James Bond 16: Kernschmelze. John Gardner
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M schnaubte. »Seien Sie kein Narr, 007. Eine so simple Waffe zusammenzubasteln, ist das Einfachste auf der Welt. Ja, sie haben zweifellos die Materialien – und fragen Sie mich nicht, wen ich mit »sie« meine. In dieser Angelegenheit müssen Sie logisch denken. Wenn irgendeine der existierenden Terrororganisationen eine selbstgebaute Bombe benutzen wollte, um eine Regierung zu erpressen, könnte sie das tun. Aber dass ein Mann wie Franco Umgang mit einem alten Teufel wie dem Laird von Murcaldy hat – nun, das ist eine ganz andere Sache und könnte eine von zwei Möglichkeiten bedeuten.«
»Ja …?« Bond lehnte sich vor.
»Erstens«, M zählte den Punkt am Zeigefinger seiner linken Hand ab, indem er mit dem seiner rechten dagegen tippte. Die Pfeife hatte er im Mundwinkel und hielt sie mit den Zähnen fest, während er sprach. »Erstens könnte es bedeuten, dass Franco eine sehr gut entwickelte Operation vorbereitet und Anton Murik aufgrund seines Expertenwissens um Hilfe bittet. Zweitens« – die Finger bewegten sich – »könnte es genau umgekehrt sein: Dr. Anton Murik braucht Francos Hilfe für irgendein eigenes kleines Abenteuer. Beide Möglichkeiten würden mehr als nur fünf kurze Besuche von Franco erfordern.«
»Und ist Anton Murik zu beidem in der Lage?« Bond runzelte die Stirn. Er konnte absolut nichts in Ms wettergegerbtem Gesicht lesen, und das war immer ein Warnsignal. Hinter dieser Sache steckte sehr viel mehr als die Informationen, die ihnen »die Opposition« mitgeteilt hatte.
»Er ist nicht nur dazu in der Lage, sondern auch ein äußerst wahrscheinlicher Kandidat.« M öffnete eine Schreibtischschublade und warf eine weitere Aktenmappe auf die, die ihnen die Leute vom MI5 zur Verfügung gestellt hatten. »Wir haben Dr. Anton Murik nun schon seit einer ganzen Weile auf dem Kieker.« Er tippte auf die beiden Aktenmappen. »Was Ross Ihnen erzählt hat, ist eine leichte Untertreibung – diese Sache, dass Murik wegen Unstimmigkeiten aus der internationalen Kommission für Atomenergie ausgetreten ist. Die haben nicht alle Fakten. Wir schon. Murik ist wegen einer verdammt heftigen Auseinandersetzung ausgetreten, 007. Tatsächlich wurde der Mann sogar rausgeworfen und reagierte darauf nicht gerade freundlich. Er ist ein brillanter Mann mit einer Menge Ressourcen.«
M nahm die Pfeife aus dem Mund und schaute Bond direkt in die Augen. »Sogar sein Titel – Laird von Murcaldy – ist mehr als nur ein wenig suspekt, wie Ross erwähnte. Nein, ich beabsichtige nicht, Sie nach Schottland zu schicken, 007. Meine Aufgabe besteht darin, Sie anständig zu informieren, Ihnen gute Unterstützung zu gewähren sowie Ihnen eine brauchbare Tarnung zu verschaffen. Zum Teufel mit ›der Opposition‹ und ihrem Überwachungsteam. Ich will, dass Sie so nah wie möglich an Murik herankommen. Sie sollen ihn unterwandern. Doch bevor wir dazu kommen, gibt es noch einiges, das Sie über den sogenannten Laird von Murcaldy wissen sollten.«
DOSSIER ÜBER EINEN LAIRD
Es würde offensichtlich ein langer Abend werden, und Bond fand, dass er May, seine fähige und treue Haushälterin, nicht überraschen sollte, indem er unvermittelt und mitten in der Nacht in seine Wohnung in der King’s Road zurückkehrte.
Bevor M mit den Einzelheiten des Dossiers, das voller Geheimnisse vor ihnen lag, loslegen konnte, bat Bond um die Erlaubnis, das Büro für einen Moment verlassen zu dürfen.
M schenkte ihm einen seiner verärgerten, altmodischen Blicke, bekundete aber widerwillig mit einem Nicken seine Zustimmung, dass Bond von seinem eigenen Büro aus ungestört ein Telefonat führen könne.
Letztendlich war es dann doch leichter für Bond, seine eigene Nummer an Miss Moneypennys Apparat zu wählen. May hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, die Bürozeiten ihres Arbeitgebers zu begreifen, und fragte nur, ob er etwas Besonderes zu essen haben wolle, wenn er nach Hause komme. Bond erwiderte, dass er nichts gegen ein paar nette geräucherte Schellfische einzuwenden hätte – falls sie noch welche da hätte. Da May in Fragen der Küchenausstattung eine streng konservative Einstellung pflegte, hätte sie nie im Leben eine Gefriertruhe in ihrem Reich zugelassen. Bond war diesbezüglich ihrer Meinung, auch wenn es manchmal angenehm war, Delikatessen in Reichweite zu haben, also hatten sie einen Kompromiss gemacht. Bond hatte sie taktvoll dazu überredet, den Kauf eines großen Bosch-Kühlschranks mit einem geräumigen Tiefkühlfach zu gestatten, das May dann die Eiskiste getauft hatte. Nun glaubte sie, dass vielleicht noch ein paar geräucherte Schellfische in der »Eiskiste« sein könnten und fügte hinzu: »Ich werde sehen, was ich tun kann, Mr James, aber kommen Sie nicht allzu spät zurück.« Wenn sie in der richtigen Stimmung war, hatte May die Angewohnheit, Bond so zu behandeln wie ein Kindermädchen seine kleinen Schützlinge.
Die Tatsache, dass Bond das Büro nur für ein paar Minuten verlassen hatte, besänftigte M, der seine Pfeife neu gestopft hatte und die Dossiers studierte. In bissigem Ton fragte er, ob es 007 gelungen sei, die Angelegenheit so zu regeln, dass sie nicht noch einmal unterbrechen mussten.
»Ja, Sir«, antwortete Bond ruhig. »Ich bin bereit für den Laird von Murcaldy, Rob Roy und sogar Bonnie Prince Charlie, wenn Sie das wünschen.«
»Das ist nicht zum Lachen, 007«, sagte M streng. »Die Murik-Familie ist eine adlige Linie. Es gab einen Laird von Murcaldy bei Dunbar und einen weiteren bei Culloden Moor. Allerdings ist es möglich, dass die wahre Linie mit dem Großvater des aktuellen Lairds ausstarb. Das muss noch bewiesen oder sogar richtig getestet werden, aber das ist eine Angelegenheit, die den Lord Lyon King of Arms beschäftigt.« Er blätterte ein wenig im ersten Dossier. »Anton Muriks Großvater war ein bekannter Abenteurer – ein Reisender. Im Jahr 1890 war er für über drei Monate in Mitteleuropa verschollen – es hieß, er sei auf der Suche nach seinem Bruder gewesen, der wegen irgendeines Vergehens enterbt worden war. Ihre Eltern waren tot, und die Dorfbewohner glaubten, dass Angus Murik – so lautete sein Name – vorhatte, mit seinem Bruder zurückzukehren und das schwarze Schaf der Familie zurück in die Herde zu holen. Doch stattdessen kehrte er mit einer Ehefrau zurück. Den Aufzeichnungen zufolge handelte es sich um eine Ausländerin. Sie war schwanger, und es gab außerdem schriftliche Dokumente, die darauf hindeuteten, dass der verlorene Laird gar nicht Angus, sondern dessen Bruder Hamish war. Man vermutete auch, dass das Kind, das später Antons Vater werden sollte, unehelich geboren wurde, da es keinerlei Aufzeichnungen über eine Eheschließung gab.«
Bond schnaubte. »Aber das würde die Blutlinie doch sicher nur schwächen und nicht komplett zerstören.«
»Normalerweise schon«, fuhr M fort. »Doch Anton wurde zusätzlich unter ungewöhnlichen Umständen geboren. Sein Vater war ein wilder Bursche, der sich im Alter von achtzehn ebenfalls auf Reisen begab. Er kehrte nie zurück. Es gibt einen vollständig erhaltenen Brief, in dem steht, dass er in Palermo eine Engländerin von guter Herkunft geheiratet hätte. Doch kurz darauf traf eine junge hochschwangere Frau in Murik Castle ein und verkündete die Neuigkeit, dass ihr Ehemann, der Erbe des Titels, während einer Expedition nach Sizilien von Banditen getötet worden sei.«
»Wann war das?« Für Bond klang das nach einer verwirrenden und seltsamen Geschichte.
»1920.«