Entführung ins Glück. Kristi Ann Hunter

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Entführung ins Glück - Kristi Ann Hunter страница 16

Автор:
Серия:
Издательство:
Entführung ins Glück - Kristi Ann Hunter

Скачать книгу

auswendig konnte, denn ich frage mich, warum diese Geständnisse ausgerechnet an mich gerichtet sind. „Ich habe nur einen kurzen Blick darauf geworfen, Mylady.“

      Sie nickte und drehte sich wieder zum Fenster herum. „Danke für Ihre Worte, Marlow. Vielleicht werde ich eines Tages einen Mann meines Standes kennenlernen, der das auch so sieht.“

      Ryland fragte sich, wie ein Dienstbote auf eine solche Bemerkung reagieren würde. Eigentlich sollte er beleidigt sein, weil sie Marlows Meinung wegen seiner niedrigen Stellung abtat, aber die Wahrheit war doch: Jede andere Reaktion hätte einen Dienstboten in eine sehr schwierige Situation gebracht. Ihre Reaktion entsprach den gesellschaftlichen Gepflogenheiten.

      Er verließ das Zimmer und schalt sich, weil er sie überhaupt angesprochen hatte. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Nur Gottes Gnade hatte ihn davor bewahrt, dass seine Tarnung aufflog. Er hielt kurz inne und nahm sich einen Moment Zeit, um Gott um Weisheit und Schutz zu bitten. Dass er die vergangenen zehn Jahre überlebt hatte und unversehrt geblieben war, grenzte an ein Wunder. Und jetzt brauchte er ein weiteres.

      

      In der darauffolgenden Woche regnete es weiter. An dem einen Tag fielen dicke, große Tropfen träge aus den Wolken, an einem anderen goss es wie aus Kübeln. Selbst wenn es einmal gerade nicht regnete, hingen graue Wolken am Himmel. Oft machte ein feiner Nieselregen einen Spaziergang im Garten zu einem sehr unangenehmen Unterfangen.

      Miranda saß am Frühstückstisch und schaute zu, wie die Regentropfen an der Scheibe hinabliefen. Sie stocherte geistesabwesend in den Rühreiern auf ihrem Teller. Ihre Schultern hingen nach unten, ihr Rücken war gebeugt und sie hatte den Mund zu einem Schmollen verzogen. Obwohl ihre Mutter mehrere Stunden entfernt wohnte, konnte sie den Vortrag über die richtige Körperhaltung einer Dame regelrecht hören. Sie ignorierte diese Ermahnung. Sie hatte den Regen so satt.

      Mit einem Seufzer schob sie ihren Teller beiseite und lehnte sich an die kunstvoll verzierte Rückenlehne. Solange es nicht aufhörte zu regnen, war sie ans Haus gefesselt. Sie schrieb Briefe und vertrieb sich die Zeit mit Sticken und Klavierspielen. Sie musste diese Monotonie irgendwie durchbrechen. Ihre Geschwister boten auch keine Abwechslung. Das Aufregendste, was sie in dieser Woche getan hatte, war es, Griffiths neuem Kammerdiener aus dem Weg zu gehen. Was überhaupt nicht schwer gewesen war, doch das überraschte sie nicht.

      Griffith hatte viel Arbeit für den Mann. Der Regen änderte nichts an den Erwartungen, die an einen Herzog gestellt wurden. Er hatte die letzten Tage in seinem Arbeitszimmer verbracht und all die Dinge erledigt, die erledigt werden mussten, damit auf seinen Ländereien alles reibungslos lief. Wenn er irgendetwas brauchte, schickte er seinen neuen Kammerdiener los. Marlow war auf dem ganzen Gelände unterwegs.

      Georgina hingegen sprach von nichts anderem als von der bevorstehenden Saison in London. Miranda war zwar entschlossen, sich für sie zu freuen, und sie weigerte sich, der Eifersucht in ihrem Herzen Raum zu geben, aber sie sah dennoch keinen Grund, ihre Selbstbeherrschung mehr als nötig auf die Probe zu stellen.

      Vom Korridor waren ein Rascheln und leise Schritte zu vernehmen. Miranda seufzte und nahm eine angemessenere Haltung ein.

      Georgina trat mit einem gezierten Gähnen ins Zimmer. Die Rüschen ihres Tageskleides flatterten, als sie sich im Kreis drehte. „Gefällt es dir?“

      Miranda zog eine Braue hoch. „Ist das eines deiner neuen Kleider?“

      „Ja. Ist es nicht hübsch?“

      „Oh ja. Aber es ist für London bestimmt.“ Miranda richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihren Teller und schob ein wenig Rührei auf die Gabel.

      Georgina zuckte die Achseln. „Mutter ist schließlich nicht da. Außerdem kann dem Kleid doch nichts passieren. Ich werde das Haus bei diesem Wetter bestimmt nicht verlassen. Stattdessen werde ich wahrscheinlich den Vormittag damit verbringen, Klavier zu spielen und zu sticken.“

      Georginas Begeisterung für die Aktivitäten, vor denen Miranda graute, entlockte ihr ein kurzes Lachen. Sie musste jedoch zugeben, dass ihre Schwester recht hatte. Es war sehr unwahrscheinlich, dass diesem Kleid irgendetwas passieren würde. Sie kam sich richtig pingelig vor, weil sie es überhaupt angesprochen hatte.

      Der Butler trat ein, während Georgina Miranda gegenüber Platz nahm. Auf dem silbernen Teller in seiner Hand lag ein Stapel Briefe. „Die Post, Mylady.“

      „Danke, Lambert.“ Miranda schob den Teller mit ihrem Toast zur Seite und begann, den Stapel durchzusehen. Sie hätte diese Aufgabe auch an Lambert übertragen können, aber sie hatte gern einen Überblick über das, was im Haus passierte. Als sie nach der Wiederheirat ihrer Mutter die Pflichten als Dame des Hauses übernommen hatte, hatte ihr diese Aufgabe das Selbstwertgefühl gegeben, das ihr so sehr fehlte.

      Zwei Briefe waren an Georgina adressiert. Miranda schob sie ihr über den Tisch zu, obwohl sie wusste, dass die Briefe erst einmal keine Beachtung finden würden. Georgina erledigte ihre wenige Korrespondenz immer erst dann, wenn sie allein war. Hin und wieder hatte sich Miranda sogar gefragt, ob sie die Briefe ins Feuer warf, weil sie mit nichts belästigt werden wollte, was in ihrem Leben keine wichtige Rolle spielte.

      Für Griffith war kein Brief dabei. Das war schon seit über einer Woche so. Irgendwie gelang es Marlow, die Post jedes Mal vor allen anderen in die Hände zu bekommen und alles, was für Griffith bestimmt war, aus dem Stapel zu entfernen.

      War es normal, dass ein Kammerdiener sich so intensiv um jeden Aspekt im Leben seines Herrn kümmerte? Sie verdrängte diese Frage schnell wieder. Ihr war zwar langweilig, aber trotzdem wollte sie keine Gedanken an Griffiths Kammerdiener verschwenden.

      Mit gerunzelter Stirn schaute sie wieder in den Regen hinaus. Vielleicht würde es am Nachmittag aufklaren und sie könnte einige Pächter besuchen. Mary Blythe erwartete in Kürze ein Kind.

      In der Post befanden sich darüber hinaus eine Rechnung vom Schneider, eine Einladung zu einem Fest sowie eine Handvoll persönlicher Briefe von Freundinnen, die sie in London kennengelernt hatte. Wenn sie diese Briefe beantwortete, wäre sie den ganzen Vormittag beschäftigt.

      Der letzte Brief trug keinen Absender und die Handschrift war ausgesprochen männlich. Sie runzelte verwirrt die Stirn. Der Brief war eindeutig an sie adressiert und nicht an Griffith. Vielleicht von einem Vetter?

      Das Siegel war aus glattem Wachs. Sie konnte weder Wappen noch Initialen entdecken. Miranda schob einen Finger darunter, während sie als Antwort auf Georginas Redeschwall nickte und bestätigende Laute von sich gab. Ihre Schwester erzählte wieder einmal von der Saison in London und von ihrem geplanten Debüt in ein paar Monaten. Zu diesem Thema konnte Georgina lange angeregte Monologe führen. Es war also nicht nötig, dass sich Miranda an dem Gespräch beteiligte.

      Sie nahm ihre Tasse, um an der heißen Schokolade zu nippen, während sie den Brief auf dem Tisch glatt strich. Ein kurzer Blick auf den Inhalt genügte und sie verschluckte sich und spuckte die heiße süße Flüssigkeit aus. Sie wedelte mit der Hand vor ihrem Mund und versuchte, wieder Luft zu bekommen und ihre Haltung zurückzuerlangen. Dabei stieß sie jedoch mit der Hand versehentlich auf den Rand ihres Tellers, und die Eier, der Toast und die Marmelade flogen durch die Luft.

      Ein lautes Kreischen begleitete Georginas eilige Flucht. Sie sprang von ihrem Stuhl auf, um ihr neues Kleid vor dem Frühstück ihrer Schwester in Sicherheit zu bringen. „So deutlich musstest du nicht gleich werden! Ich werde mir ja etwas anderes anziehen.“

      Sie nahm ihre Briefe und verließ mit einem erbosten Murren über viel zu dominante ältere Geschwister den Frühstückssalon.

Скачать книгу