Das abenteuerliche Karaganda. Claus Bork
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aufzudecken.
Die Wespe stand angespannt da und horchte.
" Enttäusch mich nicht..." flüsterte Ganj scharf.
" Zarg möge verbieten, daß es jemals geschehen wird!" rief die Wespe aus.
" Scht," brachte Ganj ihn zum Schweigen. " Natürlich nicht, mein Freund - natürlich nicht." Er beobachtete die Wespe als sie abhob und durch die Baumkronen davonjagte, getragen vom Summen ihrer eiligen Flügel.
Ganj bewegte sich behäbig über Eichberg hinweg, dem einzigen Eichenstumpf in Karaganda - und die Heimat der obersten Macht in Königin Sols wohlgeordnetem Reich.
Hinter dem massiven Äußeren des Eichenstumpfs war er durchkreuzt von einer Unzahl von Gängen und Spalten, die sich bis ganz zu den unterirdischen Sälen zwischen den Wurzeln erstreckten. Dies repräsentierte das Zentrum der Welt in ihrem Bewußtsein, von hier gingen alle Gesetze und Verordnungen aus, die alles in einem festen Griff hielten - und von hier breitete sich das Netz von Fäden aus, das seine Wurzeln in des Erschaffers, Zargs, Gedanken hatte. Zarg, den niemand von ihnen jemals gesehen hatte - Zarg, der die Kraft selbst war, die in den Ehrwürdigen Müttern lebte, einem der Grundelemente von Karagandas Macht.
Ganj näherte sich einem der dunklen Eingänge. Die Kreuzspinne studierte ihn aus der Dunkelheit. Sie war immer auf der Hut, so wie alle Kreuzspinnen es in allen Eingängen zum Eichberg waren. Ganj brummte einen Gruß, während er sie passierte, aber die Spinne antwortete ihm nicht.
Ganj hatte nur Verachtung für Spinnen übrig, aber er bemühte sich, dies nicht zu zeigen. Er wußte aus überlieferten Berichten, daß viele seiner eigenen Vorväter in den klebrigen Fäden der Kreuzspinnennetze gefangen worden waren und ihr Leben hatten lassen müssen, auf traurige und schändliche Weise. Er trug diese Berichte tief in seiner Seele versteckt - und sprach nie mit jemandem darüber.
Er hielt inne und vertiefte sich in Gedanken. Einmal, vor langer Zeit, bevor Sol nach Karaganda kam, war er selbst in Orcas Spinnennetz gefangen worden. Er mußte sich anstrengen, um sich an Einzelheiten zu erinnern. Es war ihm fast geglückt, es zu verdrängen.
Von allen Spinnennetzen der Welt hatte es gerade Orcas Netz sein müssen, Ganj schauderte bei der Erinnerung. Er erinnerte sich schwach an das Gefühl von festgeklebten Flügeln und seine eigene, gewaltige Wut - bevor das Sausen der Spinnenfäden vor seinem inneren Ohr auftauchte. Es hatte seinen eigenen Gesang, so ein Spinngewebe. Eine grausame Hymne, die wie eine Fanfare des Todes für den war, der sich in den Fäden verfangen hatte. Wenn man diesen Gesang hörte, wußte man instinktiv, daß es die Schritte des Todes über die Fäden waren - man wußte es, ohne es jemals vorher gehört zu haben.
Es war ihm geglückt, sich fast freizuzerren, genug, daß Orca ihm nicht nahe kommen konnte. Er hatte die Fäden zerbissen und ihr mit seinem gewaltigen Kiefer gedroht. Orca, die fette, glänzende Spinne hatte ihn durch ihre tausend Augen beobachtet. Er hatte seinen eigenen Tod sich in diesen Augen abspielen sehen. Dann war die Spinnwebe geborsten. Orca hatte ihn angezischt, als er auf die Erde wirbelte.
In den Zeiten, die folgten, hatte Ganj Orca unter Beobachtung gehalten. Sie hatte ihm Ehrfurcht eingejagt - ein Gefühl, dessen Existenz er nur widerwillig erkannte - und wenn, dann nur vor sich selbst. Sie hatte ein Spinnennetz quer über den Bach gebaut.
Es war nie vorher geschehen, und Ganj wußte es, wie alle anderen es auch wußten, daß dies eine ganz beispiellose Tat war.
Je mehr Ehrfurcht sie säte, je mehr haßte er sie. Er sah sie in Träumen vor sich, zerteilt, zerrissen und tot. Aber morgens saß sie immer noch da, fett und glänzend in ihrem riesigen Netz, mitten über dem Bach. Zuletzt fühlte Ganj, daß gerade diese, ihre Existenz, ein Hohn war, der gegen ihn gerichtet war. Aber erst später, viel später hatte er seine Rache bekommen.
Gewaltig waren die Berichte, die Ganj den Respekt seiner Untertanen sicherten, und viele waren es, die behaupteten, bei seinem Kampf gegen Orca dabei gewesen zu sein. Nur er selbst kannte die Wahrheit - und er behielt sie für sich.
Er erwachte aus seiner träumenden Trance und begab sich weiter durch Eichbergs verschnörkelte Gänge. Die Silhouette der Kreuzspinne zeichnete sich gegen den hellen, blauen Himmel in der Öffnung ab. Sie stand wie auf dem Sprung da, unbeweglich und versteinert, während seine Schritte sich zu einem schwachen Echo verliefen.
2. Kapitel
Es war vielleicht der tiefsitzende Lebenswille, der sich in seiner Kriegerseele versteckte; samt der Tatsache, daß er bis zur Vollkommenheit loyal gegenüber allem war, an was er glaubte, was Kapitän Zip von der Wespenflotte zu dem machte, was er war. Was er nie verstehen lernte war, daß diese Rechtgläubigkeit in sich selbst den Keim zur Feindschaft von seiner Umgebung barg. Aber sie schaffte als Gegenstück die Grundlage für eine wahre Freundschaft mit den ehrwürdigen Müttern und den Schutz, der darin begründet lag.
Auszug aus Spys Erinnerungen an die Zeit der Gemeinschaft.
Kapitän Zip jagte wie der Wind durch die kühlen Schatten des Waldes. Die Flügel waren wie er, schnell und hastig. Er fühlte es, als würde er von seinem eigenen, schnarrenden Summen getragen. Genau, das war er.
Und gerade dahinein setzte er seine Ehre. Er hatte keine Ambitionen Karagandas oberster Führer zu werden - darin lag seine Stärke, und seine Freiheit. Er genoß großen Respekt, weil keiner, oder nur ganz wenige, Zweifel an seinen Motiven hegten.
Ein Duft in der Luft brachte ihn dazu, umzukehren und zu suchen. Ahornsaft war das Beste, was er kannte. Er folgte der Duftspur zwischen die Bäume, bis er einen Sonnenstrahl in einem Tropfen glänzen sah.
Die Rinde war oben am Stamm etwas gerissen. Er mußte seinen Fund den Ameisen berichten. Aber erst wollte er ihn selbst schmecken. Er setzte sich auf den Stamm und trank vorsichtig von dem Tropfen.
Als er soviel er konnte getrunken hatte, schwang er sich hinaus in die Luft und kreiste summend zwischen den Bäumen herum, bis er sich die genaue Lage des Baumes gemerkt hatte. Daraufhin flog er weiter.
Er landete auf dem Flugfeld, gerade als der erste Sonnenstrahl es erreichte. Es war eine wahre Freude des Lebens in diesem Teil des Waldes.
" Akorn," seufzte Zip behaglich. Er kam fast jeden Morgen hierher, und jeden Morgen war seine Freude, nach Hause zu kommen, dieselbe. Ein Tag ist eine lange Zeit im Leben einer Wespe.
Hier in Akorn, der größten Behausung des Waldes, war er als Ei gelegt worden. Hier hatten selbstaufopfernde Arbeiterwespen ihn als Larve gepflegt - hatten aufgepaßt, daß ihm nicht zu warm und nicht zu kalt wurde. Und sie hatten Feinde ferngehalten, während er wuchs und wuchs. Sobald er die Wände seiner Zellle niedergebrochen hatte, hatte ihn jemand angesehen und gesagt, daß aus ihm etwas Großes werden würde. Und weil er eine Jungwespe mit Lebenslust war, hatte er das geglaubt.
Er schlief jede Nacht in Eichberg, weil er unter den wenigen Auserwählten war, die über Königin Sols Leben wachten. Wie alle Wespen hatte er einen starken, ererbten Instinkt, der ihm gebot, den Ort zu verteidigen, wo er als Larve ausgebrütet worden war, aber andere hatten bestimmt, daß das für ihn nicht gelten sollte.
Die Wespenwache betastete ihn mit den Fühlern und rief ein wohlbekanntes Kommando. Die Wespen im Hauptgang standen stramm, bevor er sie passierte.
" Willlkommen in Akorn," rief der Wachkommandeur mit scharfer