Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela Reutling
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Читать онлайн книгу Mami Staffel 1 – Familienroman - Gisela Reutling страница 10
»Was du für ein tiefsinniges Gesicht machst, Kerstin. So habe ich dich überhaupt noch nicht gesehen«, sagte Mathias.
»Siehst du, manchmal habe ich auch tiefe Gedanken«, gab Kerstin mit drolliger Miene zurück. Sie hob ihm ihr Glas entgegen, und sie stießen an.
Die leichte Mißstimmung war verflogen. Kerstin war wieder lieb und reizend, der Abend war gerettet.
*
»Schreibst du wieder?« fragte Ina, als sie die Manuskriptblätter neben der Schreibmaschine liegen sah, das eingespannte Blatt.
»Ich habe etwas angefangen. Mal sehen, ob was daraus wird«, sagte Julia.
»Dann störe ich dich sicher. Ich muß mich entschuldigen, daß ich einfach so bei dir hereinplatze.«
»Das mußt du nicht.« Mit einer herzlichen Geste legte Julia ihren Arm um die Schulter ihrer Freundin. »Wir hören doch leider Gottes wenig genug voneinander.«
»Ich hatte dich ein paarmal angerufen, aber das ist auch schon wieder zwei, drei Wochen her. Du warst nie da. Warst du verreist?«
Julia schüttelte den Kopf. »Ich hatte Florian entführt und mich mit ihm in Anettes Wohnung versteckt.«
»Entführt?« Ina machte große Augen. »Wie hast du das denn fertiggebracht. Das konnte doch nicht gutgehen.«
»Ist es auch nicht. Sein Vater hat mir einen Detektiv hinterhergeschickt, der mich dann aufgespürt hat. Aber reden wir nicht mehr darüber. Ich freue mich, daß du mal da bist. Und das mitten in der Woche an einem Vormittag. Daß Carsten dich fortgelassen hat!«
»Ich bin einfach gegangen. Wahrscheinlich wird er jetzt toben und alles herumwerfen. Aber ich hatte es auf einmal so satt – so satt!« Es klang wie ein Aufstöhnen, und sie legte die Hand gegen ihre Stirn.
»Komm, setz dich. Soll ich dir einen Kaffee machen?«
»Danke, nein. Wir trinken viel zuviel Kaffee, um uns aufzuputschen bis in die Nacht hinein.« Die schlanke junge Frau mit den glatt herabhängenden dunkelblonden Haaren nahm im Sessel Platz. Klagend fuhr sie fort: »Julia, mir geht die ganze Werbeagentur schrecklich auf die Nerven, samt dem Texter Erich mit seinen Slogans über Tütensuppen und Zahnpasta, und samt Barbara, die gerade ein neues Familienglück entwirft, das ohne ein bestimmtes Reinigungsmittel nicht denkbar wäre. Überall nur Scheinwelt, in denen Probleme einfach mit einem Superprodukt beseitigt werden. Mir hängt das alles zum Hals heraus!«
Teilnahmsvoll sah Julia die Freundin an, der die Worte wie ein Sturzbach über die Lippen gekommen waren.
»Du bist überarbeitet, Ina. Wann hättet ihr auch einmal Ferien gemacht in den letzten Jahren. So kann man nicht Raubbau mit seinen Kräften treiben. Das müßte auch Carsten einsehen.«
Ina blickte auf ihre Hände, das Haar fiel ihr über das schmale Gesicht. Sie schwieg sekundenlang, bevor sie hervorstieß: »Carsten muß ich noch etwas ganz anderes erzählen!«
»Was meinst du damit?« fragte Julia unsicher.
»Ich bin schwanger«, antwortete Ina dumpf. »Kannst du dir vorstellen, was das für uns bedeutet, jetzt ein Kind?«
Julia hatte für einen Moment der Atem gestockt, so überraschend kam das für sie. Die beiden hatten das immer weit von sich gewiesen. Ihr ganzes Streben galt beruflichen Zielen. Sie hatten ihre Werbeagentur eine Nummer zu groß angefangen, modern, exclusiv, in einer der teuersten Geschäftsgegenden. Nur mit viel Ehrgeiz, den richtigen Ideen und unermüdlichem Einsatz hatten sie es geschafft, daß die Aufträge sich häuften und endlich Gewinne abwarfen.
»Aber eine Kathastrophe ist das nun auch wieder nicht, Ina«, redete sie der Freundin gut zu. »Eure Agentur läuft doch jetzt…«
»Eben«, unterbrach Ina sie, »doch was meinst du, wie schnell man auch wieder weg vom Fenster ist. Wo soll ich denn mit einem Baby hin?«
Ein schweres Schweigen lag zwischen ihnen. Dann sagte Julia ernst: »Komm nur nicht auf dumme Gedanken, Ina. Du wirst es bekommen, und wenn es erst da ist, wirst du glücklich damit sein. Alles andere wird sich dann auch finden.«
»Carsten wird mich in der Luft zerreißen, wenn er es erfährt«, prophezeite Ina. »Es ist ja auch meine Schuld, weil ich die Pille vergessen habe.«
»So schlimm wird es schon nicht werden. Ihr liebt euch doch«, hielt Julia entgegen.
»Die Liebe, die bleibt allmählich auch auf der Strecke, bei allen Anforderungen, aller Hektik«, behauptete Ina trüb.
Julia seufzte. Wo gab es das eigentlich noch – Glück? Es schien den Menschen abhanden gekommen zu sein.
»Tja«, Ina straffte sich, »wohl oder übel muß ich doch wieder zurück ins Büro, sonst geht da alles drunter und drüber. Man kann ja doch nicht davonlaufen. Sehen wir uns mal, nicht nur so auf einen Sprung?«
»Das liegt bei dir, Ina. Ruf mich an, wenn du mal Zeit hast. Aber erst solltest du in Ruhe mit deinem Mann reden. Er muß doch wissen, daß er Vater wird.« Sie umarmte die Freundin, und mit besonderer Betonung sagte sie dabei: »Mach’s gut, Ina.«
*
Wie erwartet, hatte sich Carsten über ihr plötzliches Verschwinden über die Maßen aufgeregt. In seinem Zimmer war er dabei, hektisch die Regale durchzuwühlen, als sie kam.
»Wo warst du denn nur«,
herrschte er sie an. »Ich kann die Akte Keller nicht finden. Der Kunde hat schon zweimal angerufen. Hilf mir suchen, mach schon.« Er drückte seine Zigarette aus, um sich gleich darauf eine neue anzuzünden.
Carsten war der kreativste Kopf im Team, aber er war auch ein leichter Chaot. Dafür regelte Ina alles Organisatorische mit bewundernswerter Verläßlichkeit.
Wortlos brachte Ina Ordnung in das Durcheinander, dann hatte sie die gesuchte Mappe. Carsten bedankte sich nicht einmal.
Sie trat an das breite Fenster und blickte nach draußen. Unter ihr lag das Geschäftsviertel der Großstadt, Beton, Glas, ein nicht endenwollender Strom von Autos. Kein Platz für kleine Kinder.
Carsten telefonierte. Als er fertig war, fragte er: »Hast du nichts zu tun? Streikst du heute, oder was? Barbara hat schon nach dir gefragt. Sie will deine Meinung hören. Geh gleich mal zu ihr.«
»Scheuch mich nicht herum«, sagte Ina. »Ich krieg ein Kind.«
Natürlich war es ein ungeschickter Moment. Aber sein Verhalten machte sie so wütend, daß sie wie zu einem Schlag ausholen mußte.
»Wie bitte?« fragte Carsten gedehnt. »Das soll wohl ein schlechter Witz sein.«
Ina drehte sich zu ihm um. Carsten war blaß vor Entsetzen geworden.
»Kein Witz. Ich war schon beim Arzt. Ich bin im zweiten Monat schwanger.«
»Aber – um Gottes willen, wir können doch kein Kind brauchen.« stieß er hervor. »Das wäre ja Wahnsinn!«
Da mußte