Spreewaldkohle. Franziska Steinhauer

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Spreewaldkohle - Franziska Steinhauer

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      »Nur, weil ich nicht aussehe wie ein Normalohausmäuschen heißt das nicht, dass ich rumhurende Männer cool finde. Eine offene Beziehung, von beiden gewollt und gelebt, okay. Aber ich weiß, dass Doreen an solch einer Ehe kein Interesse hätte. Sie steht eher auf Familienidyll.«

      »Gibt es denn Hinweise darauf, dass Herr Stein auf solche Briefe oder Transparente reagierte? Treffen mit der Dame im Backstagebereich? Oder sind Sie nur aus Verdacht so sauer auf ihn?«

      Schweigen vermehrte sich zwischen ihnen wie ein giftiger Geruch.

      »Okay, dann sage ich es Ihnen jetzt. Doreen muss das nicht erfahren, oder? Es würde ihr Glück zerstören – und nach Patricks Tod wäre das doch vollkommen sinnlos!«

      »Sie wissen, dass ich Ihnen diese Art von Geheimhaltung nicht versprechen kann. Aber der ermittelnde Hauptkommissar ist nicht an der Bloßstellung von Opfern oder Betroffenen interessiert«, versicherte Dreier.

      »Ach, im Grunde kann es mir ja auch egal sein!«, fauchte die Zeugin. »Mein Cousin ist Opfer von Patricks Sexgier geworden. Seine Frau ist die, die das Transparent hochhält. Und Patrick hat eine Wohnung zwei Häuser vom Parteibüro entfernt. Gelegentlich geht er mit Bewunderinnen auch in ein Hotel. Mein Cousin ist ihm nachgeschlichen. Nun, was er sah und von den Nachbarn hörte, entspricht genau dem, was Sie jetzt denken.«

      »Die junge Frau traf sich mit ihm, wollte sich von einem fremden Mann schwängern lassen. Erste Frage: Warum? Ist Ihr Cousin nicht zeugungsfähig? Zweite Frage: Hat es denn geklappt? Wurde sie schwanger? Und zum Schluss: Existiert die Ehe noch oder haben die beiden sich getrennt?«

      Als Friederike Schultheiß mit dem Finger an ihrem Ohr entlangstrich, klirrten die vielen Ohrringe leise.

      »Die Ehe meines Cousins war beim Abbiegen von der Hauptstraße in eine Sackgasse geraten. Sex fand wohl nur selten oder gar nicht mehr statt. Und ja. Seine Frau wurde schwanger. Und zur letzten Frage: Gucken Sie in den Computer. Mein Cousin heißt Michael Schubert.«

      »Können Sie mir bitte das Video schicken?« Silke nannte ihre Mailadresse.

      »Ich habe noch mehr solcher Veranstaltungsaufzeichnungen. Wenn Sie wollen, schicke ich Ihnen alle.«

      Während die Zeugin die Videos mit ihr teilte, checkte die Ermittlerin den Namen des Cousins im System.

      »Oh. Ich habe ihn gefunden. Er sitzt ein. Ach … wegen Mordversuchs zum Nachteil seiner Ehefrau!«

      14

      Als sie den großen, inzwischen überfüllten Raum betraten, erkannten Klapproth und Nachtigall, wie recht Dr. März gehabt hatte.

      Der Tod des jungen Politikers war das Thema schlechthin.

      »Na, das wird eine zähe Angelegenheit. Ab sofort können wir jeden Morgen Kommentare zu unserer Arbeit auf Seite eins finden! Sozusagen als Ansporn«, nörgelte Nachtigall bei einem raschen Blick über die vielen Köpfe, die dicht gedrängt versammelt waren. Gemurmel erfüllte den Raum wie Grollen.

      Dr. März flüsterte: »Sie sind ziemlich spät dran! Und sehen Sie sich das an! Alle erwarten, dass wir eine rechte Organisation ausmachen und dort einen Einzeltäter festnehmen können. Haben Sie dafür einen Anhalt gefunden?«

      Die beiden Ermittler schüttelten den Kopf.

      »Aha. Haben Sie überhaupt einen Anhalt für irgendetwas?«

      »Nun, Drohmails und Briefe mit entsprechendem Inhalt. Absender unbekannt – Computer und Laptop sind in der Technik. Beim Arbeitgeber waren wir noch gar nicht, bei der Mutter auch nicht. Unser Tag hat auch nur 24 Stunden«, gab Klapproth patzig zurück.

      »Wie meiner!«, konterte der Staatsanwalt. »Und ich muss auch noch unangenehme Anrufe entgegennehmen und Gemüter besänftigen.«

      Als sie sich hinter dem Tisch mit Mikrofonen versammelt hatten, wurde das Raunen im Raum dunkler, lauter, bedrohlicher.

      »Guten Tag, meine Damen und Herren«, begann Dr. März. »Wir wissen, dass die Öffentlichkeit großes Interesse an diesem Fall hat, deshalb werden wir Ihnen einige Ergebnisse der Ermittlungen vorstellen. Aus ermittlungstaktischen Gründen legen wir nicht alles offen, dafür haben Sie bitte Verständnis. Herr Hauptkommissar Nachtigall hat den Fall übernommen und wird Ihnen nun einen kurzen Abriss geben.«

      Das Brodeln unter den Versammelten nahm zu.

      »Wir wurden gestern Abend von der Familie darüber informiert, dass Herr Stein vom Lauftraining nicht zurückgekehrt sei. Nach dem Anschlag auf das Büro der Partei konnten wir nicht ausschließen, dass nun gezielt einer der Politiker in Gefahr geraten war. Erste Recherchen ergaben keinen Anhalt für das Vorliegen eines Verbrechens, aber auch keine, die eines hätten ausschließen können. Sein Handy wurde gefunden, er selbst jedoch nicht. Eine erste Suche mit Hunden verlief ergebnislos. In den frühen Morgenstunden wurde im Tagebau eine männliche Leiche entdeckt. Es handelt sich bei dem Toten um Patrick Stein. Weitere Untersuchungen lassen auf ein Tötungsdelikt schließen. Wir gehen, derzeitiger Stand, von Mord aus.«

      »Befragungen im Umfeld haben zu Informationen über Drohmails geführt, die das Opfer offensichtlich bekommen hat. Wir ermitteln in alle Richtungen«, ergänzte Klapproth.

      »Eine Frage: Heißt das, dass Sie auch in Richtung politisch Andersdenkender nachforschen?«, fragte eine sonore Stimme aus dem Hintergrund.

      »Wer möchte das wissen?«

      »Der Bunte Abend, Klaus Glosky.«

      »Herr Glosky, wenn wir Mails mit politisch begründeten Morddrohungen finden, ermitteln wir selbstverständlich auch in dieser Richtung. Mit politisch Andersdenkenden hat das nichts zu tun. Wir suchen einen Mörder.«

      »Ach ja? Sie wissen schon, dass mehr als 60 Prozent gerade im Osten glauben, ihre Meinung nicht mehr äußern zu können! Und man gehört automatisch zum Kreis der Verdächtigen, wenn man eine andere politische Auffassung hat als das Opfer«, polterte der Journalist weiter.

      »Nun«, mischte sich ein anderer ein. »Patrick Stein war das Gesicht für den schnellen Kohleausstieg. Könnte es sein, dass er dieser Auffassung wegen getötet wurde? Peter Plow vom Morgenspiegel.«

      »Stopp!« Dr. März hatte nicht vor, diese Pressekonferenz entgleiten zu lassen. »Bisher haben wir ein Mordopfer zu beklagen, das in der Öffentlichkeit stand. Wir werden nach politischen wie privaten Motiven suchen. Und – nur um das klarzustellen, die Meinungsfreiheit hat einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Man darf sich zu allem äußern, sei man kompetent oder nicht. Zuständig für die Grenzen ist das Gericht.«

      »Und die Sache mit der Ölmühle?«

      »Die gehört nicht hierher. Wenn Sie eine private Meinung haben, darf man Ihnen nicht verbieten, sie zu äußern, solange Sie die Form wahren. Reaktionen Einzelner auf Ihre Auffassung können unterschiedlich ausfallen. Mancher Kunde meidet dann vielleicht Ihren Laden, Ihre Produkte. Auch das ist ihm erlaubt. Ihre Meinung ist Ihre Sache, sie ist nicht allgemeingültig – Widerspruch oder veränderte Kaufentscheidungen als Folge müssen Sie ertragen.« Dr. März blieb ruhig, versuchte auf diese Weise, die Aggressivität aus den Fragen zu nehmen. »Morden dürfen Sie nicht!«

      »Noch mal Glosky. Wenn nun alle, die zum Kohleausstieg eine andere Meinung haben als Stein unter Generalverdacht

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