Spreewaldkohle. Franziska Steinhauer
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Читать онлайн книгу Spreewaldkohle - Franziska Steinhauer страница 11
»Er war ein sympathischer Typ?«
»Ja. Einer, auf den hundertprozentig Verlass war. Kein dummer Draufgänger, kein Angeber. Und für #metoo wäre er überhaupt nicht in Betracht gekommen. Er liebte seine Familie. Eigentlich fehlte bloß der Bobtail zum perfekten Bild.« Es entstand eine kurze Pause, dann setzte Kati patzig hinzu: »Aber Doreen steht eher auf Katzen.«
Nachtigall spürte, wie sich eine gewisse Erleichterung in seinem Denken Platz machte. Stein war also doch nicht nur ein funktionierendes Rad gewesen, sondern ein netter Vater mit dezidierten politischen Ansichten und einem fixierten Lebensentwurf.
»Haben Sie bei seinem Arbeitgeber nachgefragt? Wissen die überhaupt schon Bescheid? Ich weiß, dass er sich gestern noch auf ein wichtiges Kundengespräch vorbereiten wollte.«
Das Türsignal bezeugte die Ankunft einer weiteren Person.
»Das ist sicher Fritz.« Nach kräftigem Schnäuzen rief sie laut: »Wir sind hier in Patricks Büro!«
Wenig später wand sich ein Kopf um den Türrahmen.
Kahl geschoren, die Nase gepierct, der Hals offensichtlich bis weit unter das T-Shirt-Bündchen tätowiert.
»Hey! Wer ist denn der Besucher?«
»Kriminalpolizei.«
»Oha.«
»Darf ich vorstellen: Friederike Schultheiß, genannt Fritz, neben Patrick unser zweites bekanntes Gesicht. – Herr Nachtigall, Kriminalpolizei Cottbus.« Kati sprang aus dem Polster auf. »Patrick ist tot!«
»Ach – hat sich nun doch einer getraut? Glückwunsch!«
11
Silke Dreier erwartete die Kollegen im Büro.
Doch offenbar hatten die beiden ihre Ermittlungen im Umfeld des Opfers ausgeweitet, vergessen, sich bei ihr zu melden, damit sie Dr. März davon in Kenntnis setzen konnte.
Der stand nämlich ungeduldig seit einer gefühlten Ewigkeit in Silkes Büro.
»Was hatten Sie gesagt, machen die Kollegen gerade?«
»Wahrscheinlich befragen sie Zeugen. Frau Klapproth hat obendrein einen Termin bei den Kollegen wegen dieses Doppelmordes am Gräbendorfer See. Wenn sich die beiden problemlos melden könnten, hätten sie das ganz gewiss getan. Also sprechen sie gerade mit jemandem.«
»Frau Dreier, ich stelle mir eine funktionierende Kommunikation zwischen meinen Ermittlern anders vor.«
»Es ist nicht immer planbar.« Silke blieb diplomatisch.
Endlich hörte sie Schritte auf dem Gang.
»Da kommt Frau Klapproth. Herr Nachtigall wird sicher auch sofort hier sein.«
Als Maja eintrat, wurde sekundenschnell klar, dass sie mehr als zornig war.
»Dieser Jannik! Was stellt der sich vor, wer er ist! Ich kann doch nicht seiner Ermittlung wegen unsere eigene zum Stocken bringen. Arroganter Pinsel!«, schimpfte sie und hätte sicher einen derben, bildhaften Fluch angehängt, wäre nicht gerade in diesem Moment Dr. März in ihr Blickfeld geraten. »Oh, Dr. März. Kontrollbesuch bei der Kripo?«, entfuhr ihr unbedacht.
»Wenn Sie es so sehen wollen!«
»Na, wir sind alle am Fall dran. Peter ist zum Parteibüro gefahren. Ich musste eine Zeugenaussage beim Kollegen Peters machen. Silke hat in der Zwischenzeit die Hintergrundinformationen zu Patrick Stein zusammengetragen. Alles läuft«, formulierte Maja kurz, aber unmissverständlich giftig im Vortrag.
»Und bei mir häufen sich Anrufe zu diesem Fall. Bis heute Nachmittag brauchen wir Ergebnisse, die sich auf einer Pressekonferenz präsentieren lassen. Nach dem Mord an Walter Lübke sind die Leute sensibilisiert.«
»Das ist uns sehr bewusst. Und wir wissen inzwischen von Drohbriefen und entsprechenden Mails an das Opfer. Peter hat sicher Material und Computer bei der Partei zur Untersuchung mitnehmen lassen. Die Technik wird sich darum kümmern.«
Die Tür schwang auf und Nachtigall drängte in den nun überfüllten Raum.
»Oh, Dr. März. Warten Sie schon lange?«
»Lange genug! Wie also ist der Stand der Dinge?«
»Natürlich war man bei der Partei entsetzt. Aber alle wussten von den Drohungen, die das Opfer bekommen hat. Die Festplatte wird ausgewertet, die Briefe waren ursprünglich in Ordnern abgeheftet und gesammelt worden, wurden aber von ihm selbst vor einigen Monaten im Aktenvernichter geschreddert. Einige wurden an seine private Adresse geschickt, die hat er in der Regel sofort nach Erhalt vernichtet – nach Angaben der Ehefrau war er nicht wirklich beunruhigt«, fasste Nachtigall zusammen. »Sein Bruder hatte auch diesen Eindruck, die Mutter konnten wir noch nicht befragen. Eine Streife hat ihr die Todesnachricht überbracht. Die Kollegen meinen, sie sei sehr gefasst gewesen. Beinahe so, als habe sie damit gerechnet, dass ihm so was zustoßen könne.«
»Gut. Lassen Sie sich von Frau Dreier zum Hintergrund des Opfers briefen. Um 16 Uhr ist Pressekonferenz, und ich will Sie beide mit am Tisch haben. Dieser Todesfall beschäftigt die Menschen.«
»Wir wissen noch gar nicht, wie er zu Tode gekommen ist. Bisher fehlen uns Informationen zum Tatgeschehen – und wir können nicht ausschließen, dass er einen Unfall … Dr. Pankratz ist mit ihm beschäftigt?«, fragte Nachtigall nach. »Wir können ja nicht überall von Mord reden – und uns später korrigieren müssen. Oder umgekehrt.«
»Kümmern Sie sich um all diese Fragen – ab 16 Uhr wird man uns löchern.« Damit verließ der Staatsanwalt das Team, zog die Tür betont geräuschlos ins Schloss.
»So, nun wissen wir Bescheid.« Nachtigall grinste schief, zwinkerte den beiden anderen zu. »Was haben wir?«
»Ich habe die Konten überprüft. Das Haus in Branitz ist solide finanziert. Man hatte eigenes Kapital, der ergänzende Kredit von der Bank wird regelmäßig bedient, die Tilgung ist variabel, und so wird das geliehene Kapital schneller als erwartet zurückgezahlt, das Konto bleibt dennoch gut gefüllt. Patrick Stein hat eine größere Erbschaft gemacht, nachdem sein Vater verstorben und die Mutter zum Verkauf des Hauses bereit war. Die Brüder und die Mutter teilten den Erlös untereinander auf. Jeder ein Drittel, alles ruhig, alles fair. Das Opfer legte das Geld bei der Hausbank an, kaufte Gold, wählte risikoarme Anlagen für das Kapital. Er ist immer auf Nummer sicher gegangen. Es gab nie eine Anzeige gegen ihn. Das ist schon überraschend, wo man bei Politikern gern auf Verdacht von Steuerhinterziehung fantasiert, illegalen Nebeneinkünften, zu hohen Honoraren bei Vorträgen et cetera. Er war kein notorischer Raser, kein ewiger Falschparker. Unauffällig.«
»Passt zu dem, was man uns bisher über den Mann erzählt hat.« Klapproth kramte ihr Notizbuch aus der Jackentasche. »Zuverlässig, ordentlich, gut organisiert.«
»Da