Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von Kampen
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Читать онлайн книгу Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman - Jutta von Kampen страница 34
Kai schlüpfte in seine Hose, ärgerlich betrachtete er den Riß, denn er hatte nur diese eine Hose dabei und mochte nicht so herumlaufen.
»Die werde ich gleich unten bei Lina in der Küche nähen«, entschied Kai recht großspurig.
Es schien ihm ratsam, so forsch aufzutreten, denn unten aus der Küche kam nicht ein einziger Laut. Es war still, bedrückend still.
Das konnte nur heißen, daß die alte Lina auch noch nicht wieder ins Olsenhaus zurückgekehrt war.
Ein rascher Blick auf Heike zeigte dem Jungen, daß die Kleine den Tränen wieder sehr nahe war.
So mußte Kai doppelt sicher auftreten, mußte ganz so tun, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, daß sie beide hier mutterseelenallein in dem verwahrlosten Haus lebten.
Aber Heike war nur schwer zu beruhigen. Sie hockte wie ein Häuflein Elend da und zog einen Flunsch, während ihre hellblauen Augen sich verdunkelten wie ein Sommerhimmel bei aufkommendem Gewitter.
»Du… du kannst gar nicht nähen, nicht deine… deine kaputte Hose flicken, weil du das noch niemals gemacht hast. Das hat immer Mutti gemacht. Oh, Kai! Ich will zu meiner Mami.«
Das klang wie ein Aufschrei in tiefster Not und trieb Kai sogleich an Heikes Seite.
»Still, Heike! Nicht schon wieder so schrecklich weinen! Oho! Du weißt noch gar nicht, was ich alles kann! Wart’s nur ab! Jetzt mache ich uns erst mal ein Frühstück. Das schaffe ich schon. Aber natürlich wäre es mir lieber, wenn du mir dabei helfen würdest, weil du doch nun mal ein Mädchen bist und bei Mutti schon ab und zu den Tisch gedeckt hast.«
Das war nun eine sehr kluge Rede von ihm, fand Kai, denn Heikes Gesichtchen hellte sich ein wenig auf, und sie sprang aus dem Bett und suchte mit Eifer ihre Sachen zusammen.
»Ja, das kann ich gut«, meinte sie dabei mit aufgeregter Stimme, »den Tisch decken. Ich helf dir gern, Kai. Paß auf, ich lasse nichts fallen. Bin schon fertig!«
Verstohlen atmete Kai auf. Es war wirklich schwierig mit der Kleinen, aber für ihn war es ja auch schlimm. Er vermißte seine Mutti auch.
Gemeinsam schlichen sie die Treppe hinunter, ließen Bimbo in den Garten hinaus und begaben sich dann in die Küche.
»Sie ist wirklich nicht hier, Kai. Wo mag Lina denn nur sein?« wisperte Heike mit ängstlichen Augen.
»Weiß ich nicht«, gab Kai betont gelassen zurück. »Ist ja auch egal, wir schaffen es schon. Den Elektroherd kann man prima an- und ausschalten. Im Kühlschrank ist genug zu essen, und ewig bleibt die Lina ja auch nicht fort.«
Heike wich nicht von der Seite ihres Bruders, der sich zielstrebig daranmachte, Kakao zu wärmen und Knäckebrot auszupacken.
Dazu gab’s Marmelade und frische Butter.
»Kai! Du sagst ewig. Bleiben wir denn ewig hier im Olsenhaus?«
Vorsichtig stellte Heike die Tassen auf den Tisch, blickte dann zu Kai hin, der am Herd stand und in einem Topf rührte.
»Es wäre ganz in Ordnung, wenn wir beide ewig hierbleiben könnten. Findest du nicht? Ist mir ganz egal, daß sonst niemand hier ist. Besser so als bei Onkel Max oder Tante Sofia. Ist auch für Bimbo besser.«
Von der offenen Tür her kam ein freudiges Bellen. Dort stand Bimbo und schüttelte sich, so daß seine langen Ohren flogen.
Das entlockte Kai ein helles Lachen, das erste Lachen seit Tagen. Es schien einen Bann zu brechen, unter dem die Kinder seit dem Tod der geliebten Eltern standen.
»Du hast recht, Heike!« rief Kai fröhlich. »Wir sind hier ganz gut aufgehoben, Bimbo auch. Hier soll uns so rasch niemand vertreiben. Aber dazu müssen wir einen Plan machen.«
»Einen Plan?« Verdutzt blickte Heike den Bruder an, der plötzlich sehr geheimnisvoll tat.
»Jawohl, Heike, wir machen uns einen regelrechten Plan zurecht, wie wir hier unbemerkt leben können. Droben auf dem Dachboden errichten wir ein Notquartier. Immer wenn es hier brenzlig wird, verduften wir dort hinauf und verhalten uns mäuschenstill. Paß auf, ich erkläre dir alles ganz genau. Wir legen dort auch eine Vorratskammer an und schaffen Decken und Kissen hoch. Trocken ist es ja auf dem Boden, und jetzt im Sommer werden wir auch nicht frieren. Bimbo kriegt auch seine Ecke. Aber wir müssen stets auf der Hut sein vor Henry Olsen. Sobald sein Boot am Steg auftaucht, gehen wir in unser Versteck. Vielleicht kommt die alte Lina überhaupt nicht mehr zurück, dann sind wir eben allein. Pah, ich fürchte mich nicht!«
Heike hatte atemlos zugehört. »Ich fürchte mich auch nicht!« rief sie nun tapfer.
»Also gut! Nach dem Frühstück beginnen wir mit der Arbeit«, entschied Kai.
Sie beeilten sich und machten hinterher die Küche wieder sauber.
»Wir müssen das immer gleich tun, falls mal überraschend jemand auftaucht«, erklärte Kai und stellte den sauberen Topf zurück in den Schrank.
Dann verließen sie die Küche, um ihren Plan zu verwirklichen. Der Dachboden eignete sich prima dazu, denn er war groß und voll alter Möbelstücke, die sich herrlich zusammenschieben ließen.
Am Schluß hatten Kai und Heike wirklich ein gemütliches Eckchen geschaffen.
Bettzeug gab es genug im Olsenhaus, und Eßgeschirr und Obst in Dosen auch. Dazu einige Päckchen Zwieback, die die alte Lina ihres Leberleidens wegen am Morgen zu essen pflegte.
»Die bleiben lange frisch«, wußte Kai und betrachtete voller Stolz ihr Werk. »Fertig, Heike! Was sagst du nun? Sieht das nicht richtig gemütlich aus?«
Das fand Heike auch, aber nun hatte sie wieder Hunger. Außerdem war sie schmutzig.
»Erst machen wir uns draußen am Wasser sauber, dann kochen wir eine Gulaschsuppe aus der Dose«, entschied Kai.
Über diesem allen war der Tag zur Neige gegangen, und bisher hatten Kai und Heike kaum einen Gedanken an die Eltern richten können.
Nun jedoch, als sie zusammen in der Küche saßen und Kai sich abmühte, seine Hose zu reparieren, kam die Verzweiflung zurück.
»Was wird nur nach den Ferien«, meinte der Junge und piekte sich zum drittenmal in den Finger.
Heike saß mit Bimbo am Fenster und hielt den Bootssteg im Auge, wie Kai es ihr befohlen hatte.
»Old Henry kommt meistens am Abend von seiner Fahrt zurück«, hatte Kai vorhin gesagt. »Wir müssen also am Abend besonders vorsichtig sein.«
Jetzt brach die Dämmerung über den Garten und den Fluß herein, und Kai seufzte ungeduldig auf, denn er hatte den Riß immer noch nicht bewältigt und konnte fast nichts mehr sehen.
In diesem Augenblick schrie Heike leise auf und schloß rasch das Fenster.
»Onkel Henry kommt! Sein Boot legt gerade an. Was… was sollen wir nun tun, Kai?«
Dieser