Die Gentlemen-Gangster. Manfred Bomm

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Die Gentlemen-Gangster - Manfred Bomm

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engagierte Organisator der Vogesen-Exkursionen gewesen, doch an diesem Vormittag ließ er gleich gar kein Gespräch über die geplante Reise aufkommen. »Das können wir später in Ruhe besprechen. Wir haben noch Zeit. Jetzt ist März, und wir planen für September«, sagte er und wiederholte dies sinngemäß mehrere Male.

      Sander gab sich damit zufrieden und dachte, dass die beiden heute wohl dienstlich unter Druck stünden. Er verabschiedete sich deshalb schnell und trat in den dunklen und engen Vorraum der Wache hinaus. Dass dort mehr Uniformierte standen als üblich und dass deren Gespräche kurz verstummten, als er an ihnen vorbei zur Ausgangstür ging, kam ihm erst Stunden später seltsam vor.

      Dass er soeben hautnah an der größten Geschichte seines Journalistenlebens dran gewesen war, hatte er nicht ahnen können.

      12

      Es war kurz nach 10 Uhr, als Walser und Geiger in der Chefetage der Kreissparkasse eintrafen und sofort von Sekretärin Rüger in das Büro des Direktors geführt wurden. Die beiden Polizeibeamten, der eine uniformiert, der andere in Zivil, blickten auf vier erschöpft wirkende Männer. Seifritz saß kreidebleich hinter dem Schreibtisch, sein Vize und Landrat Doktor Paul Goes waren von ihren Plätzen auf der Polstergruppe aufgestanden. Auch Lackner, der hinzugerufen worden war, hatte sich erhoben, die zitternden Knie spürend.

      Die Atmosphäre frostig, die Begrüßung kurz und knapp. Der Landrat, ein quirliger schlanker Mann, in Ehren ergraut, bot den Beamten mit einer Handbewegung freie Plätze auf Ledersesseln an, und als sich alle gesetzt hatten, sah er sich veranlasst, die Gesprächsführung zu übernehmen. Walser und Geiger lauschten gespannt den Schilderungen und erfuhren, dass die Geiselnehmer inzwischen spurlos verschwunden waren, es aber von Seifritz’ Tochter noch kein Lebenszeichen gab.

      Dann versuchte Seifritz selbst, die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Stunden chronologisch darzulegen, immer wieder unterbrochen durch den Hinweis, doch nur aus Sorge um seine Tochter gehandelt zu haben.

      Die beiden Polizisten hielten sich mit Nachfragen zurück, um dem völlig erschöpften Bankdirektor ausreichend Gelegenheit zu geben, sich alles von der Seele reden zu können, was ihn bedrückte. Schließlich aber versuchten sie einfühlsam, Details zu den Tätern zu erfahren: Aussehen, Sprache, Kleidung. »Die haben sich unkenntlich gemacht«, stellte Seifritz fest. Lackner ergänzte: »Falsche Bärte, vermutlich Perücken. Und dann die Sonnenbrillen.«

      Walser resümierte, dass es offenbar so gut wie keine konkreten Ansatzpunkte für eine Fahndung gab. Solange auch der zur Flucht benutzte Mercedes des Sparkassendirektors nicht gefunden wurde, würde man sich mit den Ermittlungen äußerst schwer tun. Außerdem war ohnehin noch Zurückhaltung geboten. Zwar hatte sich Seifritz minutiös an die Bedingung gehalten, nicht vor 10 Uhr die Polizei zu verständen, aber Marion hatte sich bislang nicht gemeldet.

      13

      Marion stand einige Sekunden lang tief durchatmend vor der Hütte am Waldrand. Für einen Moment verspürte sie unendliche Erleichterung, doch dann befiel sie wieder die dumpfe Sorge um ihren Vater.

      Das Tageslicht blendete sie, und die bewaldeten Hänge verschafften ihr Gewissheit darüber, wo sie sich befand: irgendwo im Remstal, das sich vom Großraum Stuttgart in Richtung Aalen zog.

      Sie erinnerte sich, heute Früh in der Dunkelheit das Streulicht eines Ortes wahrgenommen zu haben. Vielleicht Schorndorf.

      Weil ihre Beine vom langen regungslosen Sitzen schmerzten, wirkten ihre Schritte unbeholfen. Als würde sie vom Unterbewusstsein vor etwas gewarnt, blieb sie sofort wieder stehen, um sich prüfend umzusehen. Doch da war niemand. Auch der Mann nicht, der erst vor wenigen Minuten verschwunden war. Aber die dichten Obstbaumreihen versperrten die Sicht.

      Am unteren Ende wurde die steil abfallende Wiese von einem Feldweg begrenzt, der sich durch diese Streuobstwiesenlandschaft weiter abwärts schlängelte.

      Marion wollte so schnell wie möglich weg, beschleunigte deshalb ihre Schritte, auch wenn die Füße wehtaten, aber jetzt beflügelt von dem Gedanken, ihrem Vater berichten zu können, dass alles ein gutes Ende genommen habe. Hoffentlich für ihn auch, flehte sie. Sie begann zu rennen, obwohl sie die nach vorne gefesselten Hände in der Bewegungsfreiheit behinderten.

      Als drei Personen auftauchten, die ihr entgegenkamen, stoppte sie abrupt ihren Lauf, weil ihr ein Gedanke durch den Kopf schoss: Komplizen der Gangster?

      Augenblicke später fiel ihr ein tonnenschwer Stein vom Herzen: Dem Äußeren nach zu urteilen, waren es wohl harmlose Spaziergänger. Aus Scham, sich als Opfer eines Verbrechens zu erkennen geben zu müssen, ließ sie ihre gefesselten Hände unter der Jacke verschwinden und erkundigte sich nach einer Telefonzelle, ohne in diesem Augenblick dran zu denken, dass sie gar kein Geld bei sich hatte. Doch die Schilderungen der Angesprochenen waren ohnehin wirr und ließen noch eine weite Wegstrecke befürchten, weshalb sie sich bedankte und einfach weiterging. Sie ignorierte die kritischen Blicke und nahm ihren Spurt wieder auf. Als zwischen den Obstbäumen die ersten Häuser in Sicht kamen, war sie fest entschlossen, dort irgendwo zu klingeln, um möglichst schnell telefonieren zu können. Doch in dem Neubaugebiet schien vormittags niemand daheim zu sein. Sie ging von Haus zu Haus, las das Straßenschild »Konnenbergstraße« und war sich noch immer nicht im Klaren, in welcher Gemeinde sie sich befand.

      An zwei Häusern hatte niemand geöffnet, auch die Sprechanlagen waren stumm geblieben. Erst beim dritten Gebäude hörte sie gleich nach dem Klingeln Schritte hinter der Tür. Sie verbarg ihre gefesselten Hände, weil sie niemanden erschrecken wollte. Als geöffnet wurde, versuchte sie, einer verdutzten Frau so ruhig wie möglich zu erklären, dass sie entführt worden sei und dringend telefonieren müsse.

      Die Angesprochene war von diesen Worten und dem verstörten Verhalten der jungen Frau völlig entgeistert, zögerte für einen Moment und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Sie deutete irritiert auf das Telefon, das in der Diele auf einer Kommode stand. Marion ging dankend dorthin, blieb aber beim Telefon mit dem Rücken zu der Frau stehen, damit diese nicht sehen konnte, wie sie sich mit gefesselten Händen zitternd abmühte, die Wählscheibe für die Durchwahlnummer zum Büro ihres Vaters zu drehen.

      Die Hausbewohnerin war langsam in einen der Räume zurückgegangen, wo zwei Freundinnen, mit denen sie Kaffee getrunken hatte, bereits über die merkwürdige Besucherin rätselten.

      Während sich die Telefonverbindung nach Göppingen aufbaute, wurde sich Marion bewusst, dass sie ihrem Vater ihren Aufenthaltsort gar nicht würde nennen können. Sie rief deshalb in Richtung des Zimmers: »Entschuldigung, wo bin ich überhaupt?«

      »In Schorndorf, Konnenbergstraße«, kam es zurück.

      Es vergingen endlose bange Sekunden, bis sich ihr Vater meldete und sie ihm dies mitteilen konnte.

      14

      Die kurze Ratlosigkeit, die sich unter den Männern in Seifritz’ Büro breitgemacht hatte, wurde von Chefsekretärin Rüger unterbrochen, die den Direktor ins Vorzimmer rief. Ein wichtiger Anruf, hatte sie gesagt.

      Walser und Geiger verfolgten wortlos, wie Seifritz nach draußen ging. Auch Landrat Doktor Goes und der Direktionsvize schwiegen. Lackner hatte sich ohnehin die meiste Zeit zurückgehalten. Bange Minuten verstrichen, bis Seifritz tief durchatmend wieder erschien: »Meine Tochter ist frei.«

      Er fühlte sich von der bleiernen Last befreit und endlich an keine Abmachungen mehr gebunden. Ausgelaugt sank er in seinen Bürosessel.

      Noch immer fiel es ihm schwer, für das Schreckliche

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