Wer braucht schon eine Null. Christine Corbeau

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wer braucht schon eine Null - Christine Corbeau страница 12

Wer braucht schon eine Null - Christine Corbeau Nullen-Reihe

Скачать книгу

Spaß haben wirst und deine düsteren Gedanken hinter dir lässt.«

      »Das mach ich. Danke schön.«

      »Take care, Bumblebee! Aloha.«

      »Ich hab dich lieb.«

      »Dito«, sagte er und gab mir einen Luftkuss, bevor ich auflegte.

       Warum können Gespräche mit Mam eigentlich nie so entspannt sein? Und was hat die beiden damals wohl dazu gebracht, ein Paar zu werden, so verschieden wie sie sind?

      Der Gedanke ließ mich nicht los. Während ich Shampoo, Duschgel und weitere Kosmetika zusammen mit meinem Zahnputzzeug in die Tasche räumte, rief ich mir die beiden ins Gedächtnis. Mam, die immer adrette und überkorrekte Karrierefrau auf der einen Seite, und Paps mit seinem Faible für die Galerie, seinen Sport und ein entspanntes Leben auf der anderen. Wenn ich mich recht erinnerte, dann musste wohl auch Mam einmal so etwas Ähnliches wie locker gewesen sein. Sonst wären die beiden nicht aufeinander abgefahren, als sie sich in den Achtzigern auf Fuerteventura beim ersten Surf-World-Cup über den Weg gelaufen waren. Alles, was ich je darüber in Erfahrung bringen konnte, hat Paps mir erzählt. Er meinte, er hätte damals den Cup nur knapp verfehlt, aber stattdessen ihr Herz gewonnen. Und ich war mir sicher, dass er es immer noch so sah, auch wenn die beiden inzwischen nur noch nebeneinanderher lebten. Vielleicht musste es so kommen. Als sie das überraschende Angebot eines ehemaligen Kommilitonen erhielt, in die renommierte Steuerkanzlei seines Onkels einzutreten, war ich gerade ein Jahr alt. Paps sagt, sie hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und erst dann zugesagt, nachdem er ihr zusicherte, seine ohnehin dem Ende entgegenschreitende Sportkarriere zu beenden, um auf mich aufzupassen.

      Ich konnte mich im Prinzip nicht beklagen, denn er kümmerte sich immer liebevoll um mich. Er kochte, wusch und brachte mich ins Bett. Er sang mir Schlaflieder, begleitet von seiner Gitarre. Als ich größer war, brachte er mir bei zu skaten und zu surfen. Mam nutzte den Freiraum, den er ihr gab, um voll in die Finanzwelt einzusteigen. Inzwischen leitet sie die Kanzlei und ist daher hauptsächlich in der Weltgeschichte unterwegs, um ihre internationale Kundschaft zu betreuen.

       Aber du hast sie erwischt. Morgens auf der Terrasse. Als sie dachten, du hättest schon die erste Nacht in der WG verbracht. Da war sie ganz anders.

      Die plötzliche Erinnerung ließ mich zuerst die Stirn runzeln. Dann aber brach sich ein vorsichtiges Lächeln auf meinem Gesicht Bahn. Vielleicht war da ja doch noch eine andere Seite in ihr drin und sie würde sie mir irgendwann einmal zeigen.

      Den Gedanken schob ich zunächst beiseite und widmete mich wieder der Vervollständigung meines Gepäcks. Das Lächeln aber blieb.

      Verdammt, wo bist du?«, fragte Simon halblaut in den Raum hinein, während er sein Handy anstarrte.

      Er hatte nun bereits zum fünften Mal versucht, bei Martha anzurufen, aber jedes Mal war nur der Hinweis zu hören gewesen, dass der Teilnehmer nicht erreichbar wäre. Das war an und für sich schon ungewöhnlich, denn sie hatte ihr Smartphone immer bei sich. Und jetzt, wo sie auch nicht mehr für die Uni zu schuften brauchte, war sie bestimmt auf der Piste, erst recht an einem Freitagabend, wo sie entweder mit den Mitbewohnern der WG oder mit ihrem umfangreichen Freundeskreis etwas unternahm. Aber seine Anrufe gingen einfach nicht durch.

      War Martha womöglich so weit gegangen, ihn zu blockieren? Aber das würde sie dann trotzdem nicht als offline anzeigen, oder doch? Ausgerechnet jetzt war Raoul nicht da. Er kannte sich mit Telekommunikations-Software aus wie kein Zweiter.

      Ein weiteres Mal schalt er sich dafür, sich selbst in Ruhe gewiegt zu haben, dass er ihr nur ein wenig Zeit lassen müsste, um sich zu beruhigen, damit sie wieder etwas zugänglicher für seine Entschuldigung wäre. Über Nacht hatte er sich dafür Zeit gegeben. Im Prinzip hatte daraus wohl nur der Wunsch gesprochen, sich nicht so bald seinen Verfehlungen stellen zu müssen, denn der Schlaf hatte einfach nicht kommen wollen. Nun war es halb vier und er fühlte sich gleichzeitig hellwach und total kaputt. Der aus Mutlosigkeit erwachsene Wunsch, nicht kommunizieren zu müssen, war inzwischen dem dringenden Bedürfnis gewichen, unbedingt Marthas Stimme zu hören. Simon wusste zwar nicht, ob er in der Lage sein würde, ihr von Egita zu berichten, aber das Gefühl, nicht ehrlich mit Martha gewesen zu sein, nagte an ihm.

      Als hätten die kreisenden Gedanken ein Signal an seine Umwelt gesendet, klopfte es in diesem Moment an seiner Zimmertür.

      Das konnte nur sie sein.

      Egita.

      Abgesehen davon, dass außer ihm nur sie sich in der Wohnung aufhielt, erkannte er ihre Silhouette durch den gefrosteten Glaseinsatz der Tür. Und auch sie musste den Lichtschein der Nachttischleuchte durch das Glas bemerkt haben. Also würde es wenig Sinn machen, nicht auf ihr Klopfen zu reagieren.

      »Come in«, sagte Simon und legte das momentan nutzlose Handy beiseite.

      Die Tür schwang auf. Noch bevor er sie sehen konnte, schwebte ihr Duft zu ihm hinüber. Er schloss kurz die Augen. Das würde doch schwieriger werden, als er gedacht hatte, denn sie hatte das Parfum aufgelegt, das auch Martha meistens trug. Das war Simon an der Lettin bereits aufgefallen, als sie sich in der WG zum ersten Mal getroffen hatten. Damals hatte ihm dies ein angenehm heimatliches Gefühl vermittelt, aber inzwischen war es zur wiederholten Herausforderung geworden.

      »Musst tu nicht rreten Engliss. Weißt tu toch, tass ich kann Deitss won meine Oma.« Mit einem leichten Lächeln trat Egita ins Zimmer.

      Unwillkürlich erhöhte sich Simons Herzfrequenz. Er war sich zwar ziemlich sicher, dass Egita es nicht absichtlich tat, aber der so herrlich altmodisch klingende Akzent in Verbindung mit ihrem Aussehen – einer Mischung aus Barbie und nordischer Elfe – betätigte in seinem Inneren automatisch etwas wie einen Schalter.

      Sie kam näher.

      Zuerst befürchtete Simon, sie würde sich zu ihm aufs Bett setzen.

      Oder hoffte er es vielmehr?

      Aber sie ging daran vorbei und ließ sich auf seinem Drehstuhl vor dem Schreibtisch nieder.

      »Hap ich kesehen, tass tu noch nicht sslafst. Komme won tanzen. War wirrklich scheen. Ssade, tass tu nicht mitkehst.«

      »Ach weißt du, ich mach mir da nicht so viel draus wie du. In Deutschland hab ich eigentlich nie getanzt. Also nicht zu zweit.«

      »Aper auf Festival, hasst tu wirklich kut kemacht. Weißt tu noch letzte Mal?«

      Sofort ging Simon wieder der Abend vor einigen Wochen durch den Kopf. Zusammen mit Raoul und ein paar Kommilitonen war er von Egita mit aufs jährliche Salsa-Festival geschleppt worden. Zu fortgeschrittener Stunde hatte er sich letztendlich sogar von ihr überreden lassen, sich mit ihr auf die Tanzfläche zu begeben. Wahrscheinlich hatten auch die diversen Caipis, die er zu diesem Zeitpunkt schon intus hatte, dazu beigetragen, dass er sich nicht weiterhin geweigert hatte. Und zu seinem Erstaunen hatte er dort herausgefunden, dass er sich gar nicht einmal so dumm beim Tanzen anstellte. Das und sein leicht benebelter Zustand hatten dazu geführt, dass sie danach …

      Ein weiteres Mal brach er das Sinnieren ab, denn seine Erinnerung hörte noch auf dem Heimweg zur WG auf. Alles andere hatte er nur aus Egitas Schilderungen.

      Sie musste ahnen, was in seinem Kopf vorging, denn Egita blickte ihn mit leicht schräg gelegtem Kopf schmunzelnd an.

      »Oh,

Скачать книгу