Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von Kampen
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Читать онлайн книгу Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman - Jutta von Kampen страница 14
Thomas nickte. »Etwas anderes habe ich auch gar nicht erwartet. Aber Sie wollen mein Haus doch malen! Neulich haben Sie es noch vorgehabt. Ich freue mich darauf, Sie bewirten zu können. Dort unten im Haus müssen Sie immer so forsch sein. Ich glaube, Sie sind ganz anders.«
»Wie denn?« Jetzt lächelte sie.
Er wandte den Kopf zur Seite und sah nach vorn durch die Windschutzscheibe. Sein Profil war markant, das Kinn energisch. Und wieder lächelte er versonnen.
Angie fragte sich, was sie lieber hatte. Wenn er sie direkt ansah oder wenn sie ihn von der Seite betrachten konnte. Als sie sich diese Frage stellte, mußte sie sich auch schon eine Antwort geben. Sie hatte sich in ihn verliebt. Und das in ihrem Alter!
»Weich, nachdenklich, zärtlich.«
»Ach, Unsinn!«
»Warum wollen Sie es nicht hören, Angie? Sie müssen doch selbst erkannt haben, daß Ihnen einiges im Haus Ihres Bruders über den Kopf wächst. Sie sprechen von Nora Anderson, aber das ist es nicht. Sie fühlen sich von Ihrem Bruder ausgenutzt. Er ist fortgefahren und kehrt nicht zurück. Und nun sitzen Sie dort mit einem Haufen Arbeit und sollten eigentlich jeden dieser herrlichen Sommertage genießen. An meiner Seite, wohlgemerkt.«
»Sehen Sie mich bitte nicht so an«, bat Angie, denn er hatte sich ihr wieder zugewandt, und sein Blick ruhte auf ihr, so daß sie fast das Atmen vergaß. Durfte sie ihre Gefühle zeigen? Ausgerechnet jetzt, wo sie dort unten gebraucht wurde und sie Hilfe benötigte oder Unterstützung, aber in keinem Fall ein Durcheinander im Kopf oder – was noch schlimmer war – im Herzen?
»Wäre es Ihnen lieber, ich würde Nora Anderson so ansehen?« fragte er amüsiert.
»Nein, danke!« brach es aus ihr heraus. Da griff Thomas nach ihrer Hand. Er hob sie an seine Lippen und drückte einen Kuß darauf. Die Berührung seiner Lippen elektrisierte sie. Sofort entzog sie ihm ihre Hand.
»Warum wollen Sie nicht glücklich sein, Angie? Oder soll ich Tante Angie sagen?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Gut, dann also Angie. Würden Sie mich auch beim Vornamen nennen können, Angie?«
Sie nickte. Da nahm er wieder ihre Hand, und sie überließ sie ihm. Entweder fehlte ihr die Kraft, sich zu wehren, oder sie war ihm bereits verfallen. Aber nein! Sie war einfach fix und fertig mit den Nerven! Und das alles lag an Nora Anderson! In einem solchen Zustand konnte jeder Mann eine Frau verführen. Auch so eine erwachsene und selbstbewußte Frau wie sie. Das alles hatte gar nichts zu bedeuten. Sie mußte es ihm nur klarmachen.
Er hielt ihre Hand in der seinen. Angie sah sich verstohlen um. In dieser Villengegend war wenig los. Kein Mensch befand sich auf der Straße.
»Heute abend habe ich keine Zeit, Angie. Ich bin bei einem alten Studienkollegen in Lübeck eingeladen. Aber morgen. Würden Sie mir die Freude machen, morgen abend mit mir essen zu gehen?«
Angie überlegte. Sie konnte das neue Sommerkleid anziehen. Endlich mal heraus aus den staubigen Klamotten und sich für einen Mann – für Thomas Hassberger – herrichten. Es war herrlich. Sie nickte.
»Ich kenne ein kleines Restaurant am Seeufer. Man kann dort im Garten sitzen. Ziehen Sie sich etwas Warmes an.«
Sie schloß die Augen. So war das Leben. Einmal träumte sie davon, in einem hübschen Kleid an der Seite eines Mannes auszugehen, und sofort wurde der Traum wieder zunichte gemacht. Solange nichts anderes dazwischen kam, ging es ja noch. Sie war kein junges Mädchen mehr, aber Thomas Hassberger hatte sie gern. Kam es auf ein Kleid im zauberhaften Erdbeerton an?
»Gut«, sagte sie. »Und nun fahren Sie bitte weiter. Ich habe noch einiges zu erledigen.«
»Ich auch, Angie«, erwiderte er, legte seine Hände unendlich behutsam um ihr Gesicht und zog es langsam zu sich. Als sie seine Lippen auf den ihren fühlte, zuckte sie zusammen. Und dann, als sie eine wohlige Wärme spürte und ihren Körper ein Zittern überlief, erwuchs ihr daraus eine ungeahnte Kraft. Sie hob die Arme und schlang sie fest um seinen Hals.
Als sie sich nach einer endlosen Zeit in die Augen sahen, konnte keiner ein Wort sagen. Und dann, nach diesem erstaunten und doch so innigen Schweigen, wisperte Angie plötzlich:
»Ach, du meine Güte!«
Thomas lachte leise. Während er den Wagen anließ, hielt er ihre linke Hand immer noch fest. Angie fragte sich, ob das Gefühl, das sie durchflutete, eine Ahnung vom Glück war.
*
Als Angie am Freitagmorgen erwachte, sprang sie sofort aus dem Bett und zog die Gardinen beiseite. Wieder hatte ein herrlicher Tag begonnen. Der See lag spiegelglatt da, und die Sonne malte Kringel auf das Vordach. In der alten Ulme, die ihre Zweige über den Dachvorsprung hängen ließ, zwitscherten die Vögel. Angie kramte ihren kleinen Spiegel aus der Tasche und betrachtete sich gründlich.
Nein, sie konnte keine neuen Falten in ihrem Gesicht entdecken. Ihre Haut war glatt und feinporig, sie schimmerte wie Porzellan, als wäre sie noch zwanzig. Angie setzte sich auf ihr Bett und stützte die Ellenbogen auf ihre Knie.
»Thomas!« flüsterte sie. »Daß ausgerechnet du mir in diesem Nest über den Weg laufen mußtest! Du hast mir meine Jugend zurückgeschenkt. Was wohl Peter dazu sagen würde…« Sie lächelte. Ihr verstorbener Mann konnte mit ihr zufrieden sein. Thomas war ein grundehrlicher Mensch, kein Typ, der Abenteuer suchte, er war warmherzig, immer besorgt und aufmerksam. Er besaß Humor und war bestimmt ein tüchtiger Arzt. Allerdings hatte er ihr gestanden, daß Wolfi eigentlich längst wieder gesund war. Hätte er ihr das jedoch gleich gesagt, wäre er kaum täglich in der alten Villa willkommen gewesen!
Sie lachte. Dieser Tag war herrlich, so wundervoll wie der gestrige Abend dort drüben in dem kleinen Restaurant am Seeufer. Sie fühlte sich wie neugeboren. Hätte sie nicht so lange geschlafen, wäre es an der Zeit gewesen, ein Morgenbad im See zu nehmen. Aber jetzt mußte sie erst mal schauen, wie es Wolfi ging. Heute konnte er wieder draußen herumtollen. Xenia sollte sich an den alten Gartentisch setzen und ihrer Mutter einen Brief schreiben. Bestimmt hatte Natalie allmählich Sehnsucht nach Mann und Kindern.
Sie schlüpfte in ihren Morgenrock und ging hinüber in Wolfis Zimmer. Er lag im Bett und grinste keck. Sie beugte sich über ihn, drückte ihm einen Kuß auf die Stirn und schob mit einer energischen Handbewegung die Gardinen auseinander. »Du kannst heute aufstehen, Wolfi! Endlich wieder in der Sandkiste spielen und herumtollen. Wenn du Lust hast, kommst du mit mir in die Stadt. Vielleicht sind die Gardinen für das große Zimmer im Parterre auch schon fertig. Dann hängen wir sie zusammen auf, und du kannst mir die Leiter festhalten.«
»Ich bin aber noch schwach, Tante Angie.«
»Schwach? Aber du hast gestern abend schon ganz schön auf der Treppe herumgetobt, mein Lieber. Da habe ich nichts von deiner Schwäche bemerkt. Am liebsten hätte ich dich persönlich ins Bett gesteckt, aber ich mußte ja fort, zu Dr. Hassberger, der schon auf mich wartete.«
»Ich hab’ noch aus dem Fenster geguckt und gesehen, wie du und der Onkel Doktor abgefahren seid«, erklärte Wolfi stolz.
»Na, siehst du, dann kannst du heute auch draußen spielen.«
»Nee, Tante Angie, das kann ich nicht. Nora hat gesagt, ich muß stramm