Emmentaler Alpträume. Paul Lascaux

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Emmentaler Alpträume - Paul Lascaux

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glaube nicht, dass diese Täler infrage kommen«, überlegte Heinrich, »denn es muss einen Grund geben, warum man Nicole dort abgelegt hat, wo man sie gefunden hat. Der Täter wollte nicht gesehen werden, also wird er kaum durch größere Dörfer gefahren sein, denn selbst dort gibt es irgendwo eine Überwachungskamera, die auf die Straßen oder ein Gebäude gerichtet ist. Das Risiko, erkannt zu werden, wird er nicht eingegangen sein.«

      Phoebe merkte an: »Das ganze Gebiet sieht von oben aus wie ein großer Kessel mit zwei Seitenarmen und vielen Nebentälern, die von Bächen im Laufe der Zeit gegraben wurden. Hornbach steht zuoberst auf der Prioritätenliste.«

      Gwendolin hatte weiter recherchiert. »Gehört alles zur Gemeinde Sumiswald, mit fünftausendneunhundertdreiunddreißig Hektaren eine der größten im Kanton Bern. Rund fünftausend Einwohner. Liegt auf siebenhundert Metern an der Grünen, gespeist von Hornbach, Churzeneibach und Griesbach, fließt in Ramsei in die Emme. Leicht erhöht steht das Schloss Sumiswald, und die um 1510 vom Deutschritterorden erbaute Kirche hat einen markanten Käsbissenturm …«, sie stockte, »was auch immer das ist.«

      »Wer misst denn noch in Hektaren?«, fragte Gwendolin.

      Phoebe hatte inzwischen gegoogelt: »Käsbisse nennt man ein steiles Satteldach als Turmabschluss, vorwiegend zu finden an Kirchtürmen. Was man um euch herum alles lernt.«

      »Der Deutschritterorden sagt euch etwas?«, fragte Müller.

      »Irgendwo im Hinterstübchen klingelt’s«, antwortete Melinda. »Der spielt doch eine Rolle in Jeremias Gotthelfs Erzählung ›Die schwarze Spinne‹?«

      »Genau. Der unmenschliche Ritter zwang die Bewohner des Tals von Sumiswald, eine Allee von Bäumen zu errichten. Dabei ließen sich die Leute vom Teufel helfen. Die Deutschritter waren im Mittelalter in der Kirche Köniz auch für Bern zuständig, bis die Stadt 1276 zu einer eigenen Pfarrei erhoben wurde.«

      »Die Kinder kamen von einem Kostümfest«, sagte Nicole unvermittelt, »die Mutter hatte sie hergerichtet wie Gnomen.«

      Alle schauten sie überrascht an.

      Phoebe fragte: »Welche Kinder?«

      »Keine Ahnung. Drei Kinder mit verdreckten Kleidern und verschmierten Gesichtern.«

      »Wie sah das aus?«, fragte Melinda.

      »Na, wie Erdgeister eben aussehen: graue Kapuzenpullover, braune Baumwollhosen, farblich auf den Dreck abgestimmt, der überall an ihnen klebte, sogar im Gesicht.«

      Heinrich erkannte: »Das waren keine Gnomen.« Er stürzte zum PC und googelte nach den Kobalt-Minen im Kongo. Es erschienen Fotos von Kindern, die einem schmalen Erdschacht entstiegen, ausgemergelte Jungs in Lumpen und voller Dreck. Müller drehte den Bildschirm: »Sahen die Kinder etwa so aus?«

      »Ähnlich«, sagte Nicole, »einfach anders bekleidet.«

      »Sie graben im Emmental, da ist es kälter«, sagte der Detektiv.

      »Du meinst, die kommen aus einer Mine?«, fragte Phoebe. »Wie die sieben Zwerge aus dem Märchen?«

      »Sieht so aus«, brummte Heinrich. »Vielleicht finden wir die Mine und das, was sie dort rausholen.«

      »Und Schneewittchen«, sagte Gwendolin, »ist die Profiteurin.«

      Melinda meinte: »Immerhin ein Ansatz. Wenn jemand irgendwo gräbt, dann wird das jemand anderem aufgefallen sein.«

      Phoebe dämpfte die Euphorie: »Was, wenn sie einfach nur im Schlamm ausgerutscht oder in einen Bach gefallen sind? Bäche gibt es ja genug.«

      »Und Höhlen?«, fragte Gwendolin, die nicht locker ließ.

      Heinrich sagte: »Soviel ich weiß, besteht das Napfgebiet hauptsächlich aus Nagelfluh. Ungeeignet für Höhlen, die würden einstürzen. Von Minen habe ich auch noch nie gehört. Und das wenige Gold wird aus den Bächen gewaschen. Höhlen gibt es vor allem in Karstgegenden, da muss man allerdings bis zur Schrattenfluh fahren, dort existieren ausgedehnte Höhlensysteme wie auch auf der gegen den Thunersee hin abfallenden Niederhorn-Region. Alles zu weit weg.«

      Donnerstag, 16.5.2019

      Mit überraschender Dringlichkeit hatte Markus Forrer den Detektiv in sein karges Büro der Police Bern am Nordring in der Lorraine bestellt.

      »Haben wir einen Notfall?«, wollte Heinrich Müller wissen, als er sich in den Bürostuhl dem Kommissar gegenüber gesetzt hatte.

      »Gewissermaßen«, sagte dieser und legte einen einfachen goldenen Ring auf das Pult.

      »Ein Ehering«, erkannte der Detektiv, als er ihn in die Hand nahm. »Mit der Inschrift ›Kathrin & Rudolf für immer‹. Und? Wer sind die beiden Glücklichen?«

      »Keine Ahnung«, sagte Forrer. »Ich weiß noch nicht einmal, wie alt der Ring ist.«

      »Woher stammt der Schmuck?«

      »Jetzt, da du fragst …«, neckte Markus. »Spannende Geschichte. Sie beginnt letzten Sonntag, am zwölften Mai. Ein Mann langweilt sich.«

      »Gegen die Langeweile gibt es Hobbys?«, mutmaßte Müller.

      »Genau. Und dieser Mann, dessen Name für einmal nichts zur Sache tut, hat eine exklusive Freizeitbeschäftigung. Er besitzt einen Metalldetektor. Und weil er sich verpflichtet hat, seine Funde zu melden, hat er sogar eine behördliche Genehmigung.«

      »Nun gut«, sagte Heinrich. »Ein alter Ehering wird die Behörden nicht interessieren, schon gar nicht, wenn der Besitzer nicht bekannt ist. Geht es um die Fundstelle?«

      Der Kommissar meinte: »Nicht so ungeduldig. Der in Konolfingen wohnhafte Mann mag die Hügellandschaft um seinen Wohnort herum, weil er sich auf diese Weise genügend Bewegung verschaffen kann. Ein Bauer hat einen abschüssigen Hang frisch gemäht und den Sondengeher angerufen, sodass er nun seinem Hobby nachgehen kann, was mit etwas Glück beiden zugutekommen würde, denn den Gewinn aus einem Fund würde er mit dem Grundbesitzer teilen. Das ist die Abmachung, von der man nur bei archäologisch wertvollen Artefakten abweichen muss. So steigt er ins Auto und fährt nach Linden. Er parkt den Wagen bei der Reformierten Kirche, geht zu Fuß nach Reckiwil und sucht von dort aus die Abhänge des Grossgrabens ab. Nach zwei Stunden und einer Sammlung alter Kronkorken und rostiger Nägel von Weidezäunen: Bingo! Ein Ring aus echtem Gold.«

      Forrer machte eine Kunstpause.

      »Dumm nur, dass aus dem Ring ein Knochen kullert. Als der Mann ein wenig Erdreich aushebt, wird daraus eine ganze Hand.«

      »Und jetzt kommt die Police Bern ins Spiel?«

      »Leider nein. Nach seiner Gewohnheit markiert der Mann den Fundort, informiert den Bauern, dem das Gelände gehört, fährt nach Hause und benachrichtigt am nächsten Morgen den Archäologischen Dienst.«

      Der Detektiv brummte: »Klassische Fehleinschätzung.«

      »Wie auch immer. Die schicken ein Team, das am Nachmittag das Gelände weiträumig absperrt und mit der akribischen Ausgrabung beginnt.

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