Tod in Rothenburg. Barbara Edelmann

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Tod in Rothenburg - Barbara Edelmann Franken Krimi

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bisher ein unbeschriebenes Blatt. Können wir jetzt weitermachen?«

      »Das werden wir noch büßen«, flüsterte Dodo.

      »Falls Sie nicht auch noch einen Papagei aus der Wohnung des Opfers mitgenommen haben, Ruhe jetzt«, befahl Hübner gelassen. Hinter Dodo kicherte jemand.

      »Die Tote, Sandra Kaiser, geborene Baltus, war einunddreißig Jahre alt, seit zwei Jahren geschieden, und hatte laut rechtsmedizinischer Untersuchung keinerlei erkennbare Vorerkrankungen«, begann Hübner. »Irgendwelche Hinweise im Apartment des Opfers, Frau Haug, Herr Voggel?«

      »Dort ist uns jemand zuvorgekommen«, erklärte Kurti. »Die Wohnung wurde durchwühlt.«

      »Der Laptop von Frau Kaiser war komplett gelöscht«, pflichtete Dodo ihm bei, »und außer einer Sammlung von Rechnungen und Mahnungen in einem Schuhkarton konnten wir nichts finden. Peter versucht bereits, die Daten auf dem Notebook teilweise zu rekonstruieren. Die Belege haben wir wieder zusammengesetzt.«

      »Nun gut. Abgesehen von der Mutter, Petra Baltus, wohnhaft in Würzburg, gibt es keine Verwandten des Opfers«, fuhr Hübner fort. »Sie wurde bereits benachrichtigt. Sandra Kaiser war seit sechs Monaten in der Hautarztpraxis Dr. Wilbold beschäftigt – kümmern Sie sich darum, Frau Haug, Herr Voggel?«

      »Die hat ganz normal gearbeitet?«, entfuhr es Dodo. »Mit einem normalen Gehalt?«

      »Sie werden sich gleich noch wundern«, kündigte Hübner an. »Laut Rechtsmedizin handelt es sich bei dem Stück Holz im Abdomen des Opfers um ein ›Kerbholz‹, also ein sogenanntes ›Zählholz‹, im Mittelalter das Äquivalent einer Bonitätsauskunft. Das Alter dieses Holzes wird von der Forensik auf ungefähr sechshundert Jahre geschätzt, ist also eine unbezahlbare Antiquität.«

      »Soweit ich heute Nacht im Internet recherchieren konnte, waren diese Hölzer aber im Normalfall zweigeteilt«, gab Kurti zu bedenken. »Die Kerben wurden angebracht, und dann wurde das Holz der Länge nach gespalten. Eine Hälfte erhielt der Gläubiger, die andere der Schuldner. Dann konnte man die beiden Teile aneinanderhalten und überprüfen, ob Manipulationen stattgefunden hatten. Es fehlt also eine Hälfte. Wo ist die?«

      »Bisher nicht aufgetaucht, aber gut beobachtet«, lobte Hübner. »Übrigens war nicht das massive Bauchtrauma tödlich, sondern die Fraktur des Dens Axis. Einfacher ausgedrückt, sie hat sich beim Sturz von der Treppe das Genick gebrochen und war sofort tot.«

      Kurz blickte er in die Runde, alle hingen aufmerksam an seinen Lippen. Nicht einmal Dodo meldete sich, denn der Chef wirkte bei seiner Rede äußerst angespannt. »Keine Abwehrverletzungen, keine fremde DNA unter den Fingernägeln. Außerdem wurde beim Opfer ein im Randbereich bereits grünlich gelb verfärbtes sogenanntes Monokel-Hämatom am linken Auge festgestellt«, las Hübner nun aus dem Gutachten der Rechtsmediziner vor. »Es ist anhand der Verfärbungen davon auszugehen, dass es nicht erst Sonntagnacht entstanden ist, sondern ein, zwei Tage davor.«

      »Interessant«, meinte Dodo. »Also stammt es nicht von dem Kampf auf der Mauer.«

      »Sehr wahrscheinlich«, nickte Hübner. »Und jetzt wird es interessant: Genau dieses Kerbholz, das in ihrem Bauch steckte, hat Sandra Kaiser vor ein paar Wochen über eBay Kleinanzeigen verkauft, und zwar für fünftausend Euro, wie wir in Erfahrung bringen konnten. Herr Waltner, bitte.«

      Ein schlanker, blasser Mann Mitte dreißig erhob sich, blickte unsicher in die Runde und rückte eine dunkle Hornbrille zurecht, mit den dicksten Gläsern, die Kurti je gesehen hatte. Seine Wangen waren leicht gerötet, und er machte den Eindruck, als wollte er am liebsten die Flucht ergreifen.

      »Legen Sie los, es beißt Sie keiner«, forderte Hübner ihn wohlwollend auf.

      Peter Waltner räusperte sich verlegen. »Vor knapp zwei Monaten hatte Sandra Kaiser über die Kleinanzeigen-Plattform bereits eine ähnlich gelagerte Transaktion abgewickelt«, begann er. »Ich habe ihren Account geprüft und dabei den Verkauf entdeckt. Damals ging es um einen antiken Dolch, der weit unter dem von mir in Erfahrung gebrachten Schätzwert an einen Herrn in Troisdorf ging. Er wird von uns angeschrieben werden. Wer das Kerbholz gekauft hat, konnte ich bisher nicht ausfindig machen, ich arbeite aber dran. Bisher kenne ich nur den Benutzernamen, nämlich ›Spiderman‹.« Er grinste breit.

      »Laut dem E-Mail-Wechsel, den ich einsehen konnte, war die Übergabe auf dem Rothenburger Marktplatz vor genau fünf Tagen um Punkt zwölf Uhr mittags vereinbart. Klar, da sind die meisten Leute da. Alle wollen die große Uhr und den Meistertrunk sehen.«

      »Das hört sich ja beinahe wie eine Lösegeldübergabe an«, meldete sich Kurti zu Wort. »War der Käufer denn nicht skeptisch?«

      »Die Korrespondenz enthält nur die nötigsten Informationen zur Abwicklung«, erklärte Peter. »Beide haben keine Romane geschrieben.«

      »Als ob es beim Drogenhandel anders läuft«, bemerkte Dodo. »Barzahlung bei Abholung. Müsste dir doch bekannt sein.« Dafür erntete sie von Hübner einen strafenden Blick.

      »Übrigens habe ich auch ihr BMW-Cabrio in einer Internet-Automobilbörse entdeckt, wo es seit drei Wochen zum Verkauf steht«, fuhr Peter fort. »Scheinbar brauchte sie dringend Geld.«

      »Kein Wunder, wenn man das Bruttoinlandsprodukt eines kleinen Landes für Handtaschen ausgibt«, murmelte Dodo.

      »Wir haben ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz Rödergasse sichergestellt, bisher noch keine Ergebnisse«, sagte der Chef. »Weiter, Herr Waltner.«

      Peter, der sich am wohlsten hinter einem Bildschirm fühlte und es hasste, vor Menschen zu sprechen, räusperte sich abermals. »Zum Mobiltelefon des Opfers konnten wir uns heute Morgen Zugang verschaffen«, erklärte er. »Durch den Aufprall auf den Boden hatte sich der Akku entladen, das konnte ich beheben. Bei dem Handy handelt es sich Gott sei Dank um eines mit Android-Betriebssystem, für Apple hätte ich länger gebraucht oder Hilfe anfordern müssen.«

      »Uns interessieren die Fotos auf dem Telefon«, meldete sich Kurti. »Wie sieht es da aus?«

      »Der Foto-Ordner war ein wahres Füllhorn der Selbstdarstellung«, sagte Peter. »Während meiner gesamten Tätigkeit sind mir noch nie so viele Selfies auf einem Smartphone untergekommen, ich habe insgesamt 5.297 Bilddateien und achtundzwanzig Videos gesichert. Mindestens hundert der Selfies zeigen das Opfer mit einem älteren Mann, in teilweise sehr pikanten Situationen, auf den Videos posiert sie in diversen Lokalen oder vor Spiegeln. Ich vermute, die Filme werde ich bei einem Abgleich in den sozialen Medien wiederfinden.«

      Dodo freute sich. »Das ist doch immerhin etwas. Kennen wir den Mann?«

      »Dazu komme ich gleich«, versprach ihr Peter. »Im Kontaktverzeichnis befanden sich hauptsächlich Dienstleister wie Kosmetikstudios, Friseur, ein Nagelstudio, ein Fitnesscenter, eine Nummer in Würzburg, die ich noch verifizieren muss, Frau Kaisers Arbeitsplatz und eine Bank. Zwei Rufnummern waren blockiert, bei einer davon handelt es sich um Frau Kaisers Ex-Mann Karsten, die andere konnte ich einer gewissen Daniela Lorsch zuordnen. Anhand der noch nicht gelöschten Anrufliste kann ich sagen, dass Frau Kaiser bis vor knapp sechs Wochen von dieser letzteren Nummer aus täglich mehrere Male angerufen wurde.«

      »Sie hatte also sogar eine eigene Stalkerin«, sagte Kurti. »Höchst interessant.«

      »Es waren bemerkenswert wenige WhatsApp-Unterhaltungen auf dem Telefon zu finden«, fuhr Peter fort. »Scheinbar pflegte das Opfer nicht allzu viele soziale Kontakte. Den einzigen Gruppenchat habe ich gecheckt, er setzt sich zusammen aus Kolleginnen von Sandra Kaiser.

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