Hetzwerk. Peter Gerdes

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Hetzwerk - Peter Gerdes

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Molotowcocktail rein und weg.«

      »Weil die Haustür aufgehebelt wurde«, erwiderte der Kollege im weißen Overall. »Aber wie gesagt, bisher haben wir noch keine eindeutigen Spuren, dass jemand auch tatsächlich eingedrungen ist. Vielleicht gab es eine Planänderung; statt das Feuer drinnen zu legen, hat der Täter sich umentschieden und den Brandsatz durchs Fenster geworfen.«

      Da Stahnke stumm blieb, zog sich der Kriminaltechniker zurück. Gleich hinter ihm verließ Paul Hinderks den Raum. Er steuerte direkt auf das soeben freigegebene Büro zu.

      Umentschieden, überlegte Stahnke. Die Haustür aufgehebelt – und dann doch nicht hineingegangen? Stattdessen ein Fenster eingeschlagen, einen Molotowcocktail angezündet und durch das Loch in der Scheibe geworfen? Dabei war der Täter das Risiko eingegangen, doch noch beobachtet zu werden, ganz egal, wie unbelebt die Straße am Feiertag war. Warum, wenn er doch schon im Haus gewesen war?

      Er hörte Hinderks im Nebenzimmer rumoren. Dann seine Stimme. »Was hat das denn hier zu suchen? Das gehört hier nicht hin.«

      Stahnke rannte los, den Mund zum Rufen geöffnet. Weit kam er nicht. Schon im Türrahmen traf ihn eine Riesenfaust, stoppte ihn und warf ihn zurück. Von links wölbte sich die Zimmerwand auf ihn zu. Etwas sauste direkt vor seinem Gesicht vorbei. Etwas Rundes, Faltiges, mit den Resten einer Brille daran. Zeitgleich ertönte ein Knall, der so gewaltig war, dass er alles um ihn herum auslöschte.

      9.

      Der Druck auf seiner Brust weckte ihn. Etwas Schweres hinderte ihn daran zu atmen. Wenn er es trotzdem versuchte, zuckte scharfer Schmerz durch seinen Körper bis hinauf in sein Hirn. Stahnke schnappte nach Luft und öffnete die Augen.

      Etwas lag auf seiner Brust, etwas Gewichtiges. Das war also kein Traum gewesen. Dieses Etwas war rund und faltig und trug eine große Brille. Der Kopf von Paul Hinderks! Wie kam denn der dorthin? Hatte der ihn umgehauen und ausgeknockt? Irgendwie passte das alles nicht zusammen.

      Der Kopf von Paul Hinderks schlug die Augen auf. »Natürlich passt das alles nicht zusammen!«, tönte er. »Das Ding hatte dort überhaupt nichts zu suchen!«

      Welches Ding, fragte Stahnke, aber seine Lippen wollten sich nicht bewegen, daher blieben die Worte ungesagt.

      »Na, welches Ding wohl?«, keifte der Kopf. »Die Bombe natürlich! Hab’ ich sofort gesehen, dass die da nicht hingehörte! Aber Ihre Leute, die haben nichts gemerkt. Typisch! Wofür zahlen wir Gewerkschafter eigentlich Steuern?«

      Diese Bombe, wollte Stahnke fragen, von wem kam die? Wer wollte Sie umbringen? Oder vielleicht …

      »Jetzt soll ich auch noch Ihre Arbeit machen!«, schimpfte der Kopf von Paul Hinderks. »Da denk ich gar nicht dran! Das kriegen Sie mal schön selber raus, wer das war. Für mich ist jetzt Schicht. Ich hab’ Feierabend.« Der Kopf senkte seine Augenlider.

      Halt, wollte Stahnke rufen, nein, hiergeblieben! Lassen Sie mich nicht hängen! Wieder brachte er keinen Ton heraus. Zudem wurde ihm bewusst, dass er selbst die Augen ebenfalls noch geschlossen hatte. Mit größter Mühe wuchtete er seine Lider hoch.

      Das Bett, in dem er lag, war blendend weiß bezogen. Das ganze Zimmer war so weiß, dass seine Augen schmerzten. Als Stahnke wieder etwas erkennen konnte, sah er Paul Hinderks, der sich über ihn gebeugt hatte und lächelte. Nanu, dachte der Hauptkommissar, plötzlich wieder mit Körper? Muss ja ein ganz tolles Krankenhaus sein, in dem ich liege. Und wieso trägt der Bevollmächtigte der Metallergewerkschaft weiße Klamotten?

      Der Mann mit dem faltigen Gesicht und der großen, dicken Brille richtete sich zur vollen Größe auf. Sehr viel war das nicht. »Er kommt langsam zu sich«, sagte er mit einer geisterhaft hauchenden Stimme, »Unkraut vergeht nicht.« Hatte Paul Hinderks zum neuen Körper auch neue Stimmbänder bekommen?

      Der weiß Gekleidete trat beiseite. Oberkommissar Kramer nahm seinen Platz ein. »Moin, Chef«, sagte der hagere Mann. »Das ging gerade noch mal gut gestern. Ich bin echt froh, dass du nicht einen Schritt schneller gewesen bist.«

      Moin, das sagte der Ostfriese zu jeder Tages- und Nachtzeit. Weil es ja auch nicht etwa »Morgen« hieß, sondern »schön«. Auf Plattdeutsch »moj«. Moin war die Kurzform von »Mojen Dag« und passte immer. Aber »gestern«?

      »Wie lange?«, krächzte Stahnke. Die Worte schmerzten in seinem ausgedörrten Hals. Und in seiner Brust.

      »20 Stunden ungefähr«, erwiderte Kramer. »Die haben dich ganz schön unter Drogen gesetzt. Der Explosionsdruck hatte dich umgeworfen, und du bist rückwärts auf den alten Drehstuhl von Hinderks gefallen. Hast dem Ding damit den Rest gegeben. Der Notarzt befürchtete, du könntest dir dabei die Wirbelsäule verletzt haben, und hat alle möglichen Untersuchungen angeordnet, MRT und so weiter. Dazu mussten sie dich erst einmal ruhigstellen.«

      Stahnke holte Atem und spürte wieder den stechenden Schmerz. »Und?«, stöhnte er.

      »Wirbelsäule in Ordnung«, berichtete Kramer. »Nur eine Rippe ist angeknackst.«

      Nur eine Rippe? Nur angeknackst? Dafür tat sein Brustkorb aber ganz schön weh, dachte Stahnke. War die Rippe vielleicht doch durchgebrochen und steckte in seiner Lunge?

      Der Arzt erschien wieder in seinem Blickfeld. Jetzt, da Stahnke zunehmend klarer sah, erschien ihm die Ähnlichkeit mit Paul Hinderks nicht mehr ganz so groß. Und der Mediziner selbst nicht mehr so unbekannt. »Doktor Mergner!«, stieß er hervor. »Seit wann kümmern Sie sich um die Lebenden?«

      »Nun ja, auch meine Kunden haben alle irgendwann mal gelebt«, hauchte der Pathologe mit seiner Geisterstimme. Sein Kittel umbauschte seinen grätenhaften Körper wie morgendlicher Seenebel. »Ich muss gestehen, dass ich für einen Moment mit dem Gedanken geliebäugelt habe, auch Ihre opulenten Überreste auf meinen Tisch zu bekommen. Aber so weit ist es noch nicht. Tatsächlich bin ich wegen des eigentlichen Opfers besagter Explosion hier im Haus.«

      Wieder schob sich das Gesicht von Paul Hinderks vor das von Doktor Mergner. Stahnke blinzelte; anscheinend zirkulierte noch allerhand Chemisches durch seine Adern. Kramer gab seinem Vorgesetzten einen Schluck zu trinken, was dieser dankbar annahm. Sogar aus einem Schnabelbecher.

      »Was ist mit Hinderks?«, fragte Stahnke. Selbst das lautere Sprechen bereitete ihm Schmerzen in der Brust.

      »Falsche Zeit, falscher Ort«, hauchte Doktor Mergner. »Es hat ihn buchstäblich zerrissen. Als Organspender kommt er definitiv nicht mehr infrage. Schade eigentlich, er besaß einen Spenderausweis.«

      Stahnke schloss die Augen. So aber sah er Hinderks’ Kopf erst recht vorbeifliegen. Schnell öffnete er sie wieder.

      »Die Bombe war in einem Heizlüfter versteckt«, berichtete Kramer; Stahnke war dankbar für dessen unpersönlichen Tonfall. »Größeres Modell, sorgfältig entkernt. Hinderks hat gemerkt, dass das Gerät dort nicht hingehörte, wo es stand. Die Explosion muss erfolgt sein, als er sich gerade darüber beugte.«

      Im Hintergrund warf Doktor Mergner lautlos beide Arme hoch und zur Seite, eine Detonation andeutend. Gegen seinen Willen musste Stahnke lachen; der Schmerz in seinem Brustkorb verstärkte sich um ein Vielfaches.

      »Eine Falle«, stieß der Hauptkommissar mühsam hervor.

      »Möglicherweise«, erwiderte Kramer. »Die Experten vom LKA haben Reste eines Säurezünders entdeckt. Der Zeitpunkt der Explosion war also vorherberechnet. Allerdings konnten der

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