Staat(sordnung), Entwicklung und Demokratie. Andreas Kislinger

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Staat(sordnung), Entwicklung und Demokratie - Andreas Kislinger

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Herrschaft, rationale Verwaltung [...und...] Absolutismus (BERG-SCHLOSSER/STAMMEN 2013, S. 17 )".

      Vereinfachend betrachtet adressiert der Begriff des Nationalstaats den Aspekt der Bevölkerungsstruktur; der Territorialstaat fokussiert die geographische Lage, eingebettet in fassbar-geographisch lokalisierbare Grenzen. Die beiden Begriffe Territorialstaat und Nationalstaat werden synonym oder zumindest überlappend in der einschlägigen Literatur verwendet und zur Anwendung gebracht.

      Das staatliche Gewaltmonopol

      Das nationalstaatliche Gewaltmonopol ist die zentral tragende Säule allen staatlichen Gebahrens. Die Grundformen menschlicher Vergemeinschaftung werden durch das staatliche (und das auch im transnationalen Netz gegebene) Gewaltmonopol strukturiert, in Stand gesetzt, aufrechterhalten und nach innen und außen verteidigt und aggressiv und zerstörerisch eingesetzt.

      "Von Anfang an schien es zu seinen unvermeidlichen Bestandteilen zu gehören, Gewalt nicht nur gegen andere Staaten, sondern auch gegen das eigene Volk anzuwenden. In der Geschichte der Theorie des Nationalstaates sind, spätestens seit...dem Beginn der Moderne, Gewalt und Zwang stets als seine zentralen Merkmale betrachtet worden (ALBROW 1998, S. 101)."

      Gleichermaßen wird das durch Gewaltmonopol vergemeinschaftete Staatsvolk durch eben dieses fragmentiert und systematisch – nach den jeweiligen rechtlichen Bedingungen hin – zugerichtet und damit in seiner Existenz teilweise zerstört, zerstückelt und gewaltintensiv geformt.

      Es dient der Einzementierung, Absicherung und Verteidigung des sich kontinuierlich als normal herauskristallisierenden, genormten Bereichs historisch-gesellschaftlicher Lebensweisen. Je moderner, desto fluider ist der Aspekt des zu Stabilisierenden in Abstimmung zum permanenten Veränderungsmodus, der ermöglicht werden muss, um einen fortlaufenden Bestand sichern zu können.

      Weber spricht von dem staatlichen

      "Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit (WEBER 1968, S. 34)"

      und referenziert damit auch die Ebene in modernen Staaten, auf der von physischer bis zu symbolischer Gewalt, die zum Beispiel bei Polizeihandlungen, Gerichtsexekutionen und anderen Kontrollmaßnahmen und -handlungen, die sich die Untertanen eines Staates, deren BürgerInnen ständig ausgesetzt sehen müssen.

      Mehrere Autoren, die

      "Gewalt als die eklatanteste Manifestation von Macht"

      definieren, werden von ARENDT (1970, S. 39) zitiert und ALBROW (1998, S. 101) beschreibt die Gewalt als Mittel, die es dem Staat ermöglicht, sich gegen andere Staaten, aber auch gegen das eigene Volk (zum Beispiel mittels widerrechtlicher Vorenthaltung kollektiver Rechte) durchzusetzen.

      Gewalt und Zwang sind zentrale, den Staat kennzeichnende Mittel und der Staat behält sich rechtlich abgesicherte Gewaltmittel gegen sich selbst, seinem Volk, dabei vor:

      "Der Nationalstaat ist wie keine andere Staatsform vor ihm im Volk verwurzelt. Aber seine Wurzeln sind nicht immun gegen Angriffe. Er mußte sich ebenso gegen andere Nationalstaaten wie gegen mit ihm konkurrierende Vereinigungen wie die Familie, die lokale Gemeinschaft, die Kirche oder das Wirtschaftsunternehmen behaupten..."

      Der Nationalstaat ist eine künstliche, fast beliebige Einheit. BÜHL (1970, S. 178f) sieht den Nationalstaat nicht als ethnische oder durch die gleiche Kultur oder Sprache gekennzeichnete Abstammungseinheit, das Volkstum ist dabei ein nachträglich zugeordnetes und zuerkanntes Konstrukt:

      "[D]ie Nation [ist] weder als ethnische Einheit, als eine durch die gleiche Rasse, die gleiche Sprache oder die gleiche Kultur [oder Religion] gekennzeichnete Abstammungsgemeinschaft(*), noch als...[volkstümliche]...Einheit...zu verstehen."

      Die Definition von Bühl ist ausschließend, negativ und schafft Raum für Kriterien, die positiv definierbar sind. Der Begriffsinhalt von `Nation' wird (auch umgangssprachlich betrachtet) sehr wohl mit einem Volk gleichgesetzt, das durch gleiche Abstammung, gleiche Sprache und gleiche Wurzeln gekennzeichnet ist. Das zeigt, dass die negative Definition darauf verweist, dass die positiven Kriterien zumindest auf einer Nicht-Ausschließlichkeit, das heißt, nur 'unter anderem' auf den oben genannten Variablen beruhen.

      Zum Teil übereinstimmend mit letzterem Zitat definiert auch WIKIPEDIA ('Nationalstaat') den Nationalstaat als Konstrukt, deren Einzelelemente in keinem Staat vollständig verwirklicht sind, und damit nicht sinnvollerweise als in sich schlüssig-geschlossene Voraussetzung für den Staat herangezogen werden können:

      "Ein Nationalstaat(*) ist ein Staatsmodell,... das auf der Idee und Souveränität der Nation beruht. Sprachliche, kulturelle oder ethnische Homogenität wurden zwar im Diskurs um die Nation oft als Voraussetzung des Nationalstaates benannt, sind aber in der Realität nirgends vollständig verwirklicht. Die Ideen der Nation und des Nationalstaats werden auch als Konstrukte bezeichnet."

      Eine integrierende Definition könnte und müsste somit davon ausgehen, dass die Zusammensetzung des Nationalstaates im Zufall der Geschichtlichkeit sozialer, territorialer Prozesse begründet liegt, dessen Beschaffenheit also hauptsächlich geschichtlich zu erklären und zu begreifen ist.

      Das Ergebnis der Geschichte sind für bestimmte geografische Bevölkerungsverteilungen charakteristische Merkmalskonstellationen: Eine Nation ist durch die Bündelung der Abstammungsgemeinschaft, Sprache und Kultur mehrerer miteinander auf jeweils charakteristische Weise verknüpfter Volksgruppen gekennzeichnet. Die Nation ist also nicht im Singular, sondern im Plural als Zusammenstellung mehrerer Großgruppen zu definieren, Bühls erstes Zitat (1970 S. 178f) befördert ein Plädoyer gegen eine grobe Vereinfachung von Nation(alstaat).

      Der historische Werdegang des territorialen Staatswesens zeigt bei vielen heutigen Staaten, dass die räumliche Ausdehnung sich in einem permanenten Wandel aufgrund kriegerisch ausgetragener Herrschaftsprozesse befand und wieder befinden wird können, die sich zwischen den umliegenden Staatsverbänden und dem jeweils betrachteten Staat und dessen Aufkommen territorial sich äußernder Macht- und Geltungsansprüche zeigen.

      Der rechtliche Aspekt, der für die Bildung von Nationen zentral ist, betrifft das und bezieht sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, als ein wichtiges Grundrecht des Völkerrechts und im Völkerrecht.

      WIKIPEDIA definiert das im weiteren Verlauf auf nationale Grenzen bezogene Selbstbestimmungsrecht (`Selbstbestimmungsrecht der Völker'), das die Vorrechte von Herrscherdynastien aufbrechen und zugunsten einer durch Krieg und Revolution errungenen Volkssouveränität überwinden konnte:

      "Im späten 18. Jahrhundert wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker als 'Volkssouveränität' formuliert und errang in der Französischen Revolution und im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg den Sieg über das bis dahin als gültig anerkannte dynastische Prinzip."

      Die politische Definition von 'Volk' grenzt sich dabei nationsbezogen 'vertikal' gegenüber den Herrschaftseliten ab, nicht aber gegenüber anderen Volksgruppen (s.o.):

      "'Volk' ist im Zusammenhang der bürgerlichen Revolutionen als politische Kategorie zu verstehen, die sich in 'vertikaler', das heißt zu den klassischen Herrschaftseliten (Adel, König), nicht aber in 'horizontaler' (im Gegensatz zu anderen ethnischen Volksgruppen) Abgrenzung manifestiert. In diesem Zusammenhang finden wir hier bereits den entscheidenden Unterschied

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