Entführung ins Glück. Kristi Ann Hunter

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Entführung ins Glück - Kristi Ann Hunter

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Irgendwann hätte sie Georgina heute sowieso verärgert. Im Moment gab es ein viel größeres Problem, das ihre Aufmerksamkeit erforderte.

      Mit beiden Händen hielt sie den Brief hoch und las ihn noch einmal. Fassungslosigkeit, Schock und Entsetzen breiteten sich in ihr aus. Über dem Brief stand keine Anrede, aber es bestand kein Zweifel, dass dieser Brief für sie, und zwar nur für sie, bestimmt war.

      Kennen wir uns?

      Viele Grüße

      Marshington

      Unter seinem Namen befand sich ein zweiter Wachstropfen, in den sein Siegel deutlich hineingedrückt war.

      Er hatte den Brief bekommen! Der Herzog von Marshington, dessen Aufenthaltsort der Gegenstand zahlloser Gerüchte und Spekulationen war, hielt sich offenbar nicht sehr weit von Riverton entfernt auf. Er hatte ihren Brief in nur einer Woche bekommen und beantwortet.

      Sie vergrub das Gesicht in den Händen und zerknüllte das Blatt Papier. Sie konnte die Tinte immer noch riechen. Wie nah war er? Natürlich spielte sein Aufenthaltsort keine Rolle. Selbst wenn er an diesem Frühstückstisch säße, würde das an ihrem Problem nichts ändern. Was sollte sie machen?

      Atmen. Einatmen. Ausatmen.

      Sie stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab und schob sich mit zitternden Beinen hoch.

      Tief und langsam atmen. Nicht in Panik geraten. Vor allem nicht in Ohnmacht fallen.

      Ein Diener trat ein und blieb abrupt stehen, als er die verstreuten Reste ihres Frühstücks sah. Er verzog verwirrt das Gesicht, bevor er rasch seine Selbstbeherrschung zurückerlangte und wieder seine ausdruckslose Miene aufsetzte. In der Dienstbotenküche gäbe es heute bestimmt ein interessantes Gesprächsthema.

      „Es gab ein kleines Missgeschick …“ Miranda beendete ihren Satz nicht. Es gab keine Möglichkeit, sich würdevoll aus dieser Situation herauszuretten. Im gesamten Zimmer war Essen verstreut und es stammte unübersehbar von ihrem Teller.

      „Eine Dame gibt den Dienstboten nie einen Anlass zu Klatsch.“

      „Ach, was soll’s?“ Sie nahm den Stapel Briefe und floh aus dem Zimmer.

      Sie richtete ihren Blick auf den Boden und starrte auf die Spitzen ihrer eleganten Schuhe, die bei jedem ihrer Schritte unter ihrem Saum hervorlugten. Die Treppe hinauf, den Korridor entlang, hastig in ein Gästezimmer flüchten, um einer Zofe aus dem Weg zu gehen, und dann endlich die angenehme, ungestörte Ruhe ihres Zimmers.

      Dort angelangt, lehnte sie sich an die Tür und brauchte ein paar Sekunden, bis sie wieder zu Atem gekommen war.

      „Ich bilde mir das alles nur ein! Ich habe ihm nie versehentlich einen Brief geschickt. Ich habe nie einen Brief von ihm bekommen.“ Sie schaute auf das zerknüllte Blatt Papier in ihrer Hand und stöhnte. „Warum mache ich mir etwas vor? Mein Leben ist ruiniert!“

      Falls der Herzog von Marshington irgendwann beschloss, aus seinem Versteck herauszukommen, und irgendjemandem ihren Brief zeigte, wäre Miranda gesellschaftlich ruiniert. Nichts könnte sie dann noch retten. Dieser Mann, dem sie nie begegnet war, hielt ihre Zukunft in den Händen. Das war ein sehr ernüchternder Gedanke.

      Sie ging auf dem Aubusson-Teppich, den sie sich am Ende ihrer zweiten Saison gegönnt hatte, auf und ab. Damals war sie aufs Land zurückgekehrt, ohne einen einzigen Heiratsantrag bekommen zu haben. Wenigstens keinen, den sie ernsthaft in Betracht gezogen hätte.

      „Ich kann das in Ordnung bringen. Es muss eine Möglichkeit geben, das in Ordnung zu bringen. Denk nach, Miranda, denk nach!“

      Diese eine Zeile, die ein Aristokrat geschrieben hatte, den seit Jahren niemand mehr gesehen hatte, brannte sich förmlich in ihren Kopf. Überall, wohin sie schaute, sah sie ihn. „Kennen wir uns?“

      „Was soll diese dumme Frage? Welchen Unterschied würde es machen, wenn wir uns kennen? Einen solchen Brief könnte ich niemals einem Mann schicken, selbst wenn ich ihn seit meiner Kindheit kennen würde.“

      Ihr nervöses Auf und Ab endete vor ihrem kleinen Schreibtisch. Sie saß nicht sehr oft an diesem Tisch, weil sie die größeren Fenster im Salon und in der Bibliothek bevorzugte, durch die deutlich mehr Licht in den Raum fiel. Trotzdem lag ein kleiner Stapel Papier in der flachen Schublade, und eine Feder sowie ein Tintenfass waren auch immer griffbereit.

      Sie sank seufzend auf den Stuhl. Mit zitternden Händen strich sie den Brief des Herzogs auf dem Tisch glatt.

      „Ich schaffe das. Ich muss mir nur vorstellen, ich wäre in einem Londoner Ballsaal und müsste eine unangenehme Situation klären.“ Leider war das hier die unangenehmste Situation, die man sich nur vorstellen konnte.

      Langsam und sorgfältig legte sie ein sauberes weißes Blatt Papier vor sich auf den Schreibtisch. Sie tauchte die Feder mit größter Präzision in die Tinte und achtete sorgfältig darauf, dass nichts auf das Papier tropfte. An dieser Antwort musste alles perfekt sein.

      Einige Momente vergingen.

      Im Zimmer war es ganz still. Selbst das leise Prasseln der Regentropfen auf die Fensterscheibe verstummte. Die Tinte begann, auf der Spitze ihrer Feder zu trocknen.

      Mit einem Stöhnen zog Miranda blaues Papier heran und begann zu schreiben. In einem Fluss aus schwarzer Tinte schüttete sie ihr Herz aus.

      Marsh,

      du wärst entsetzt, wenn du wüsstest, was ich getan habe. Ich habe dir versehentlich einen Brief geschickt. Es ist mir so furchtbar peinlich, dass mein erster Kontakt zu dir durch einen emotional aufgewühlten Tagebucheintrag zustande kommt. Was musst du nur von mir denken?

      Was sollte der Mann schon denken? Es hatte immer die Möglichkeit bestanden, dass sie sich eines Tages begegnen würden. Dass sie ihm in den vergangenen Jahren geschrieben hatte, war so verführerisch, dass sich das Schicksal diese Chance nicht entgehen lassen konnte. Miranda glaubte zwar nicht an das Schicksal, aber offenbar hatte Gott beschlossen, dass sie eine Lektion lernen müsste: Sie durfte andere Menschen nicht ohne deren Wissen benutzen. Vielleicht war es auch irgendeine andere Lektion. Irgendwo in dem Ganzen musste eine Lektion stecken, denn das passierte sicher nicht nur, damit ihr Leben ruiniert war.

      Es ist so, dass ich dir seit Jahren schreibe, seit mein Bruder mir Geschichten von dir erzählt hat. Du warst mein fiktiver, aber trotzdem realer Freund, dem ich alles erzählen konnte. Ich habe eine ganze Truhe voller Briefe. Ich kann aber immer noch nicht glauben, dass ich dir tatsächlich einen dieser Briefe geschickt habe!

      Noch schlimmer ist, dass du irgendwo in der Nähe sein musst, weil du meinen Brief so schnell bekommen und beantwortet hast! Ich weiß nicht, woher Marlow wusste, wohin er ihn schicken musste.

      Und jetzt muss ich dir antworten. Ich kann dir nicht antworten, Marsh. Was soll ich dir denn schreiben?

      Ich hoffe, es stört dich nicht, dass du für mich Marsh bist. So nennt dich Griffith, wenn er von dir spricht, auch wenn er das in den vergangenen Jahren nicht mehr oft getan hat. Als er zur Schule ging, hat er viel von dir erzählt. Was mache ich hier eigentlich? Ich muss dir einen richtigen Brief schreiben!

      Nachdem sie das Chaos in ihrem Kopf ein wenig sortiert hatte, holte Miranda tief Luft und schob die niedergeschriebenen persönlichen Worte zur Seite. Was konnte sie schreiben, um den Brief zu erklären, den der Herzog von ihr bekommen

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