Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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Mo­no­pol her­aus!« sag­te Bi­rot­teau lei­se.

      »Po­po­le? Der is mein Pat­chen, der wird was aus­ge­fres­sen ha­ben; kom­men Sie etwa sei­net­we­gen, ge­ehr­ter Herr Be­am­ter?« sag­te sie, in­dem sich ihre Stim­me mä­ßig­te.

      »Nein; ich hat­te schon die Ehre, Ih­nen mit­zu­tei­len, daß ich als Kun­de kom­me.«

      »Schön! Und wie heißt du, mein Jun­ge? Du bist noch nie bei mir ge­we­sen.«

      »Bei sol­chem Be­neh­men müß­ten Sie ei­gent­lich Ihre Nüs­se bil­lig ab­ge­ben«, sag­te Bi­rot­teau und nann­te ihr sei­nen Na­men und sei­ne Adres­se.

      »Ach, Sie sind der be­rühm­te Bi­rot­teau mit der schö­nen Frau. Und wie­viel wol­len Sie denn von die­sen zucker­sü­ßen Nüs­sen ha­ben, mein Ge­lieb­tes­ter?«

      »Sechs­tau­send Pfund.«

      »Das ist al­les, was ich habe«, sag­te die Händ­le­rin mit ei­ner Stim­me wie eine hei­se­re Flö­te. »Sie müs­sen mäch­tig hin­ter­her sein, die Mä­dels zu ver­hei­ra­ten und zu par­fü­mie­ren. Gott seg­ne Sie, Sie müs­sen viel zu tun ha­ben. Ent­schul­di­gen Sie schon. Sie wer­den ein an­stän­di­ger Kun­de und ein­ge­schrie­ben wer­den ins Herz von der Frau, die ich am liebs­ten in der Welt habe …«

      »Wel­cher denn? …«

      »Nu, der lie­ben Frau Ma­dou.«

      »Und was sol­len die Nüs­se kos­ten?«

      »Für Sie, mein Lie­ber, fünf­und­zwan­zig Fran­ken den Zent­ner.«

      »Fün­f­und­zwan­zig Fran­ken?« sag­te Bi­rot­teau, »das macht ja fünf­zehn­hun­dert Fran­ken! Und ich wer­de viel­leicht Tau­sen­de von Zent­nern jähr­lich brau­chen.«

      »Aber se­hen Sie sich doch bloß die schö­nen Früch­te an, die sind bar­fuß ge­pflückt!« sag­te sie und ver­senk­te ih­ren ro­ten Arm in einen Sack Ha­selnüs­se. »Und kei­ne tau­ben drun­ter, lie­ber Herr. Be­den­ken Sie doch, daß die Händ­ler ihre Bet­tel­wa­re für vier­und­zwan­zig Sous das Pfund ver­kau­fen, und da­bei tun sie auf vier Pfund mehr als ein Pfund tau­be drun­ter. Soll ich viel­leicht Ih­nen zu­lie­be bei mei­ner Ware zu­set­zen? Sie sind ja sehr nett, aber so schön ge­fal­len Sie mir doch noch nich! Wenn Sie aber so viel brau­chen, will ich auf zwan­zig Fran­ken run­ter­gehn, denn einen Bei­ge­ord­ne­ten kann ich doch nich wie­der weg­schi­cken, das könn­te ja den jun­gen Paa­ren Un­glück brin­gen! Füh­len Sie bloß mal, wie schön die Ware is und wie schwer! Noch nicht fünf­zig gehn aufs Pfund! Und al­les voll. Kein Wurm drin!«

      »Also dann schi­cken Sie mir sechs­tau­send für zwei­tau­send Fran­ken, zahl­bar in drei Mo­na­ten, Rue Fau­bourg-du-Tem­ple, nach mei­ner Fa­brik, und zwar mor­gens ganz früh.«

      »Man wird sich be­ei­len, wie ein frisch ver­hei­ra­te­tes Weib­chen. Also adieu, Herr Bür­ger­meis­ter, und sein Sie mir nich böse. Aber wenn es Ih­nen nischt aus­macht,« sag­te sie, als sie Bi­rot­teau in den Hof be­glei­te­te, »wärs mir lie­ber, wenn Sie in sechs Wo­chen zah­len woll­ten; ich hab Ih­nen so’­nen bil­li­gen Preis ge­macht, ich kann doch nich noch die Zin­sen ein­bü­ßen! Und der alte Gi­gon­net, mit sei­nem lie­be­vol­len Her­zen, der zieht uns die See­le aus­’m Lei­be, wie ne Spin­ne ne Flie­ge aus­saugt.«

      »Also schön, in an­dert­halb Mo­na­ten. Aber wir wie­gen ge­nau nach, hoh­le kann ich nicht ge­brau­chen. Sonst wird nichts aus dem Ge­schäft.«

      »Ach, der Hund, der ver­steht sich drauf«, sag­te Frau Ma­dou. »Dem kann man nischt vor­ma­chen. Das hat ihm si­cher die­se Ban­de aus der Rue des Lom­bards ver­ra­ten! Die­se Groß­koh­ze, die ver­stän­di­gen sich im­mer un­ter ein­an­der, da­mit sie so’n ar­mes Lamm ver­schlin­gen kön­nen.«

      Das arme Lamm war fünf Fuß lang und drei Fuß breit und sah aus wie ein in ge­streif­te Baum­wol­le ge­klei­de­ter Grenz­stein, ohne je­den Tail­len­ein­schnitt.

      In­zwi­schen ging der Par­füm­händ­ler in Ge­dan­ken ver­sun­ken die Rue Saint-Ho­noré ent­lang, mach­te Plä­ne für den Kampf ge­gen das Ma­kassar­öl, dach­te über die Eti­ket­ten und die Form der Fla­schen nach und über­leg­te, wie die Pfrop­fen be­fes­tigt wer­den und wel­che Far­be die An­zei­gen ha­ben soll­ten. Und da sagt man noch, daß dem Han­del die Poe­sie man­ge­le! New­ton hat sich über sei­nen be­rühm­ten bi­no­mi­schen Lehr­satz den Kopf nicht mehr zer­bro­chen als Bi­rot­teau über sei­ne Co­ma­gen-Es­senz, denn das Öl war in­zwi­schen zur Es­senz ge­wor­den, er kam von ei­ner Be­nen­nung auf die an­de­re, ohne ihre ei­gent­li­che Be­deu­tung zu ken­nen. Alle mög­li­chen Kom­bi­na­tio­nen dräng­ten sich in sei­nem Kop­fe, und die­ses Ar­bei­ten ins Lee­re hielt er für eine voll­wich­ti­ge Be­tä­ti­gung sei­ner Be­ga­bung. Er war so tief in Ge­dan­ken, daß er an der Rue des Bour­don­nais vor­bei­ging und wie­der um­keh­ren muß­te, als er sich an sei­nen On­kel er­in­ner­te.

      Clau­de-Jo­seph Pil­ler­ault, ein ehe­ma­li­ger Ei­sen­wa­ren­händ­ler mit der Fir­ma »Zur gol­de­nen Glo­cke«, be­saß eine je­ner Phy­sio­gno­mi­en, die in Ih­rer Ei­gen­ar­tig­keit schön sind; al­les war bei ihm im Ein­klang, Äu­ße­res und In­ne­res, Ver­stand und Herz, Spra­che und Ge­dan­ke, Re­den und Han­deln. Als ein­zi­ger Ver­wand­ter der Frau Bi­rot­teau kon­zen­trier­te sich sei­ne gan­ze Lie­be auf sie und Cäsa­ri­ne, nach­dem er im Ver­lau­fe sei­ner Ge­schäftstä­tig­keit sei­ne Frau und sei­nen Sohn und dann noch ein Ad­op­tiv­kind, den Sohn sei­ner Kö­chin, ver­lo­ren hat­te. Die­se bit­te­ren Ver­lus­te hat­ten den bra­ven Mann zu ei­nem christ­li­chen Stoi­zis­mus ge­führt, ei­ner ed­len Den­kungs­art, die sein Le­ben ver­schö­ner­te und sei­ne letz­ten Jah­re mit ei­nem zu­gleich war­men und kal­ten Schim­mer über­goß, wie ein win­ter­li­cher Son­nen­un­ter­gang. Sein ha­ge­res, hoh­les Ant­litz von erns­tem Aus­druck, auf dem rote und dunkle Töne har­mo­nisch ver­ei­nigt wa­ren, hat­te eine frap­pan­te Ähn­lich­keit mit dem des Got­tes der Zeit, wie ihn die Ma­ler dar­stel­len, aber ins Ge­wöhn­li­che über­tra­gen; denn die täg­li­chen Ge­wohn­hei­ten des Kauf­manns hat­ten bei ihm des­sen mo­nu­men­ta­len, ab­wei­sen­den Cha­rak­ter, den die Ma­ler, die Bild­hau­er und die Bron­ze­gie­ßer bei der An­fer­ti­gung der Uhren zu über­trei­ben pfle­gen, ge­mil­dert. Von mitt­ler­er Grö­ße, war Pil­ler­ault eher un­ter­setzt als dick, von Na­tur für die Ar­beit und lan­ges Le­ben be­stimmt; sei­ne Schul­ter­brei­te ver­riet einen kräf­ti­gen Kno­chen­bau, sein Tem­pe­ra­ment war kühl, Er­re­gun­gen sah man ihm nicht an; aber des­halb war er doch nicht un­emp­find­lich. Wie sein be­däch­ti­ges We­sen und sein ru­hi­ges Ge­sicht zeig­ten, gab er sei­nem Ge­fühl nicht nach au­ßen hin Aus­druck; er war un­er­schüt­ter­lich und frei von je­der Phra­se und Em­pha­se. Sei­ne grü­nen, schwarz punk­tier­ten Au­gen fie­len durch ihre un­ver­än­der­li­che Leucht­kraft auf. Sei­ne von ge­rad­li­ni­gen Run­zeln durch­furch­te und vom Al­ter gelb ge­wor­de­ne Stirn war klein, schmal und hart, und sein kur­z­es, pelzar­ti­ges Haar sil­ber­grau. Der fein­ge­schnit­te­ne Mund ver­riet klu­ge Vor­sicht, aber kei­ne

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