Alpendöner. Willibald Spatz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Alpendöner - Willibald Spatz страница 9

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Alpendöner - Willibald Spatz

Скачать книгу

ich bin nicht gern angebunden.«

      »Ich genieße das, klar, mal zu lassen, was ich will und zu tun auch. Aber irgendwann drückt es, vor allem, wenn du es ein Leben lang zuvor nicht gewohnt warst. Ich war nie einsam. Alle wollten immer nur mich. Ich weiß gar nicht, was sie alle an mir finden. Aber irgendwas muss dran sein an mir, sonst würden sie es nicht alle versuchen. Versuch’s doch auch mal, oder kostet es dich was?«

      »Was sollte es mich kosten?«

      »Wartet jemand daheim auf dich?«

      »Du willst es heute sehr genau wissen.«

      »Ja, will ich, ich geb zu, dass ich dich gern anschau, dass ich mir das erlaube, seit ich das darf und nun will ich, dass du es mir auch erlaubst.«

      »Du darfst schauen, soviel du willst und solange du nur mit den Augen schaust, gefällt es mir sogar, geb ich zu. Und mit den Händen, da schaut man nicht. Davon haben wir nicht gesprochen.«

      »Noch nicht. Gehst du jetzt mit?«

      Er musste allein gehen, er ging dennoch und fühlte sich nicht schlecht dabei. Er war vorangekommen und er würde es weiter probieren, bis der Tag vorbei war. Er spürte, dass die Frau nicht aus Granit gebaut war und er wollte spüren, woraus sie tatsächlich gebaut war.

      *

      Über den ersten Eindruck konnte Birne Seiten füllen, weil er einer war, der sich an der Platte immer wieder verbrannt hatte, es immer wieder versucht hatte, seinen Vorurteilen nicht zu glauben und dann so bitter enttäuscht wurde. So oft. Birne verstand was vom ersten Eindruck, wie wichtig er war, dass man ihm traute, auch wenn es nach einer Weile oder zwischendrin mal anders aussehen konnte: Der erste Eindruck ist wichtig. Hatte Birne gelernt, so oft und bitterlich.

      Menschen verändern sich, freilich, manchmal ist einer auch wirklich besser, als man gedacht hätte, als man ihn zum ersten Mal eine Zigarette hat anzünden sehen, aber wenn man einen von Anfang an abgrundtief hasst und nicht nur, weil er einen an jemanden erinnert, der ihm die erste oder zweite Freundin ausgespannt hatte, dann ist da was dran.

      Birne hatte sich Gedanken über das neue Leben gemacht, hatte sich gedacht, dass es inkonsequent wäre, wenn man schon ein neues Leben anfinge, nicht auch Dinge anzurühren, in deren Nähe man sich im alten Leben gar nie gesehen hätte.

      Birne hatte beschlossen, ein Fitnessstudio zu besuchen. Das machte man hier so, keiner fand was dabei; Freunde hatte er hier, so gesehen und beim besten Willen, noch keine, also konnte man es darauf ankommen lassen. Der Spaß war nicht billig, und Birne war schon dagegen, dafür so viel zu zahlen, das hätte er mit echter Körperarbeit um einiges billiger haben können, aber ranlangen – apropos – ließ ihn ja niemand. Das war, wenn man streng hinschaute, auch der Grund, warum er hier war – in der Stadt und auch in dem verfluchten Studio.

      Die waren alle viel schöner, als er sein wollte, alle hier nicht zum ersten Mal und Birne musste sich daran erinnern, dass er gezahlt hatte, wie sie alle, um hier sein zu dürfen, und deshalb auch ein Recht hatte, auch wenn er nicht so schön war. Außerdem: Was heißt schön?

      Der Tag war dumm gelaufen, er hatte praktisch bei seinem Chef verschissen. Birne hatte früh am Morgen sein Haus verlassen, um zu schießen. Er war, ohne zu schießen, in sein Büro gegangen, hatte einen gewöhnlichen Tag verlebt und ihn mit einer Katastrophe abgeschlossen. Vollsaufen wäre konsequent und für jedermann nachvollziehbar gewesen. Birne wäre am nächsten Tag, nach Hustenbonbon und Jägermeister riechend, einen Tropfen zu spät erschienen, hätte damit seinen Kredit vollends verzockt, wäre geflogen, hätte das neue Leben nach einer Woche abgebrochen, wieder ein neues angefangen, hätte sich kurz gefragt, ob das den Rest jetzt so weiterginge, dass man mehr anfängt als führt. Und so weiter.

      »Das musst du nicht so ernst nehmen«, hatte Werner gesagt, als sie draußen waren.

      »Ist der immer so?«

      »Eigentlich nicht.«

      Werner meinte es ehrlich gut mit ihm. Birne spürte das, Birne war so etwas auch wichtiger als der Job und die Karriere, die konnte er immer noch machen, aber zwischenmenschlich musste es passen, sonst ging einem da oben irgendwann die Luft aus und es würde dich zusammenhauen und runterziehen.

      »Ich hab mir gedacht, ich bring ihm morgen Ferrero Rocher mit und entschuldige mich in aller Form.«

      »Der alte Sekretärinnen-Umwickler. Der Mann versteht was von den Menschen. Gute Idee.«

      Birne hätte gerne gewusst, wie ernst Werner das meinte, hatte sich aber nicht zu fragen getraut. Sie waren nach wenigen Metern getrennte Heimwege gegangen. Birne war gar nicht so schlechter Laune, wie er gedacht hatte. Er hatte sich aus dem Supermarkt ein Weizen mitgenommen und, nachdem das weg war, beschlossen, es mit dem Studio zu versuchen.

      Birne hatte gedacht: Nichts. So billig bin ich nimmer, mach nicht mehr, was am nächsten liegt, den Tag vollends versaufen, sondern erst, was das dritte oder vierte ist, wo­rauf einer jetzt gekommen wäre. Er hatte seinen Geldbeutel gepackt und war los zum Studio, hatte den Preis für ein Vierteljahr hingelegt, gerade um sich für die Schweinerei auf dem Anzug des Chefs zu strafen: Wenn die nämlich Konsequenzen hätte, wären die Euro fürs Studio auch für den Arsch. Innerlich hatte Birne also schon gebüßt. Wusste der Chef natürlich nicht, mit dem Selbstbewusstsein konnte ihm Birne aber morgen begegnen. Mit dem Selbstbewusstsein und vor allem ohne Alkohol im Geruch. Birne lachte über die doppelte Fliege.

      Er hatte ein Handtuch und einen Haustrainings­anzug mitgenommen, den er gern anzog, wenn er in den Fernseher schaute – wenn er in den Fernseher schaute. Der Anzug stank noch nicht, obwohl er ihn zwei Jahre sicher nicht gewaschen hatte. Er roch schon, er stank halt nicht.

      Birne war allein da. Birne wollte eine tolle Frau kennenlernen. Zunächst nur reden, sich höchstens später und im Idealfall bei einem Ausgehen in eine Freundin von ihr verlieben.

      Die wiesen ein, sagten ihm, wie er anfangen sollte, wenn er noch nie da war, und wie er sich dann steigern sollte. Sie maßen ihm den Blutdruck.

      Die anderen, die noch da waren und nicht so verloren schauten, die waren auch einmal zum ersten Mal da gewesen, die wussten doch, was die einem sagten, der zum ersten Mal da war, wie er anfangen sollte und wie er sich steigern könnte. Für sich sah Birne wie einer aus, der zum ersten Mal da war, tausend Meter gegen den Wind, ohne dass sein Anzug stank. Birne gab die Hoffnung auf, hier gleich eine tolle Frau kennenzulernen, hier war kein Ort, an dem Verlierer eine Chance bekamen. Zum Verlieren ging man woanders hin.

      Da drüben lachte eine zu ihm herüber, sie musste ihn auslachen, er passte nicht hierher. Nebenan der Mann, den konnte sie auch meinen, auch wenn das unwahrscheinlich war und sie dazu ein bisschen hätte schielen müssen, was er auch nicht glaubte, dass hier eine war, die schielte. Nebenan der Mann, der steckte in einem blau-metallic-glänzenden Body und hatte seine schwarzen Locken im Zaum mit einem weißen Stirnband. Und einen Schnauzbart – Birne hasste ja Schnauzbärte und Frauen, die sich von Schnauzbärten angezogen fühlten. Der Mann wäre zu dick gewesen, wenn er nicht trainiert hätte. Aber das tat er ja, der Schnauzbart-Mann, trainieren, dass es krachte, und Birne bekam einen Hassanfall, dass er gar nicht wusste, woher auf einmal, und hätte aufhören müssen oder seine Energie bündeln und sich gleich beim ersten Mal richtig steigern. Der Hass kam, und Birne konnte ihn nicht erklären dadurch, dass die Frau den Mann neben ihm auch hätte meinen können mit ihrem Grinsen.

      Birne warf ihr einen freundlichen Blick zu, und sie schaute ihn schon längst nicht mehr an, sondern schwitzte und sah ihrem Schweiß zu, wie er ihr zwischen die Brüste rann. Birne mochte das Wort drall

Скачать книгу