren Stammeshierarchien wandeln sich zur ebenfalls vertikalen Verankerung der sich herausbildenden territorialstaatlichen Organisation und Hierarchie.

      Als zeitlich versetzte Antwort auf die Herausbildung des Territorialstaates entsteht das nach innen und außen wirksame Gewaltmonopol (die Entstehung des Gewaltmonopols ist auf das Spätmittelalter zu datieren; vgl. WIKIPEDIA, 'Frühe Neuzeit'), es funktionalisiert, ordnet, zerstört und erzeugt Leid.

      Im Friedensfall wird das staatliche Gewaltmonopol innerstaatlich auf die einzelne PolizistIn übertragen, im Kriegsfall auf den einzelnen Soldaten, sodass diese damit zur Anwendung von Gewalt autorisiert sind und werden.

      Die als Nationalismus und nationalistische Bewegungen bezeichneten politisch-sozialen Phänomene konnten sich erst nach den Agrargesellschaften herausbilden: Durch die Ständehierarchie in den Agrargesellschaften war die kulturelle Übereinstimmung der Mitglieder des politischen Verbandes und somit Nationalismus unmöglich (vgl. Ionescu 2011, S. 49).

      Prozesse der Staatsbildung und des Staatszerfalls

      Wenn man den frühen Beginn der Moderne auf 1800 datiert, umfasst die Vormoderne gemäß WIKIPEDIA ('Vormoderne') die Zeit vor der Moderne, also zum Beispiel auch schon die Antike, das Mittelalter und die Neuzeit.

      Die Anfänge der Entwicklung des modernen Staates und zum modernen Staat sind in einzelnen Entwicklungsschritten und -komponenten identifizierbar und verortbar.

      "An der Schwelle von Vormoderne zu Moderne kumulierten zahlreiche Entwicklungsstränge in einem Prozess, in dem der moderne Nationalstaat entstand, den Jellinek...als Einheit aus Staatsgebiet, Staatsgewalt und Staatsvolk charakterisiert hat.. Mit dieser juristisch etablierten Dreidimensionalität des Staatsbegriffs (Drei-Elemente-Lehre) ergibt sich die Variationsbreite der Legitimitätsfrage...

      Sind Territorialität, Gewalt und Staatsvolk die konstitutiven Kriterien eines Staates, stellen sie zugleich auch Modi dar, die nicht nur als Legitimation, sondern auch als Delegitimation dienen können, sind also ihrem Wesen nach ambivalent und nur als funktionale Kategorien konstitutiv für den abstrakten Staat, während sie als substantielle Kategorien konkrete Staaten auch desavouieren können...(SALZBORN 2011, S. 480)."

      Einerseits sind die drei Kategorien Territorium, Gewalt und Staatsvolk die Bedingungen für den Aufbau des Staates, auf welchem dieser sich gründet und fußt, andererseits ist es die Bedingung der Unterjochung und Zerstörung von Volksgut und -anteilen, die nach innen und außen ihre Zerstörungskraft entfalten muss, um wirksam sein zu können.

      Besonders in den Entstehungsphasen von Staaten werden Kriege geführt, REINHARD (2007, S. 77) bezeichnet sie in Bezugnahme auf Johannes Burkhardt als Staatsbildungskriege, bei denen sich die werdenden Staaten mit überstaatlichen Ordnungsvorstellungen auseinandersetzten, wie diese "etwa unter dem Schlagwort der spanischen und französischen 'Universalmonarchie' gehandelt wurden" (s.o. S. 78).

      In Zeiten der Monarchie kristallisierte sich gewaltsam heraus, wie sich nach innen die Gewichte zwischen der Krone und den Ständen zu organisieren hatten (s.o.).

      Staatsbildungskriege und die dafür nötige Rekrutierung von Kampftruppen gehören zu den ersten allgemeinen, kollektiven und arbeitsteiligen Organisationsleistungen der bis dahin lose gekoppelten Bevölkerungseinheiten. Diese Organisationsleistung kann ohne kollektiv-nationale Willensbildung nur schwer gedacht werden.

      Indem Kriege geführt werden, bilden sich Staaten heraus, das heißt das Prozesshafte steht immer schon im Vordergrund bei der Erklärung der Bildung und des Zustandekommens von Staaten.

      Dieser (Entwicklungs-)Prozess des Zustandekommens eines Staates lässt sich in mehrere sozialpsychologische Variablen zerlegen: Die Verdinglichung des Staatsvolkes – die Entfremdung des Staatsvolkes, die da sind die psychologischen Auswirkungen von staatlicher Gewaltanwendung – die kognitiven Rechtfertigungsfiguren der Staatsherrschaft und die Verteilungsorganisation der herrschaftseigenen Legitimitätsüberzeugungen.

      Als zentrale psychologische Variable lässt sich in diesem Staatsbildungsprozess die Entfremdung durch und in Form von Verdinglichung anführen, die die primäre Funktion der Gewalt und Herrschaft bei den Beherrschten erzeugt.

      Die Entfremdung ist deren Reaktion auf die meisten der Ergebnisse der Nutzungs- und Rechtfertigungsanstrengungen der herrschenden Elite großteils als widerrechtlich zu kennzeichnenden ursprüngliche Tendenz, die Macht an sich zu reißen und diese für längere Zeit erfolgreich zu beanspruchen; unter dem nur sehr eingeschränkt gültigen Vorwand und der nur sehr eingeschränkt gegebenen Legitimation, das allgemeine Interesse zu vertreten und sicher zu stellen.

      Die staatliche Funktion der Gewalt ist schwerer messbar als die Form von Gewalt, die in kleineren Strukturen stattfindet, wie zum Beispiel in Unternehmen oder Familien. Oft ist der zeitliche und räumliche Abstand zwischen gewalttätigem Verhalten und dem Einsatz staatlich-regulativer Maßnahmen langatmiger als bei den direkt beobachtbaren Formen von Gewalt.

      Der Zusammenhang und das Nachvollziehen von Kontingenzen ist im Allgemeinen zeitlich weitgespannter und abstrakter, da diese sich nur sehr vermittelt in Form bürokratischer Regeln in späteren, scheinbar unzusammenhängenden Handlungen, vollziehen und darstellen.

      Den Prozess, bei dem eine erste Form des Staates hervorgeht, bestimmt BASSO (1975, S. 16f) mit den Kategorien Arbeitsteilung, Entäußerung, Usurpation und Klassenunterdrückung. Aus einer unspezifisch gedachten gesellschaftlichen Situation geht in einem Prozessverlauf, der durch die Kategorien eingegrenzt ist, eine Form von Staat hervor:

      "Die Arbeitsteilung entspricht der Tendenz oder dem Zwang, bestimmte gesellschaftliche, militärische oder religiöse Aufgaben von allgemeinem Interesse bestimmten Personen zu übertragen, die dazu qualifiziert sind oder es zu sein scheinen. Zur Entäußerung kommt es, weil sich die Träger dieser Funktionen als besonderes Organ konstituieren, das mit spezifischen Vollmachten

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