Der Mensch ist böse. Julian Hannes

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Der Mensch ist böse - Julian Hannes

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er sie mit Gas oder Gift. Bei den Baumaßnahmen hatte er ein Guckloch eingebaut, die Arbeiter hatten keine Ahnung, zu welch grausigem Zweck es einmal benutzt werden sollte – von einem kranken Psychopathen, der seinen Opfern beim Sterben zusah. Holmes liebte es, sie in ihren letzten Momenten zu beobachten, ehe er sie zerlegte, verbrannte oder ihre Leichen an die Forschung verkaufte.

      Alternativ stellte Holmes auch gerne Frauen als Sekretärinnen ein. So wie zum Beispiel Emeline Cigrand, eine weitere junge hübsche Frau, die ihm verfiel. Spielend luchste er ihr ihre Ersparnisse ab und schwärmte ihr von der bevorstehenden Hochzeit vor. Doch seine Verlobte schöpfte Verdacht und hinterfragte mit der Zeit ihren zukünftigen Ehemann. Holmes hatte keine Lust auf Diskussionen und löste das Problem wie gewöhnlich auf seine Art – im Keller des Horrorhotels. Er gab selbst eine gefälschte Anzeige auf, in der stand, dass Emeline einen anderen Mann geheiratet hätte. Wenn Freunde nach ihr fragten, spielte er den verlassenen Liebenden und zeigte ihnen unter Tränen die Annonce.

      Sein Spiel blieb lange unentdeckt. Doch während der Weltausstellung wurde Holmes zu übermütig und tötete seine Opfer in immer kürzeren Abständen. Die Angestellten und Besucher des Horrorhotels bemerkten irgendwann einen beißenden chemischen Geruch. Und wo waren eigentlich die ganzen Sekretärinnen? Hatten sie so schnell wieder gekündigt? Erste Gerüchte gingen um in den Straßen von Englewood. Holmes war zu unvorsichtig und neben seinen Morden wie eh und je im Betrugsgeschäft mit seinem Kumpel Benjamin Pitezel aktiv. Doch die Versicherungen schöpften langsam Verdacht. Sie wollten ihn drankriegen, setzten Privatdetektive auf ihn an. Sie vermuteten, dass er selbst Brandstiftung begangen hätte, um das Geld für eine kurz zuvor abgeschlossene Gebäudeversicherung einzustecken. Holmes wusste: Wenn sie tiefer bei ihm gruben, würden sie auf seine Geheimnisse stoßen. Und die waren um einiges schlimmer als seine betrügerischen Geschäfte. Als die Schlinge sich immer enger um seinen Hals zog, floh er schließlich nach Texas. Hier hatte er einer seiner »Geliebten« ein Stück Land auf ihn überschreiben lassen. Jetzt war auch diese Frau nicht mehr am Leben. Kurzzeitig plante er, auf dem Land ein neues »The Castle« zu errichten. Ein Horrorhaus, noch größer und verzweigter als das in Chicago. Doch die Träumereien endeten jäh. Holmes wurde festgenommen und muss zum ersten Mal in seinem Leben ins Gefängnis. Es ging jedoch nur um ein paar kleinere illegale Handelsaktivitäten, weshalb er auf Kaution wieder freikam. Wieder floh er, an seiner Seite diesmal sein letzter Getreuer, Benjamin Pitezel. Der wusste nichts von Holmes’ Serienmorden. Er kannte ihn nur als kumpelhaften Kleinkriminellen und darum war er einverstanden, als Holmes ihm einen letzten großen Deal vorschlugt, der sie beide mit Geld versorgen sollte.

      DER LETZTE BETRUG

      Der Coup schien ganz einfach, Holmes hatte ihn in der Vergangenheit schon oft ausgeführt. Sein Freund Benjamin sollte eine Lebensversicherung auf sich abschließen, dann wollten sie mit einer fremden Leiche seinen Tod vortäuschen und das Geld einkassieren. Sie wollten halbe-halbe machen und dann jeder seiner eigenen Wege gehen.

      Pitezel hatte keine Bedenken. Er wusste, wie gewieft Holmes war und dass er bisher mit allem durchgekommen war. Was er nicht wusste: Holmes kannte keine Freunde, er besorgte keinen Leichnam vom Friedhof, sondern tötete Pitezel selbst – wie immer mit Chloroform. Dann zündete er ihn an, um das Ganze als Unfall zu tarnen. Danach drehte Holmes völlig durch. Er fuhr zu Pitezels Frau und log ihr vor, ihr Mann wolle seine drei Kinder sehen und er solle sie zu ihm bringen. Die Ehefrau ahnte nicht, wer da vor ihrer Tür stand. Sie sah nicht den psychopathischen Mörder, sondern nur den zuvorkommenden, wortgewandten Arzt und Kumpel ihres Mannes. Also vertraute sie ihm Alice, Nellie und Howard an. Die drei wurden die nächsten Opfer des Serienmörders. Er tötete sie auf grausame Weise, indem er sie in einen Koffer sperrte und ersticken ließ. Die Leichen vergrub er in einem Keller in seinem Mietshaus in Toronto/Kanada, wo er sich kurzzeitig versteckt hielt. Doch mittlerweile hatte Holmes einen Gegenspieler auf den Plan gerufen, der nicht bereit war, ihn entkommen zu lassen: Detektive Geyer von der Detektei Pinkerton aus Philadelphia. Die Versicherung hatte wegen des Pitezel-Betrugs Ermittlungen einleiten lassen. Es hätte Hinweise gegeben, dass Holmes ein Betrüger wäre. Daraufhin setzten sie mit Detektive Geyer ihren besten Mann auf den Fall an.

      Geyer ermittelte zunächst wegen Versicherungsbetrugs, doch schnell wurde ihm klar, dass es um viel mehr ging. Die Detektei und die Polizei von Philadelphia waren Holmes auf der Spur – und sie entdeckten die Leichen der Kinder in Toronto. »Je tiefer wir gruben, desto schrecklicher wurde der Geruch. Und als wir die Tiefe von drei Fuß erreichten, entdeckten wir etwas, das der Unterarmknochen eines Menschen zu sein schien«, schrieb Frank Geyer später nieder.

      Es begann eine wilde Verfolgungsjagd, die die Ermittler am Ende gewannen. In Boston erfolgte 1894 endlich der Zugriff. Holmes wurde abgeführt und ins Philadelphia-County-Gefängnis gebracht. Endlich wurde auch das »Castle« durchsucht. Kriminalbeamte stürmten das Horrorhotel und machten im Keller einen grausamen Fund nach dem anderen. Knochen, Haarbüschel, menschliche Überreste.

      Es war der erste Hype um einen Serienmörder in den USA. Die Zeitungen übertrafen sich gegenseitig mit ihren Schlagzeilen. Die Hearst-Zeitung zahlte H. H. Holmes im Gefängnis ganze 7500 Dollar für ein Exklusivinterview – das entspricht dem heutigen Wert von über 200 000 Dollar. Und Holmes sprach gerne mit den Reportern. Erst behauptete er, unschuldig, später, vom Teufel besessen zu sein. Wie immer versuchte er, sich durch Lügen besser darzustellen. Die Leute saugten seine Worte auf, schließlich war dies neben den Morden Jack the Rippers, die zur ähnlichen Zeit in London stattfanden, einer der größten Kriminalfälle weltweit.

      Vor Gericht stand Holmes kurioserweise nur wegen des Mordes an seinem Freund Pitezel – trotz all der grausigen Funde in seinem Horrorhotel. Aber der eine Mord reichte dem Richter, um ihm zum Tod durch Erhängen zu verurteilen.

      Holmes wirkte ruhig, als man ihn zu seiner Hinrichtung führte. Es war der 7. Mai 1896, nur wenige Tage später wäre er 35 Jahre alt geworden. Die Wärter beschrieben ihn als einen der liebsten Gefangenen, den sie je gehabt hätten. Er war mit sich selbst im Reinen. »Ich konnte nichts dagegen tun, dass ich ein Mörder wurde«, lauteten seine letzten Worte. »So wenig wie ein Dichter dagegen tun kann, dass die Muse ihn zum Singen verführt. Der Teufel stand neben dem Bett, in dem ich in die Welt hinausgestoßen wurde, und seitdem war er immer bei mir.« Dann legte man die Schlinge um seinen Hals. Der Todeskampf dauerte 20 Minuten, dann endlich starb Holmes – vor den Augen von sieben Ärzten und einem Priester, der für ihn betete. Es war vorbei. Der Teufel von Chicago war besiegt.

      Später kamen Verschwörungstheorien auf, Holmes wäre gar nicht ermordet worden. Stattdessen soll er es auf seine immer charmante Art geschafft haben, die Wärter im Gefängnis zu manipulieren. Sie richteten daraufhin einen anderen Gefangenen an seiner Stelle hin, während er entkam. Doch das sind nur Legenden. 2017 wurde die Leiche von H. H. Holmes, auch bekannt als Herman Mudgett, auf Wunsch seines Urenkels exhumiert.

      Ein DNA-Treffer ergab, dass es sich wirklich um seine Überreste handelte. Trotz aller Eloquenz, Raffinesse und Cleverness war Holmes seinem eigenen Tod also nicht entkommen.

      Allerdings wäre da noch die Theorie, dass H. H. Holmes in Wahrheit zeitweise in London mordete, als legendärer Jack the Ripper. Aber das ist eine ganz andere Geschichte …

      MEIN FAZIT

      H. H. Holmes war einer der ersten Serienmörder der USA – und bis heute einer der schlimmsten. Seine Geschichte ist ausführlich dokumentiert und führt uns wieder einmal deutlich vor Augen, dass selbst die schrecklichsten Serienmörder nicht zwingend die düstere Aura eines Bond-Bösewichts haben müssen, sondern dass sich ihr teuflisches Wesen auch hinter einer netten, bürgerlichen Fassade verstecken kann.

      Holmes war beliebt bei seinen engsten Freunden, er nutzte durch seinen Charme und seine Manipulationskünste eine alte Frau aus, um an ihre Apotheke zu kommen. Er tötete vor allem in seinem engsten Umfeld,

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