Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Elisabeth Swoboda
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»Ihr wisst ja, dass die Schnecke ihr Haus auf dem Rücken trägt. Das ist keine leichte Last für sie. Manchmal schaut sie traurig zu den anderen Tieren, die hüpfen und springen können und viel schneller vorwärtskommen. Aber dann erinnert sie sich stets daran, warum sie sich einstmals entschlossen hatte, ihr Haus mitzunehmen.«
Die Stimme im Radio räusperte sich. Gespannt warteten die Kinder auf die Fortsetzung der Geschichte.
»Vor langen, langen Zeiten stand das Haus der Schnecke im Laub«, fuhr der Märchenonkel fort. »Sie verließ es, wenn sie Ausflüge machte, und kehrte dann froh wieder zurück. Doch eines Tages fand sie die Tür aufgebrochen. Im Haus war schreckliche Unordnung. Einbrecher hatten die Zeit genutzt, während die Schnecke unterwegs gewesen war, und hatten alles durchwühlt. Mitgenommen hatten sie natürlich auch vieles, denn Einbrecher wollen ja immer Beute machen. Am schlimmsten traf die Schnecke jedoch die Tatsache, dass ihr mühselig gesammelter Vorrat verschwunden war. Und die Beleuchtung hatten die Einbrecher auch gestohlen. Die arme Schnecke musste nun im Dunkeln sitzen. Sie weinte und klagte, denn die Ordnung in ihrem Haus war ihr das Liebste auf der Welt.
Niemand konnte der Schnecke helfen. Die anderen Tiere hatten genug eigene Sorgen. Sie sagten nur: ›Ja, so etwas kann eben passieren. Was musst du auch ein eigenes Haus haben? Das erweckt immer Aufsehen. Eines Tages werden die Einbrecher wiederkommen und noch einmal in dein Haus eindringen. Vielleicht schleppen sie es dann sogar fort!‹
Bei solchen Worten erschrak die Schnecke sehr. Sie dachte angestrengt darüber nach, was sie tun könnte, um ihr Haus nicht zu verlieren. Und dann versuchte sie das Haus auf den Rücken zu nehmen. Die anderen Tiere lachten sie deshalb aus, aber die Schnecke schaffte es schließlich. Und allmählich gewöhnte sie sich an die Last. Wenn ihr Gefahr drohte, verkroch sie sich schnell in ihr Haus. Überhaupt, so fand sie, hatte es viele Vorteile, auf allen Wegen sein Haus bei sich zu haben. Man konnte schnell ein kleines Nickerchen machen oder sich vor Feinden im Haus verkriechen.
Nur eines hat die Schnecke in ihrer Aufregung über die Einbrecher vergessen: Für neue Beleuchtung im Haus zu sorgen. Aber das lässt sich nun nicht mehr ändern. Sie kann das Haus nicht mehr von ihrem Rücken stürzen. Sie hat Angst, dass es dabei zerbrechen würde. Also hat sie sich damit abgefunden, ohne Licht in ihrem Haus zu leben. Und dabei ist sie ganz zufrieden.«
Die Geschichte war zu Ende. Im Stuttgarter Rundfunk verabschiedete sich der Märchenonkel Eugen Luchs von seinen vielen kleinen Zuhörern in ganz Deutschland.
Vor dem Senderaum wartete die kleine schwarze Peggy auf ihn. Das kleine Negermädchen sprang ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Endlich öffnete sich die Tür des Senderaumes, und Eugen Luchs, der Märchenonkel, trat heraus.
Peggy lief ihm entgegen und griff nach seiner Hand. »Ich habe die Geschichte mithören dürfen, Onkel Luchs. Bestimmt hat sie den Kindern in Sophienlust gefallen.« Peggy wusste, dass ihre kleinen Freunde in Sophienlust keine Geschichte des Märchenonkels ausließen. »Wann fahren wir zurück nach Swasiland, Onkel Luchs?« Damit meinte sie die kleine Oase bei Sophienlust, wo sie mit Eugen Luchs in dessen Wohnwagen meist lebte.
»Gleich morgen früh, Peggy. Heute ist es schon zu spät.«
Gemeinsam verließen die beiden das Sendehaus. Am nächsten Morgen fuhren sie sehr früh mit dem Wohnwagen los. In Richtung Sophienlust. Aufmerksam musterte Peggy während der Fahrt die Landschaft, die an ihr vorbeiflog. Ihrem scharfen Kinderblick entging nichts. Jede Kleinigkeit registrierte sie.
»Ich bin neugierig, wie den Kindern deine Geschichte von der Schnecke gefallen hat«, plapperte sie munter drauflos. »Ich werde sie gleich fragen, wenn wir ankommen. Aber bestimmt hat sie ihnen genauso gut gefallen wie mir.«
Schmunzelnd hörte Eugen Luchs ihr zu. Ein Leben ohne Peggy könnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, dachte er dabei.
Er nahm Peggy fast auf alle seine Reisen mit. Wenn er wirklich einmal allein wegfahren musste, dann fehlte sie ihm ganz entsetzlich.
»Wann sind wir in Sophienlust?«, fragte sie.
Eugen Luchs schaute auf die Uhr und begann zu rechnen, da stieß Peggy plötzlich einen spitzen Schrei aus. Ihr kleiner Arm deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger zum Fenster hinaus. »Pedro«, rief sie dabei erhitzt.
Eugen Luchs verstand nicht sofort, was Peggy meinte. Bis ihm einfiel, dass Nicks Schimmel Pedro hieß. Er trat auf die Bremse und lenkte den Wagen rechts heran.
Völlig außer sich riss Peggy die Wagentür auf und sprang hinaus. Das ging so schnell, dass der Schriftsteller ihr kaum folgen konnte. Als er sie eingeholt hatte, sah er gerade noch einen Wagen mit einem Pferdeanhänger davonfahren. In dem Anhänger stand ein Schimmel. Eugen Luchs sah nur noch den Kopf des Pferdes.
»Das war Pedro«, sagte Peggy aufgeregt.
Eugen Luchs musste schmunzeln. »Wie sollte denn Pedro hierherkommen, Peggy?«
»Es war Pedro.« In ihrer temperamentvollen Art stampfte Peggy mit dem Fuß auf.
»Es war ein Schimmel. Aber außer Pedro gibt es schließlich noch mehr Schimmel in Deutschland.«
Doch Peggy schüttelte störrisch den Kopf. »Ich kenne doch Pedro. Er war es. Das musst du mir glauben, Onkel Luchs.« Sie griff nach seiner Hand und schaute ihn an. Mit großen ernsten Augen. »Ich habe ihn gesehen, als er in den Wagen einstieg. Ganz genau so wie Pedro.«
Allmählich wurde Eugen Luchs unsicher. Er selbst hatte ja das Pferd hier nicht richtig gesehen. Nur ganz kurz im allerletzten Moment. Aber wie sollte ausgerechnet Nicks Schimmel hierherkommen? »Pedro steht auf Gut Schoeneich im Stall«, beruhigte er Peggy.
Doch sie ließ sich nicht beruhigen. Und vor lauter Eifer traten ihr sogar Tränen in die Augen. »Du willst mir nur nicht glauben. Es war Pedro. Ich habe ihn wiedererkannt.«
Eugen Luchs seufzte. »Nehmen wir einmal an, es war tatsächlich Pedro. Dann gibt es sicher einen guten Grund dafür, dass er hier war. Vielleicht hat Nick ihn wieder verkauft.«
Peggy gab einen entrüsteten Laut von sich. »Nick würde niemals seinen Schimmel verkaufen. Er hat ihn doch erst geschenkt gekriegt.«
»Na, dann verrate mir doch, wie Pedro hierhergekommen sein soll?«
»Geklaut«, platzte Peggy heraus. »Bestimmt hat ihn jemand geklaut.« Sie nahm Eugen Luchs’ Hand und zog ihn mit sich. »Du musst fragen, wohin sie ihn gebracht haben.«
»Aber, Peggy!«
»Bitte, Onkel Luchs. Bitte!« Die kleine Schwarze ließ nicht locker, sondern zog immer stärker an seinem Arm, bis er schließlich mitkam.
Die Auktion war noch im vollen Gang. Es wurden Pferde und Ponys versteigert. Eugen Luchs musste bis zum Schluss warten. Erst dann konnte ihm jemand sagen, wer den Schimmel ersteigert hatte.
»Der Verwalter von Gut Riederau hat den Schimmel gekauft«, sagte ein junger Mann. Er beschrieb auch in aller Eile den Weg zu diesem Gut Riederau.
»Fahren wir hin?«, fragte Peggy, als sie mit ihrem Pflegeonkel wieder zum Wohnwagen ging.
Abrupt blieb Eugen Luchs stehen.
»Jetzt