Mord à la carte in Schwabing. Jörg Lösel

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Mord à la carte in Schwabing - Jörg Lösel

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Fernsehern der gesamten Republik zu sehen sein, wie er den Fall kommentierte? – Genauso wie die Reporter, die in der Tagesschau oder den heute-Sendungen die Zuschauer über die Geschehnisse des Tages informieren?, ging es Tom durch den Kopf.

      »Ich probier’s!«, sagte er. »Wir haben das auf der Journalistenschule geübt, aber ich brauch etwas Zeit, um mir einen Text zu überlegen.«

      Im Schneideraum sah sich Tom das gedrehte Material und seine Versuche an, ein Statement im On zustande zu bringen. Auf dem Chip der Kamera war jede Zuckung in seinem Gesicht, jedes Flackern im Blick und jedes nicht klar artikulierte Wort unveränderbar gespeichert. Tom ahnte, dass die Sache mit seinem ersten Fernsehbericht nicht wirklich gut laufen würde. Er sollte einen 30 Sekunden langen Nachrichtenfilm produzieren sowie einen Zwei-Minüter als Bericht. Für Letzteren reichte aber sein Material kaum, obwohl der Cutter manche Schnittbilder etwas langsamer laufen ließ. Mit ihm hatte er alle Aufsager-Versuche durchgesehen, aber da war nur eine Version dabei, bei der Tom sich nicht versprochen oder die er nicht abgebrochen hatte. Allerdings sah er dabei nicht direkt in die Kamera, weil er von einem Zettel ein Stück unter dem Objektiv abgelesen hatte.

      Tom war auf sich allein gestellt, Karen hatten sie auf ihren Wunsch hin ins Schwabinger Krankenhaus gebracht, Eike versorgte ihn ab und an mit Meldungen der Presseagenturen zu dem Fall, aber er musste seinen Bericht alleine stemmen. Immerhin hatte er darauf bestanden, dass das Team noch am Odeon vorbeigefahren und ein paar Schnittbilder gedreht hatte. Er hätte im Text noch viel mehr erzählen können, doch dafür reichten die Aufnahmen nicht aus.

      Es folgte die Abnahme durch Neuwirt, der Beitrag sollte in 45 Minuten über den Sender gehen und war noch immer nicht gesprochen.

      »So läuft das nicht!«, waren Neuwirts erste Worte, nachdem er Toms Film gesehen und seinen Textvorschlag gehört hatte.

      »Das kann man reißerischer erzählen. Wo sind Bilder von Steineberg aus früheren Tagen? Und dass der Richter die Verhandlung mittags noch mal vertagt hat, haben Sie auch nicht im Bericht. Da müssen Sie umschneiden und umtexten, Herr Kollege.«

      3

      Drei Stunden später saß Tom im Atzinger und wartete auf Lisa. Die Tische des bayerischen Traditionswirtshauses waren alle besetzt – meist mit Studenten, die den Tag nach Vorlesungen in der nahen Universität mit einem oder mehreren Bieren ausklingen ließen. Das Lokal besaß einen zünftigen Charme: Stuck an den Decken, Holzverkleidung an den Wänden, der Rauch in den Pullovern der Gäste erinnerte an den Qualm in Kneipen vor dem Rauchverbot. Der Geräuschpegel lag deutlich über einer akzeptablen Zimmerlautstärke. Tom hörte nichts davon. Er hatte eine Tageszeitung vor sich liegen, starrte auf das Papier, aber er las keine Zeile.

      Es war gerade noch gut gegangen, Neuwirt hatte die beiden Filme abgenickt, nachdem Tom sie geändert hatte, und sie waren dann im Programm von TV 1 gelaufen. Kurz vor der Ausstrahlung hatte Tom seine Eltern angerufen, und sie darauf aufmerksam gemacht. Er hatte etwas geleistet, worauf sie stolz sein konnten, das machte ihn zufrieden. Die Geschichte um das Zwei-Sterne-Restaurant, um Steineberg und das Rauschgift war das Thema des Tages in München. Alle Boulevardzeitungen hatten den Prozess in ihrer Abendausgabe auf der ersten Seite. Toms Name stand auf dem Bildschirm, als sein Kopf den Sachverhalt schildernd auf der Mattscheibe erschienen war: »Bericht: Tom Becker«.

      Die Einschaltquoten bei den Nachrichtensendungen von TV 1 waren gut. Vielleicht bekamen das auch die Nachbarn seiner Eltern in Vaterstetten mit. War er für die nun der große Fernsehreporter?

      Während er seinen Gedanken nachhing, tauchte plötzlich Lisa auf. »Du strahlst ja über das ganze Gesicht. Hast du im Lotto gewonnen oder was ist los?«

      »Ich hab gar nicht gemerkt, dass du reingekommen bist.«

      Lisa stand in einem petrolfarbenen Pulli mit einem blauen Schal um den Hals und einer engen Blue Jeans vor ihm, ihr Gesicht war wieder ziemlich hell gepudert, ihr Mund knallrot, aber etwas kleiner geschminkt, als er wirklich war, und in den Ohren trug sie große, silberne Creolen.

      »Du siehst umwerfend aus!«

      »Danke. Das ist nett«, sagte sie und zwinkerte ihm zu.

      Tom grinste, stand auf und küsste sie auf beide Wangen. Mit einer geschmeidigen Bewegung setzte sich Lisa ihm gegenüber an den Tisch. Sie bestellten beide ein helles Bier, Tom noch einen Teller Schinkennudeln. Lisa wollte nichts essen.

      »Weißt du was?«, platzte er heraus. »Ich habe heute über das Odeon und deinen Chef im Fernsehen berichtet. Was sagst du dazu?«

      Augenblicklich verfinsterte sich Lisas Miene. »Für uns ist das nicht so toll.«

      »Wie meinst du das?«

      »Na ja, ständig werden wir befragt – von der Polizei, vom Gesundheitsamt, von der Presse, auch von Gästen. Und wenn’s richtig blöd läuft, sind meine Kollegen und ich unsere Arbeit los.«

      Tom kratzte sich am Kopf. »Irgendjemand muss doch das Haschisch ins Essen geschmuggelt haben?«

      Auf Lisas Stirn hatten sich Sorgenfalten gebildet, ein Mundwinkel zuckte. »Jetzt hörst du dich schon an wie alle Anderen.«

      »Das fragst du dich doch auch. Hast du keine Vermutung?«

      Unwillig rümpfte sie die Nase. »Ich will da drüber nicht reden.«

      »Der Steineberg war’s doch eher nicht?«

      »Das ist Quatsch. Er würde doch nicht den Ruf seines Sterne-Restaurants ruinieren. – Aber nun ist Schluss mit dem Thema«, sagte sie energisch, ihre Hände auf dem Tisch zu Fäusten geballt, und fügte leise hinzu: »Sonst gehe ich.«

      »Sorry. Tut mir leid. Bin wohl etwas überdreht von meinem ersten Fernsehbericht.«

      Tom hatte begonnen, Bierfilze zu zerpflücken, was ihm einen bösen Kommentar der Bedienung einbrachte. Er prostete Lisa zu, sie wirkte noch immer reserviert. Als seine Schinkennudeln kamen, legte sich langsam die Spannung zwischen ihnen.

      »Magst du mal probieren? Ist sicher nicht das Niveau, das du gewöhnt bist.«

      »Ich esse nicht jeden Tag Sterne-Menüs, aber manchmal bleibt schon etwas übrig.« Lisa stieg der Geruch der heißen Teigwaren in die Nase. »Einen Bissen nehm ich gerne.«

      Tom reichte ihr Teller und Besteck, und Lisa spießte einige Spiralnudeln mit der Gabel auf und führte sie zum Mund.

      »Schmeckt ganz gut, wirklich!«

      Sie schob das Essen wieder zu Tom zurück.

      »Kann man deinen Bericht noch sehen?«

      »Er ist sicher in der Mediathek von TV 1. Mehr weiß ich auch nicht.«

      »Erzähl mal, wie macht man einen Fernsehbeitrag?«

      Tom berichtete von seinem spannenden Tag: wie aufgeregt er war, als er plötzlich einspringen musste, wie angespannt die Atmosphäre bei der Redaktionssitzung gewesen war, wie schwierig es ist, einen guten Aufsager zu machen, weil man im Bild jede mimische Kleinigkeit sieht, und auch wie stolz er auf seinen Erfolg war, als der Bericht im Fernsehen gelaufen war.

      Lisa hatte ihm aufmerksam und amüsiert über seine Begeisterung zugehört.

      »Klingt doch recht aufregend, was du erlebt hast. Jetzt

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