Omega - Die letzten Tage der Erde. Camille Flammarion
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"Aber, meine Damen und Herren," fuhr der Astronom fort", "solange nicht einer unserer herausragenden Kollegen der Abteilung Physiologie oder der Akademie der Medizin geruht zu beweisen, dass die Dichte des Kometen ausreicht, um überhaupt in unsere Atmosphäre einzudringen, glaube ich nicht, dass seine Präsenz einen tödlichen Einfluss auf das menschliche Leben ausüben wird. Ich sage 'glaube', denn es ist nicht möglich, dies mit Sicherheit zu bestätigen, obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür sehr groß ist. Man könnte sie vielleicht mit einer Million zu eins beziffern. Auf jeden Fall werden nur Menschen mit schwacher Lunge betroffen sein. Es wird eine einfache Grippe sein, die die tägliche Sterblichkeit um das Drei- oder Fünffache erhöhen dürfte.
"Wenn jedoch, wie Teleskop und Kamera übereinstimmend anzeigen, der Kern große mineralische Massen enthält, die wahrscheinlich metallischer Natur sind, vielleicht Aerolithe mit einem Durchmesser von mehreren Kilometern und einem Gewicht von einigen Millionen Tonnen, kann man nicht umhin zuzugeben, dass die Regionen, in denen diese Massen mit der soeben erwähnten Geschwindigkeit einschlagen, völlig zerstört werden würden. Lassen Sie uns dabei jedoch bedenken, dass drei Viertel der Erde mit Wasser bedeckt sind. Auch hier sehe ich eine Eventualität, die zweifellos nicht so eklatant ist wie die erste, aber dennoch zu unseren Gunsten ausfallen könnte; wenn diese Massen ins Meer stürzen und möglicherweise neue Inseln fremder Herkunft bilden, auf jeden Fall neue Elemente in die Wissenschaft einbringen, könnten auch Keime unbekannten Lebens dabei sein; die Erdvermessung wäre in diesem Fall betroffen, denn Gestalt und Rotation der Erde könnten verändert werden. Beachten wir auch, dass nicht wenige Wüsten die Erdoberfläche übersäen. Es besteht also ganz sicher eine Gefahr, aber sie ist nicht existenzbedrohend.
"Darüber hinaus könnten diese Massen und Gase, vielleicht auch die Feuerkugel, von der wir sprachen, an verschiedenen Orten auf allen Kontinenten Brände entfachen; Dynamit, Nitroglyzerin, Panclastit oder Sempex wären vermutlich Kinderkram im Vergleich zu dem, was uns treffen könnte, aber auch das bedeutet keine weltweite Katastrophe; einige Städte in Schutt und Asche können die Geschichte der Menschheit nicht aufhalten.
"Sehen Sie, meine Herren, aus dieser methodischen Untersuchung der drei uns vorliegenden Punkte folgt, dass die Gefahr, obwohl sie existiert und sogar unmittelbar bevorsteht, nicht so groß, so überwältigend, so sicher ist, wie ständig behauptet wird. Ich will noch mehr sagen: Dieses ausgefallene astronomische Ereignis, das so viele Herzen zum Rasen bringt und so viele Gedanken mit Angst erfüllt, ändert in den Augen eines Philosophen kaum seine übliche Sicht der Dinge. Jeder von uns muss eines Tages sterben, aber diese Gewissheit hindert uns nicht daran, in Ruhe zu leben. Warum sollte die Angst vor einem etwas schnelleren Tod die Gemütsruhe so vieler von uns eintrüben? Ist der Gedanke, dass wir zusammen sterben, so unangenehm? Er sollte eher tröstlich sein für unseren Egoismus. Nein, es ist der Gedanke, dass eine gewaltige Katastrophe unsere Leben um ein paar Tage oder Jahre verkürzen könnte. Das Leben ist kurz, und jeder klammert sich selbst an den kleinsten Teil davon; nach dem, was man hört, scheint es sogar so zu sein, dass die meisten es vorziehen würden, die ganze Welt untergehen zu sehen, anstatt allein zu sterben und zu wissen, dass die Welt gerettet wurde – vorausgesetzt natürlich, man selbst überlebt. Das ist reiner Egoismus. Meine Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass uns im Wesentlichen eine Katastrophe von höchster wissenschaftlicher Bedeutung bevorsteht, die jedoch Historiker zurücklassen wird, um ihre Geschichte zu erzählen. Es wird eine Kollision, einen gewaltigen Einschlag und örtliche Zerstörungen geben. Und es wird die Geschichte von Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Wirbelstürmen sein."
So sprach der berühmte Astronom. Das Publikum erschien zufrieden, beruhigt, besänftigt zu sein – zumindest teilweise. Es ging nicht mehr um das Ende aller Tage, sondern um eine Katastrophe, der man wahrscheinlich entkommen würde. Überall hörte man geflüsterte und raunende Gesprächsfetzen; Menschen vertrauten sich gegenseitig ihre Meinungen an, Geschäftsleute und Politiker schienen mit den vorgebrachten Argumenten gar gänzlich einverstanden zu sein, als auf Einladung des Vorsitzenden der Präsident der Akademie der Medizin langsam auf die Bühne zusteuerte.
Er war ein großer Mann, schlank, aufrecht gehend, mit fahlem Gesicht, asketischem Aussehen und melancholischen Gesichtszügen – er trug eine Glatze und einen perfekt getrimmten, grauen Backenbart. Seine Stimme hatte etwas Leichenhaftes an sich, und seine ganze Persönlichkeit erinnerte eher an einen Bestatter als an einen Arzt, der von der Hoffnung getrieben wurde, seine Patienten zu heilen. Seine Einschätzung der Dinge stand im krassen Gegensatz zu der Auffassung des Astronomen, wie sich schon beim ersten Wort, das er sagte, zeigte.
"Meine Herren", sagte er, "ich werde mich so kurz fassen wie der bedeutende Gelehrte, dem wir gerade zugehört haben, obwohl ich viele Nächte damit verbracht habe, die Eigenschaften von Kohlenmonoxid bis ins kleinste Detail zu analysieren. Über dieses Gas will ich zu Ihnen sprechen, denn die Wissenschaft hat ja nun bewiesen, dass es der Hauptbestandteil des Kometen ist und dass eine Kollision mit der Erde unvermeidlich ist.
"Die besagten Eigenschaften von Kohlenmonoxid sind schrecklich; warum sollten wir uns das nicht eingestehen? Die kleinste Menge dieses Gases in der Luft, die wir atmen, reicht aus, um unsere Lungen in nur drei Minuten funktionsunfähig zu machen und das Leben zu vernichten.
"Jeder weiß, dass Kohlenmonoxid, das in der Chemie unter dem Kürzel CO bekannt ist, ein nicht flüchtiges Gas ohne Geruch, Farbe oder Geschmack und in Wasser nahezu unlöslich ist. Seine Dichte im Vergleich zur Luft beträgt 0,96. Es brennt in der Luft mit einer blauen Flamme von geringer Leuchtkraft, ähnlich einem Grablicht, wobei das Produkt dieser Verbrennung Kohlendioxidist.
"Seine bemerkenswerteste Eigenschaft ist die Tendenz, Sauerstoff aufzunehmen. (Der Redner legte größte Betonung auf die letzten zwei Worte.) In den großen Eisenöfen, zum Beispiel, wird Kohlenstoff unter Zugabe einer geringen Menge an Luft in Kohlenmonoxid umgewandelt; und es ist tatsächlich dieses Oxid, das das Eisen schlussendlich in einen metallischen Zustand überführt, indem es ihm den Sauerstoff entzieht, mit dem es kombiniert wurde.
"Im Sonnenlicht verbindet sich Kohlenmonoxid mit Chlor und bildet Phosgen, COCl2 –ein Gas mit einem unangenehmen, erstickenden Geruch.
"Die Tatsache, der wir unsere gesamte Aufmerksamkeit zuwenden sollten, ist, dass dieses Gas hochgiftig ist - weitaus giftiger als Kohlendioxid. Seine Wirkung auf das Hämoglobin besteht darin, die Atemfähigkeit des Blutes zu verringern, und selbst in sehr kleinen Dosen behindert seine kumulative Wirkung die sauerstoffbildenden Eigenschaften des Blutes in einem Ausmaß, das in keinem Verhältnis zur offensichtlichen Ursache steht. Zum Beispiel: Blut, das 23 bis 24 Kubikzentimeter Sauerstoff pro hundert Einheiten absorbiert, nimmt in einer Atmosphäre, die weniger als ein Tausendstel Kohlenmonoxid enthält, nur die Hälfte auf. Selbst ein Anteil von einem Zehntausendstel hat eine schädliche Wirkung, indem er die Atmungsaktivität des Blutes spürbar verringert. Das Ergebnis ist keine einfache Erstickung, sondern eine fast sofort einsetzende Blutvergiftung. Kohlenmonoxid wirkt direkt auf die Blutkörperchen, verbindet sich mit ihnen und macht sie lebensunfähig: Die Hämatose, d.h. die Umwandlung von venösem in arterielles Blut, wird unterbunden. Drei Minuten reichen aus, um den Tod herbeizuführen. Der Blutkreislauf wird eingestellt. Das schwarze, venöse Blut füllt sowohl die Arterien als auch die Venen. Letztere, insbesondere die des Gehirns, werden überlastet, die Substanz des Gehirns wird punktiert, die Zungenbasis, der Kehlkopf, die Luftröhre, die Bronchien werden blutrot, und schon bald zeigt der ganze Körper das charakteristische, lilafarbene Aussehen, das immer auf die Einstellung der Hämatose folgt.
"Aber, meine Herren, die schädlichen Auswirkungen von Kohlenmonoxid sind nicht die einzigen, die wir zu befürchten haben; schon die bloße Tendenz dieses Gases, Sauerstoff aufzunehmen, kann zu fatalen Folgen führen. Sauerstoff zu binden, selbst den Anteil von Sauerstoff in der Luft zu verkleinern, würde das Aussterben der menschlichen Spezies bedeuten. Jeder hier Anwesende ist vermutlich mit einem Vorfall vertraut, der mit vielen anderen für die Epoche