Tobinos Insel. Eva Rechlin

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Tobinos Insel - Eva Rechlin

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zu versuchen …« Er stockte.

      Fassungslos fragte Tobino: »Sie wollen kein Geld? Aber alle wollen doch Geld!«

      »Du solltest davon nicht so überzeugt sein, Tobino. Es gibt sicher welche, wenn auch nicht viele, die viel weniger Geld haben und doch mit dir nicht tauschen würden. Einer von denen bin ich.«

      »Sind Sie etwa nicht hergekommen, um viel Geld zu verdienen?«

      »Nein.«

      Tobino biß sich auf die Lippen. »Sind Sie«, fragte er mit gedämpfter Stimme wie ein Verschwörer, »sind Sie etwa noch reicher als wir?«

      »Vielleicht. Da ich immer glücklich und zufrieden bin, muß ich wohl irgendwie reich sein.«

      »Was macht glücklich und zufrieden?« rief Tobino.

      »Bist du es denn nicht?« fragte Spirito.

      Tobino zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, was es ist. Darum kann ich nicht sagen, ob ich es bin. Wollen Sie es mir zeigen?« Zum erstenmal lächelte Spirito. »Ich will es versuchen«, sagte er entschlossen, »ja, ich will es versuchen. Und jetzt solltest du mich endlich deinen Eltern vorstellen.«

      »Wem?«

      »Deiner Mutter! Deinem Vater! Ich möchte sie begrüßen und mich mit ihnen bekannt machen.«

      Tobino schüttelte den Kopf: »Die sind nicht hier. Papa kommt ganz selten nach Hause. Er muß so viel arbeiten. Und wenn er da ist, hat er nie Zeit für mich.«

      »Und deine Mutter?«

      »Ich weiß nicht, sie ist irgendwo zur Kur, in Indien oder in Grönland, wo man Kopfschmerzen los wird. Sie hat dauernd Kopfschmerzen. Ich habe sie seit Monaten nicht mehr gesehen.« Er seufzte und blieb mit hilflos hängendem Kopf vor Spirito stehen. Deshalb konnte er auch nicht sehen, daß sein neuer Erzieher plötzlich die Brille abnahm und sie sorgfältig mit seinem Taschentuch putzte.

      Wie dumm, sagte sich Spirito, wie dumm war doch mein Zorn vorhin. Er setzte sich die Brille wieder auf die Nase und streckte seine Hand nach Tobino aus. Eigentlich wollte er dem Jungen freundlich durch das dunkle Haar fahren, aber im letzten Augenblick dachte er, daß Mitleid in diesem Fall übertrieben wäre. So ließ er die Hand nur auf Tobinos Schulter fallen und sagte: »Dann tun wir eben etwas anderes.«

      Tobino strahlte ihn an. »Etwas tun? O ja! Was?«

      »Du könntest mir dein großes Reich zeigen, damit ich mich künftig darin zurecht finde. Spielen wir also Fremdenführer und Museumsbesucher. Du bist der Fremdenführer, ich bin der Gast. Ich habe von der berühmten Ausstellung gehört, bin extra dafür von weit her gekommen. Nun möchte ich sie besichtigen.«

      »Und wo fangen wir an?« fragte Tobino.

      Spirito zog die Schultern hoch und sagte: »Sie müssen sich in Ihrem Reich auskennen, mein Herr.«

      Tobino griff nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her.

      Kurzschluß in der Kuppel

      Zuletzt, als schon der Abend dämmerte, fuhr Tobino mit seinem neuen Erzieher im Lift hinauf in die gläserne drehbare Kuppel, die Schloß Vivato krönte: Tobinos Spielzimmer. Sie waren kaum eingetreten, als Tobino stolz den Mechanismus betätigte, der die Kuppel in Bewegung setzte. Der Raum schlingerte wie ein Schiff um seinen Anker.

      »Nicht in der Mitte stehenbleiben«, riet Tobino, »da merkt man nicht, daß man fährt. Hier, kommen Sie auf die Rundbank!«

      Spirito ließ sich erschöpft auf die weich gepolsterte, mit weißem Leder bezogene Bank fallen. Dieser Tag hatte ihn sehr angestrengt. Nach dem üppigen Mittagessen hätte er gern ein Stündchen geschlafen, doch Tobinos Begeisterung über das Fremdenführerspiel hatte ihn mitgerissen. Es war, als entdeckte Tobino selbst zum erstenmal richtig das Schloß Vivato. Sie ließen sogar am Nachmittag den Kaffee kalt werden und verzichteten auf Eis, Gebäck und Schlagsahne.

      Sie hatten beim Rosentor begonnen, hatten den riesigen Park und die Nebengebäude durchstreift, auch der Hansekogge im Teich einen Besuch abgestattet und schließlich das ganze Schloß besichtigt. Spirito konnte nur noch mühsam die zahllosen Besonderheiten würdigen.

      Jetzt, während er auf der Rundbank im Kreis herumfuhr, was ihn schwindelig machte, flossen die Eindrücke wie zu einer dicken bunten Soße zusammen. Fast jede Tür, jedes Fenster, jedes Gerät und viele Möbel in diesem Hause waren technische Wunderwerke. Spirito hatte gestaunt und bewundert, daß Tobinos Stolz auf sein Besitztum wuchs. Die Techniker, Physiker und Chemiker in den Fabriken seines Vaters hatten monatelang an einzigartigen Erfindungen für Schloß und Park gearbeitet. Alles funktionierte lautlos vollelektronisch, durchkreuzt von Vorwarn- und Alarmanlagen. Und immer wieder hatte Tobino beteuert: »Was glauben Sie, wieviel das alles gekostet hat!«

      Es war zu viel. Spirito fühlte sich ziemlich miserabel. »Stell das Karussel ab«, bat er, »sonst wird mir schlecht.«

      Tobino zog einen Hebel, die gläserne Kuppel stand still. »Gefällt es Ihnen nicht?« fragte er besorgt.

      »Ich stelle mir vor«, sagte Spirito, »welche Hitze sich in der Kuppel breitmacht, wenn die Mittagssonne darauf scheint.«

      Tobino lachte. »Dagegen sind Kühlanlagen, Windgeräte, Luftbefeuchter und künstliche Schatten da.«

      »Das hätte ich mir denken können«, brummte Spirito und blickte sich um. Die Rundbank war das einzige Möbelstück in dem großen kreisrunden Raum. Den mit einem glatten, duftenden Kunststoff belegten Fußboden bedeckten herumliegende Spielsachen. Man hätte mit ihnen fast einen Eisenbahnwaggon füllen können.

      »Wann spielst du hier?« fragte Spirito.

      Tobino schob die Unterlippe vor: »Fast nie.«

      »Bist du oft abends hier oben?« fragte Spirito.

      »Nein. Abends sehe ich mir unten meistens Filme an. Oder ich schwimme im Keller im Warmwasserbecken, bis ich müde bin.«

      »Bist du nie abends hier oben gewesen?«

      »Weiß ich nicht, kann mich nicht erinnern. Warum?«

      »O, ich könnte mir denken, daß es in einer klaren Sternennacht hier oben wunderbar sein müßte!«

      »Wir haben eine klare Sternennacht. Und nichts ist wunderbar.«

      »Mach das Licht aus, dann beweise ich es dir.«

      Tobino blickte sich suchend um und sah dann Spirito verlegen an. »Das geht leider nicht«, erklärte er.

      »Geht nicht? Man muß doch die Beleuchtung ausmachen können!«

      »Es geht wirklich nicht. Das Licht schaltet sich von selbst ein, sobald es dunkel wird. Das ist auch so eine Erfindung für das Schloß. Und es geht morgens von selbst wieder aus. Dämmerungsschalter! Verstehen Sie?«

      Spirito mußte lachen, als er das hörte. Gleichzeitig dachte er, daß man darüber ebensogut weinen könnte.

      »Warum lachen Sie?« fragte Tobino verstört. »Die Anlage kostet viel Geld, darüber lacht man doch nicht!«

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