Der Sonderermittler. Hans Becker

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Der Sonderermittler - Hans Becker

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gibt, von denen wir nichts oder nur wenig wissen und keine Möglichkeit haben, dabei unsere kriminalistischen Erkenntnisse zu optimieren.

      Mord im Hotel Radeburg

      Ich möchte eine weitere Morduntersuchung schildern, nicht nur wegen der Schwierigkeit bei der Aufklärung, sondern vorrangig deshalb, weil im Gefolge der Mordaufklärung eine Idee geboren wurde, welche noch heute in der Arbeit der Kriminalpolizei fest verankert und nicht mehr wegzudenken ist.

      Am 5. November 1964 wurden wir, die gesamte MUK der Bezirksbehörde Halle, befehlsgemäß nach Radeburg bei Dresden in Marsch gesetzt. Es war erstmalig, dass wir außerhalb der Grenzen des Bezirks Halle eingesetzt wurden.

      Der unmittelbare Einsatzort war ein Hotel in Radeburg. Wir wurden vom Leiter der MUK Dresden vor Ort empfangen, begrüßt und mit der Lage vertraut gemacht. Die Eigentümer und Betreiber dieses Hotels waren, nachdem sie zunächst mehrere Tage als vermisst galten, es dann aber konkrete Anhaltspunkte in großer Zahl für ein an ihnen begangenes Tötungsverbrechen gab, nach tagelangen Suchmaßnahmen ermordet aufgefunden worden.

      Das Hotel verfügte nicht nur über viele Zimmer, sondern auch über eine Bar, eine Gaststätte und einen Tanzsaal. Das gesamte Gebäude war unterkellert. Hier lagen große Mengen Lebensmittel, Spirituosen und Rauchwaren. Die Eigentümer Elsa und Paul T. hatten eine eigene Wohnung im Hotel.

      Der Leiter der MUK Dresden, Hauptmann Wolf, führte uns durch alle Räumlichkeiten. In der Wohnung der Opfer war ersichtlich, dass beide offensichtlich im Schlaf überrascht und auch getötet wurden. Das Bettzeug und auch die Bettvorleger waren massiv mit Blut behaftet. Vor der Wohnungstür endeten die deutlich erkennbaren, mit Blut gezeichneten Schleifspuren. Der Täter hatte beide Leichen in ein unbekanntes Versteck gebracht.

      Die Durchsuchung aller Räumlichkeiten führte zunächst nicht zum Auffinden der Leichen. Aber dann waren die Einsatzkräfte auf eine unscheinbare Brettertür, etwa halb so groß wie eine normale Tür gestoßen, die an der rechten Seite der Treppe, die in den Keller führte, angebracht war. Von der Wohnung oben im Gebäude bis an die Brettertür waren keine Blutspuren vorhanden. Diese Tür war der Zugang zu einem Hausbrunnen, wie er früher in vielen Gebäuden vorhanden war. Tief unten, etwa sechs bis acht Meter tief, war Wasser zu sehen, wenn mit einer Lampe hineingeleuchtet wurde. So konnte aus dem Brunnen mit einem Eimer Wasser nach oben gezogen werden. Eine Spindel war nicht vorhanden.

      Bei der Durchsuchung des Gebäudes hatte man zwar die Tür geöffnet und hineingeleuchtet, aber nur die Wasseroberfläche gesehen. Da die Durchsuchung des Hotels keine Anhalte bot, wo beide Leichen sein konnten, wurde mit Einsatzkräften der Feuerwehr der Brunnenschacht unterhalb der Wasserfläche untersucht. Es hatte sich herausgestellt, dass etwa einen halben Meter unter der Wasseroberfläche ein Holzgitter vorhanden war. Dort fanden sich schließlich die beiden Leichen, deren Bergung dann eine komplizierte Aktion erforderlich machte. Die Leichen hatten das Holzgitter zertrümmert und die Holzteile hatten sich dabei in die Körper gebohrt.

      Nach mehreren Stunden schwerster Arbeit hatte die Feuerwehr endlich die Leichen geborgen. Bei der sofort erfolgten Besichtigung wurde erkannt, dass beide Opfer offensichtlich mit einem hammerähnlichen Werkzeug durch viele Schläge auf den Kopf getötet worden waren.

      So schwierig die Bergung der Leichen war, so wichtig war dieser Brunnen als Hinweisgeber auf den unbekannten Mörder: Er musste mit den Örtlichkeiten des Hotels sehr vertraut sein. Ein zufällig handelnder Mörder hätte diesen Brunnen nicht gekannt.

      Aber hier begannen auch schon die Schwierigkeiten der Aufklärung. Jeder Kellner oder jeder Lieferant von Lebensmitteln oder Getränken, die im Keller lagerten, konnte Kenntnis vom Brunnen haben. In zweiter Reihe natürlich jede Kontaktperson des Personals oder der Zulieferer. Die Vorbesitzer schieden aus biologischen Gründen aus. Natürlich war denkbar, dass auch mancher Besucher des Hotels oder der Gaststätte irgendwie Kenntnis über den Brunnen erlangt haben könnte.

      Hauptmann Wolf, der MUK-Leiter aus Dresden, bat uns, gemeinsam mit ihm und seinem Techniker jeden Raum des Hauses, jeden Einrichtungsgegenstand zu besichtigen, um daktyloskopische Spuren (Finger- oder Handabdrücke) zu finden.

      Und wir hatten Glück: In der Bar und am Tresen in der Gaststätte fanden wir mehrere Tassen mit in Blut gegriffenen Fingerabdrücken. Diese waren teilweise verwischt, aber viele waren ganz klar. Wir vermuteten, dass der Täter seine Handschuhe ausgezogen haben könnte, um in die Tassen zu greifen. Wie wir später erfuhren, handelte es sich dabei um die Tassen, in denen die Kellner Trinkgelder sammelten. Wie viele derartige in Blut gegriffene Spuren wir fanden, weiß ich nicht mehr. Es waren mehrere in ausgezeichneter Qualität dabei.

      Nun musste nur noch der Spurenverursacher gefunden werden. Wir führten Befragungen der Einwohner in der Stadt durch. Dabei erhielten wir einen Hinweis einer Versicherungsvermittlerin, wonach ein gewisser Klaus S. nach dem Mord eine größere Summe bei ihr eingezahlt hatte.

      Er war der Spurenverursacher. Natürlich bestritt er die Tat, seine Ehefrau gab ihm ein Alibi, das sie jedoch später widerrief. Auch zu den vielen Flaschen mit Spirituosen und den großen Mengen an Zigaretten und Zigarren konnte er keine glaubhaften Angaben machen. Aber er war zweifelsfrei der Spurenverursacher. Wir fanden bei der Hausdurchsuchung in seiner Wohnung auch gewaschene, aber immer noch mit Blut befleckte Männerkleidung.

      Wir übergaben unsere Beweismittel der Staatsanwaltschaft und nach einem Indizienprozess wurde er zum Tode verurteilt und am 14. Dezember 1965 hingerichtet.

      Bereits am 18. Dezember 1964 waren der Leiter der MUK Dresden, Hauptmann Wolf, sein Kriminaltechniker Major Schaarschmidt, der Leiter der MUK Halle, Hauptmann Grothe und ich durch den Befehl des Ministers des Innern 27/64 mit Geldprämien ausgezeichnet worden.

      Im Befehl hieß es:

      »Die Aufklärung dieses Verbrechens ist von besonderer Bedeutung, da durch vorbildliche Anwendung aller kriminalistischen und kriminaltechnischen Mittel und Methoden und durch vorbildliche Einbeziehung der Werktätigen eine solche wissenschaftliche Beweisführung erfolgte, dass auch ohne Geständnis des Täters eine einwandfreie Überführung erfolgen konnte.«

      Aus diesem Einsatz heraus wurde bei uns die Idee geboren, eine nicht-strukturmäßige erweiterte Morduntersuchungskommission zu schaffen, um bei komplizierten Morduntersuchungen sofort und ohne Zeitverzug eine gewisse Anzahl befähigter Kriminalisten mit ihrer Technik zum Einsatz bringen zu können. Diese Idee setzte sich durch, wurde durch die dienstlichen Leiter bestätigt und wird noch heute in bestimmten Bundesländern in der Praxis angewendet.

      Wir haben im Bezirk Halle eine solche Organisationsstruktur geschaffen, die es ermöglichte, auf Befehl des Leiters der Kriminalpolizei sofort 20 Kriminalisten als erweiterte MUK unter Leitung des MUK-Leiters zum Einsatz zu bringen.

      Unfall mit Todesfolge beim Seitensprung

      Einmal in 1962, ich war erst wenige Monate bei der MUK und kannte die meisten Angehörigen der Abteilung Kriminalpolizei in der Bezirksbehörde nur vom Sehen, war ich gerade in unserem Dienstzimmer angekommen, als die Sekretärin des K-Leiters mit hochrotem Gesicht hereingestürzt kam: »Helmut, Hans, sofort zum K-Leiter!« Es musste etwas ganz Ungewöhnliches geschehen sein, so hatte ich sie noch niemals gesehen.

      »Hauptmann Grothe, Sie fahren sofort nach Sangerhausen. Die Produktion steht, übernehmen Sie alles und bringen Sie die Produktion wieder in Gang.« So fuhren wir dann nach Sangerhausen. Kriminalmeister Dehn am Steuer, Oberleutnant Hecht als Kriminaltechniker und wir zwei. Unterwegs rätselten wir, was denn wohl geschehen sein könnte, das unsere Anwesenheit so wichtig machte, uns, die MUK, die ja sonst mit der Produktion nichts zu tun hatte. Es war Herbst und das Wetter entsprechend kalt und regnerisch. Wir wussten aber, dass

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