Sophienlust Staffel 14 – Familienroman. Elisabeth Swoboda

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Sophienlust Staffel 14 – Familienroman - Elisabeth Swoboda Sophienlust Staffel

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Liebe gesprochen, aber Inge hatte dazu den Kopf geschüttelt und auf sein Studium verwiesen. Warum wollte sie nicht verstehen, dass sie ihm viel, viel wichtiger war als das Studium?

      Christian fuhr herum, denn eben wurde die Tür geöffnet. Ein großer dunkelhaariger Mann in einem langen weißen Kittel erschien.

      »Und?« Christians blaue Augen wurden unnatürlich groß. »Wie …, wie geht es Uwe?«

      »Er hat Glück gehabt, der Kleine. Es war kein Schädelbruch, wie wir zunächst vermuteten. Nur eine tiefe Fleischwunde.«

      »Dann …, dann wird er durchkommen?« Die Stimme versagte Christian den Dienst. Flehend rang er die Hände.

      »Wir haben eine Tetanusspritze und Schmerzmittel gegeben, die Wunde desinfiziert und vernäht. Nur eines macht uns Kummer. Das Kind hat sehr viel Blut verloren. Und dieses Blut muss sofort ersetzt werden. Leider haben wir keine entsprechenden Konserven vorrätig, da der Junge eine sehr seltene Blutgruppe besitzt.«

      »Aber ich …, ich könnte doch Blut spenden.« Christian keuchte vor Aufregung. Ihm war, als entscheide sich in diesen Minuten sein ganzes weiteres Leben.

      »Sind Sie verwandt mit dem Kind?« Der Arzt zog die Augenbrauen hoch.

      »Ich bin der Vater.« Es erschien Christian unbegreiflich, dass der Mediziner das nicht gleich gesehen hatte.

      »Das ist etwas anderes. Würden Sie bitte ins Labor mitkommen, damit wir entsprechende Untersuchungen anstellen können?«

      »Aber es eilt doch. Wozu diese Formalitäten?« Der Atem des Studenten ging laut und hechelnd.

      »Nur eine Vorsichtsmaßnahme. Sie sind doch Medizinstudent und wissen, dass schwere gesundheitliche Schäden auftreten können, wenn man bei der Blutgruppenbestimmung die nötige Sorgfalt vermissen lässt. In schweren Fällen kann ein solcher Leichtsinn sogar den Tod zur Folge haben.«

      »Ja, ja, selbstverständlich.« Christian drängte zur Tür, ging rasch neben dem Arzt durch den langen blankgebohnerten Gang.

      In dem kleinen Labor wurde ihm eine Blutprobe entnommen, dann wurde er ins Wartezimmer zurückgeschickt.

      Wieder vergingen bange Minuten. Wieder sah Christian alle paar Minuten auf die Uhr. Seine Nervosität steigerte sich ins Unerträgliche. Endlos lang erschien ihm die Zeit, bis endlich der Arzt wiederkam.

      »Können wir anfangen?«, fragte Christian sofort.

      Bedächtig schüttelte der Arzt den Kopf. »Leider hat die Blutgruppenbestimmung ergeben, dass Sie nicht der Vater des Kindes sein können.«

      Christians Unterkiefer klappte nach unten. Er machte in diesem Augenblick wirklich keinen besonders intelligenten Eindruck. »Sie …, Sie müssen sich getäuscht haben«, stotterte er endlich. »Dr. Gerlitz hat doch in seiner Kartei meinen Namen angegeben. Er ist bestimmt ein gewissenhafter Mann.«

      »Es gibt keinen Zweifel«, beharrte der Arzt. »Sie haben die sehr häufig vorkommende Blutgruppe Null. Das Kind aber …«

      »Das ist doch nur graue Theorie, Doktor. Inges Mann ist seit einem Unfall zeugungsunfähig.«

      »Trotzdem sollten wir ihn als möglichen Spender in Betracht ziehen. Kennen Sie seine Anschrift?«

      Ganz in Gedanken nannte Christian die Anschrift des Dirigenten.

      »Wir werden ihn sofort anrufen«, erklärte der Arzt und eilte davon.

      »Aber das hat doch keinen Sinn«, rief Christian ihm nach. Völlig verwirrt ließ er sich auf den nächsten Stuhl fallen. Was da durch Zufall festgestellt worden war, war so ungeheuerlich, dass er überhaupt nicht daran glauben konnte. Wenn er nicht Uwes Vater war, wer dann? Hatte Inge ihren Mann mit einem anderen betrogen? Aber das passte irgendwie nicht zu ihr, zu ihrer offenen, ehrlichen Art.

      Christian zerwühlte mit den Fingern sein Haar, strich sich immer wieder über die Stirn. Wenn Uwe gar nicht sein Kind war, dann gab es auch nicht jene Bindung zwischen ihm und Inge, auf die er so fest vertraut hatte. Er war davon überzeugt gewesen, dass Inge ihn heiraten würde, weil er der Vater ihres Kindes war und weil sie wünschte, dass dieses Kind in einer richtigen Familie aufwuchs.

      War nicht eine seltsame Vertrautheit zwischen ihm und dem kleinen Jungen gewesen? Doch vielleicht lag dies an Uwes freundlicher Art. Er fand zu allen Menschen rasch Kontakt, wurde von ihnen sofort akzeptiert.

      »Das kann doch nicht wahr sein«, stöhnte Christian Gentsch und sah flehend zur Tür. Doch niemand kam, um ihm eine Antwort auf seine vielen brennenden Fragen zu geben. Es war, als habe sich alles gegen ihn verschworen.

      Wenn man nicht rechtzeitig einen geeigneten Blutspender findet, muss Uwe vielleicht doch noch sterben, obwohl seine Verletzung gar nicht lebensgefährlich war, überlegte Christian weiter. Erneut nahm er seine unsinnigen Wanderungen durch den Warteraum wieder auf. Nur zu gern hatte er das geglaubt, was Norbert Hellbach ihm in seiner Eifersucht ins Gesicht geschrien hatte. Er war bereit gewesen, alle Pflichten eines Familienvaters zu übernehmen, aber doch nur deshalb, weil er sich in die junge blonde Frau verliebt hatte, die von ihrem Mann so herzlos behandelt worden war.

      Jetzt erst verstand Christian, weshalb Inge kein Interesse an ihm hatte. Sie musste das Geheimnis gekannt haben. Aber sie wagte es nicht, darüber zu reden, weil Norbert Hellbach sonst noch eifersüchtiger werden würde.

      Arme Inge! Wer wohl dieser andere war? Hatte sie ihn geliebt? Hatte er sie schändlich im Stich gelassen, als er von dem Baby erfahren hatte? Und wie würde Norbert Hellbach reagieren, wenn er erfahren würde, dass es noch einen dritten Mann gab, der Inge gegenüber von Liebe sprach? Wahrscheinlich würde er seiner Frau eine furchtbare Szene machen.

      Doch das würde er, Christian, verhindern. Er würde treu zu Inge stehen, obwohl nun alles ganz anders war.

      Christian unterbrach seine ruhelose Wanderung vor dem Fenster. Er lehnte seine heiße Stirn gegen das kühle Glas der Scheibe. Erst jetzt fühlte er die Müdigkeit seiner Glieder.

      *

      Norbert Hellbach stand gerade an der Bar und griff nach der Flasche, als der Rettungswagen des Roten Kreuzes eintraf und ihn abholte. Es wurde nicht lange gefragt. Man schob den Dirigenten einfach in den Wagen – und ab ging’s in sausender Fahrt. Telefonisch hatte man den Dirigenten davon unterrichtet, dass Uwe in Lebensgefahr war und dass er dringend eine Blutübertragung brauchte.

      Immer wieder sah Norbert Hellbach den Fahrer von der Seite her an. Sollte er ihm sagen, dass dieser Einsatz sinnlos war? Er war nicht der Vater des kleinen Uwe, konnte es gar nicht sein. Deshalb war er auch als Blutspender uninteressant. Doch diese Beteuerungen würden den Krankenwagenfahrer nicht überzeugen. Er tat nur seine Pflicht.

      Unruhig rutschte Norbert Hellbach auf seinem Sitz hin und her. Ob er in diesem Krankenhaus wohl Inge treffen würde? Sie war am Vormittag nach Sophienlust abgefahren. Eigentlich musste sie längst dort sein. Doch weshalb dieser Unfall mit Uwe?

      War es nicht vielleicht besser, wenn das Kind starb? Dieses Kind, das keine echten Eltern hatte, dieses Kind aus der Retorte? Norbert Hellbach biss die Zähne aufeinander.

      Uwe hatte viel Unruhe und Ärger in sein Leben gebracht, und doch konnte er den Kleinen nicht hassen. Nur sich selbst hasste er. Und dies war auch der Grund dafür, dass er immer wieder zur Flasche griff. Er wollte seine eigenen Fehler vergessen,

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