Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von Kampen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman - Jutta von Kampen страница 10
Plötzlich aber zuckte er zusammen.
»Tut dir etwas weh?« fragte Angie.
Er schlug seine dunklen Augen zu ihr auf. »Nee, ich friere, Tante Angie. Holst du mir noch eine Decke?«
»Klar, Liebling.«
Sie konnte vorerst ihre eigene Bettdecke nehmen. Wenn sie wieder hinunterging, wollte sie Frieda oder die Handwerker nach einem Arzt in Lüttdorf fragen.
*
Am nächsten Morgen war Wolfis Fieber geringfügig gesunken, und Angie fragte sich schon, ob sie nicht übereilt gehandelt hatte, als sie Dr. Thomas Hassberger angerufen und um einen Besuch gebeten hatte.
Sie frühstückte gerade mit Xenia und Hubs, als draußen ein zweimaliges Hupen ertönte.
»Das ist Nora«, meinte Hubs und stand sofort auf.
»Schon wieder Nora!« mäkelte Xenia. »Jetzt ist Wolfi krank, und ich kann Hubs endlich für mich allein haben. Aber Nora kommt sofort an und fährt mit ihm weg.«
»Mami!« hörte Angie ihren Sohn in diesem Moment in der Halle rufen. »Mami! Der Arzt ist da!«
»Brüll doch nicht so!« schimpfte sie und kontrollierte schnell den Sitz ihrer Frisur. Seitdem sie in diesem Haus lebte, war sie mit ihrem Aussehen unzufrieden. Das lag einfach an dem Chaos, das hier herrschte.
In der Halle stapelten sich die Möbel, die noch immer keinen Platz in einem der Zimmer gefunden hatten. Angie hatte alte Laken aus dem Hausstand ihrer Schwägerin darübergelegt. So waren die kostbaren Antiquitäten wenigstens vor dem Malerdreck geschützt.
Der Mann, der in der Halle stand, hatte einen Zipfel des Lakens hochgehoben und betrachtete das darunter verborgene Mobiliar ganz ungeniert. Er trug eine Jeanshose und ein kariertes Hemd, dessen Ärmel bis zu den Ellenbogen aufgekrempelt waren. In der Hand hielt er einen taschenähnlichen Gegenstand.
»Guten Morgen!«
Der Mann wandte sich um und lächelte sie flüchtig an. »Guten Morgen.«
»Entschuldigen Sie«, quälte Angie aus sich heraus, »sind Sie Dr. Hassberger?«
»Ja, natürlich. Für wen halten Sie mich sonst? Haben Sie jemand anderen erwartet? Der junge Mann hat mich sofort wiedererkannt.«
»Wiedererkannt?« wiederholte Angie verblüfft. Sie verstand nicht ganz. Wo hatte Hubs diesen Dr. Hassberger denn gesehen? Sofort richteten sich ihre Gedanken wieder mit leisen Groll gegen Nora Anderson.
»Wir haben uns am Bahnhof getroffen. Sie kamen damals mit Herrn Stellmann aus dem Bahnhofsgebäude.«
»Oh!« Angie hob die Augenbrauen Jetzt war sie im Bilde. Dann war das wohl der Spinner, von dem Gerhard gesprochen hatte.
»Sie haben das schöne Haus hinter der Birkenallee erworben«, stellte sie im vorwurfsvollen Ton fest. »Und Sie haben mir meine Maler ausspannen wollen, nicht wahr?«
Er lachte. »Das ist mir nicht gelungen, wie ich bekennen muß. Sie haben einfach den Farbton bestimmt. Ist es so? Und so konnte der Meister Heulich hier weiter arbeiten. Ist ja alles in Ordnung. Jetzt schauen wir uns mal den kleinen Patienten an. Ihr Sohn sagte mir schon, was passiert ist.«
Er ging die Treppe vor ihr hoch. Angie blickte verstört auf seine langen Beine, die sich mit nahezu unverfrorener Selbstverständlichhkeit von Stufe zu Stufe bewegten.
»Sind Sie mit dem Patienten verwandt?« erkundigte Dr. Hassberger sich, ohne sich zu ihr umzuwenden.
»Ja, ich bin die Schwester von Gerhard Stellmann. Wolfi ist also mein Neffe.«
»Ich dachte es mir fast.«
In ihr kochte es. Mit jeder Minute bereute sie, auf Friedas Rat gehört und ausgerechnet Dr. Thomas Hassberger gerufen zu haben. Es gab bestimmt noch andere Ärzte in Lüttdorf. Dieser lebte hier noch gar nicht lange. Er kam doch – wie Gerhard bemerkt hatte – gerade aus den Vereinigten Staaten, besaß eine Menge Geld und war ein Spinner. Ihr Bruder benahm sich im Moment auch nicht gerade beispielhaft, aber was andere Menschen betraf, fällte er immer ein sicheres Urteil. Sie seufzte. Es war furchtbar. Wie sollte sie diesen Arzt nur wieder loswerden?
Am besten ist es, ich rufe Natalie noch heute an, überlegte Angie, als sie sich an Herrn Hassberger vorbeidrängte und ihn durch den oberen Flur in das Zimmer von Wolfi führte. Sie soll mir wenigstens einen Teil der Verantwortung abnehmen.
Wolfi ging es etwas besser. Als er Angie mit dem Doktor ins Zimmer treten sah, lächelte er.
»Ich hab’ den Tee ausgetrunken, Tante Angie. Der hat mir geschmeckt. War wohl Zitrone drin, nicht? Und viel Zucker!«
Zu Angies größtem Ärger beachtete der Arzt den Patienten gar nicht. Er sah sie an und lächelte.
»Angie heißen Sie? Das ist ja hübsch. Wenigstens«, fügte er hinzu, als sie ihn schweigend musterte, »hört sich Tante Angie sehr jugendlich an.«
»Das bin ich gar nicht.« Er sollte sich seine dummen Komplimente an den Hut stecken.
»Zeig mal deine Zunge, Wolfi«, forderte er den Jungen auf. »Na, sieht ja ganz schön weiß aus. Hast du Mehl geschleckt?«
»Ich bin ins Wasser gefallen«, berichtete Wolfi stolz, als er die Zunge wieder bewegen durfte. »Hubs hat mich herausgefischt. Es war toll. Und dann hat Nora ihren Pulli ausgezogen und hatte nur noch so ein Dings an.«
»Nora muß ja aufregend sein«, lachte Thomas Hassberger.
Angie kochte vor Wut. Es klang so, als wüßte sogar er schon, wie reizvoll Nora auf andere Menschen wirkte. Und war Nora nicht an allem schuld?
»Du meinst wahrscheinlich einen Bikini«, bemerkte er jetzt auch noch. »So ein ganz kleiner, nicht wahr?« Wie klein, das zeigte er mit Daumen und Zeigefinger.
Wolfi hob die Hand vor den Mund und kicherte.
Angie wurde ungeduldig. »Ist es etwas Ernstes oder nicht?«
Der Arzt sah sie an. Er hatte graue, kluge Augen, die von einem dunklen Wimpernkranz umrahmt wurden und dadurch sehr sanft wirkten. Sein Gesicht war von mehreren Falten durchzogen. Jetzt, da er völlig unberechtigt zu lachen begann – wenigstens empfand Angie es als unberechtigt und unnötig –, vertieften sich diese Falten.
»So ernst kann es nicht sein, wenn er noch genau weiß, wie klein der Bikini dieser Dame war, Tante Angie.«
»Winkler, wenn ich bitten dürfte.«
»Gut, Tante Winkler.«
Sie räusperte sich. So viel gute Laune und spitzbübische Frechheit mußte der Mann am Krankenbett eines Patienten wirklich nicht hervorkehren.
»Sie müssen