Alpendöner. Willibald Spatz

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Alpendöner - Willibald Spatz

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ganz klar. Er hatte schon wenig Zeit für sie gehabt, ein bisschen viel Beruf, ein bisschen Stammtisch, ein bisschen Sport – er wollte ja nur leben. Sie auch, aber profaner als er, sie wollte Lust und Fleisch, im Prinzip hatte er dagegen auch nichts, aber es konnte nicht alles sein in einem menschlichen Leben.

      Sie hatte ihm eröffnet, dass sie ihn verlasse, und er war nicht wirklich überrascht. Freilich hatte es ihn vor Schmerz schier zerrissen, aber mehr, weil er sie lieber nach außen weiter besessen hätte, als dass ihm noch viel an ihr lag. Wenn sie meinte, dass sie ihn nicht mehr brauchte, konnte sie ihn sein lassen, sie hätten ein Arrangement finden können unter demselben Dach, viel wollte er auch nicht mehr von ihr. Aber gehen war blöd, gehen sah so aus, als ob er als Mann nichts taugte. Gehen zu einem anderen, den es auch gab, machte es noch schlimmer, aus ihm den noch größeren Versager. Diese Schande tat ihm weh, die Frau eigentlich nicht. Dazu sah er viel zu gut aus, als dass er diese Freiheit nicht amourös ausfüllen würde.

      Ein bisschen anders war es schon gekommen. Er hatte zunächst vor allem gesoffen wie ein Weltmeister nach dem Finale. Das war in Ordnung, die Kollegen akzeptierten das, war schließlich ein Schicksalsschlag, der relativ vorzeichenlos über den Kommissar hereingebrochen war. Den Damen signalisierte er damit Unbesetztheit.

      Sie hatten einen Sohn, einen Oliver. Der war gerade im besten Alter von 16, der hatte innerlich ganz schön gelitten, sich aber nichts anmerken lassen, war cool geworden. Abraham war nicht von allem begeistert, was er sich an- und mit wem er rumzog, aber insgesamt bewunderte er die Tapferkeit seines Buben, der, seit seine Mutter sie so allein gelassen hatte, immer mehr zu einem Kumpel geworden war. Sie waren eine Männer-WG, hatten am Anfang ein paar ungeschickte Versuche mit der Hausarbeit gebraucht, waren jetzt aber Herren der Lage. Oliver war, das mochte Abraham gar nicht abstreiten, ein ganz wichtiger Grund, warum es ihm nicht so beschissen ging, wie es möglich wäre nach allem. Wenn sie auf die Idee käme, ihn ihm auch noch wegzunehmen, dann hätte sie ihn auf dem Gewissen, wahrscheinlich. Aber auf die Idee war sie nicht gekommen, sie fühlte sich lieber wohl in den Armen ihres Neuen, eines Ausländers noch dazu, der sein wahres Gesicht erst zeigen musste. Auf diese seine große Stunde wartete Abraham und auf ihr Zurückkriechen, worauf er ihr mit harter Schulter antworten könnte. Solange würde der Sohn gelegentlich seinen Vater kotzend auf der Toilette vorfinden, ihm die Haare aus dem Gesicht streichen, den Mund putzen, ihn in den Schlafanzug stecken und ins Bett helfen. Und der Vater würde dasselbe für seinen Sohn tun, und die Mutter dürfte von nichts wissen, denn sonst würde ihre schöne Einsame-Wolf-Zeit vorbei sein, und sie würden wieder Vernunft annehmen müssen.

      Von Tina wusste er nicht allzu viel, außer dass jeder männliche Kollege für sie schwärmte. Auch er, aber er hatte sich, als er noch fest gebunden war, dafür geschämt, der Fremden, die nicht seine war, auf den Hintern zu schauen. Die Kollegen waren da nicht so streng mit sich, sollten die machen, was sie wollten. Jetzt durfte auch Abraham ungeniert stieren, jeder wusste das, selbstverständlich auch Tina, und deshalb konnte es kein Zufall sein, dass sie ihm noch einen verhuschten Blick schenkte, als sie sich setzte mit zwei neuen Ordnern.

      Viel hatte er heute noch nicht gemacht, nicht weil er verkatert war – er soff nicht mehr so viel wie kurz nach der Trennung –, aber es gab nicht viel. Sein Kollege Inspektor Trimalchio war mal da gewesen, sie hatten über den Müll geredet, weil die Stadt eine Verordnung erlassen hatte, die Müll-Trennungssünder strenger zu kon­trollieren. Sie hatten sich überlegt, wie sie das organisieren könnten. Sie hatten sich aufgeregt, dass immer mehr von ihnen verlangt, aber immer weniger Personal und Geld ihnen zugebilligt werde. Kleinbürgerkram. Er mochte Inspektor Trimalchio – gleiche Wellenlänge.

      Er würde jetzt aufstehen und Tina einladen, egal wozu, Mittagspause, Kaffee, Eis oder Drink nach dem Dienst oder abends richtig. Sie würde nicht Nein sagen können bei den vielen Optionen, die er ihr böte, sie würde bekommen, was sie wollte. Dachte Abraham.

      Mit »Servus, Tina« ging er sie an.

      »Ja?«

      »Hast du es streng heute?«

      »Geht so.«

      »Weißt du, ob noch Kaffee da ist?«, fragte Bruno Abraham.

      »Alles ausgetrunken.« Das wusste Bruno, deshalb hatte er so blöd gefragt, jetzt würde sie gleich fragen: »Soll ich noch einen machen?«, und er könnte sie einladen.

      »Nein, nicht nötig. Aber Lust hätte ich schon. Hast du auch? Wir könnten rausgehen. Ich lad dich ein.«

      »Du mich? Wieso?«

      »Weil’s meine Idee war. Rausgehen und Kaffeetrinken.«

      »Okay, aber ich kann uns hier einen machen.«

      »Das ist eigentlich nicht deine Aufgabe.«

      »Nein, ich mach’s nebenbei, das lenkt mich nicht ab.«

      »Was würde dich denn ablenken?«

      »Hm? – Was würde mich ablenken? Wenn hier den ganzen Tag ein Fernseher liefe.«

      »Ein Fernseher?«

      »Ja, das würde mich ablenken.«

      »Weißt du, was mich ablenkt?«

      »Was?«

      »Deine Beine.«

      »Hab ich das Falsche an?«

      »Im Gegenteil: genau das Richtige. Wenn deine Beine nicht wären, könnte ich diesen Job schon lange nicht mehr machen.«

      »Oh.«

      »Macht dir deine Arbeit hier Spaß?«, fragte Bruno, weil er selbstbewusster wurde, da sie mit ihm redete.

      »Schon.«

      »Warum?«

      »Heute willst du es aber sehr genau wissen.«

      »Ich interessier mich für dich. Das ist doch schön. Oder?«

      »Freilich. Also, ich finde meine Arbeit hier schön, weil hier kein Massenbetrieb herrscht, weil man sich hier noch füreinander interessiert.«

      »Im Ernst.«

      »Ich mag die Leute hier, ich mag die Arbeit im Büro, sie ist übersichtlich und doch nicht eintönig, die Fälle und so weiter, dahinter stecken Menschen, Schicksale und ich bin da dran, nah. Verstehst du?«

      »Ja, ich bin näher.«

      »Weiß ich, aber das wollte ich schon nicht mehr, weil ich Angst hätte, ich nähme davon zu viel mit nach Haus. Im Kopf. Ich denke, damit hast du kein Problem.«

      »Nein, das verstehe ich unter Professionalität, die Dinge hier nicht zu nah an mich ranzulassen, obwohl sie sich manchmal sehr aufdrängen. Im Moment habe ich das Problem eher andersrum.«

      »Andersrum?«

      »Die Dinge daheim drängen in meine Arbeit. Das ist schwerer wegzuhalten. Wie sieht’s bei dir daheim aus? Das würd ich gern wissen. Mensch, würd ich das gern wissen.«

      »Da drückt nichts.«

      »Bei mir schon. Weißt du, dass mir die Frau weg ist, dass sie mich verlassen hat? Ich bin einsam. Warst du schon mal einsam? Ich glaub’s nicht, wenn ich dich so anschau.«

      »Allein

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