James Bond 15: Colonel Sun. Robert Markham
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Читать онлайн книгу James Bond 15: Colonel Sun - Robert Markham страница 4
»Nein.« Bond starrte in seinen Gin Tonic. »Aber was mir Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass es mir nicht allzu viel auszumachen schien. Ich war sogar regelrecht erleichtert, dass mir diese Anstrengung erspart blieb. Irgendetwas stimmt nicht mit mir.«
»Aber nicht körperlich. Sie sind in besserer Form als in den letzten paar Jahren.«
Bond schaute sich in dem einfachen Raum mit den bequemen Bänken aus dunkelblauem Leder und den kleinen Gruppen aus Geschäftsleuten um – stillen, anständigen Männern, die sich in ihrem ganzen Leben noch nie gewalttätig oder verräterisch verhalten hatten. Sie waren bewundernswert, aber der Gedanke, zu einem von ihnen zu werden, widerte Bond plötzlich an.
»Ich höre langsam auf, ein tödliches Individuum zu sein«, sagte Bond nachdenklich. »Ich werde zu einem Gewohnheitstier. Seit meiner Rückkehr bin ich an drei von vier Dienstagen hier gewesen, komme immer ungefähr zur gleichen Zeit an, umgebe mich stets mit einem von drei immer gleichen Freunden, verlasse den Platz gegen halb sieben und fahre nach Hause, um dort meinen Abend auf die ewig gleiche Weise zu verbringen. Und ich kann daran nichts Falsches finden. Ein Mann in meiner Branche sollte aber nach einem Zeitplan leben. Das wissen Sie.«
Es stimmte durchaus, dass ein Geheimagent bei einem Auftrag nie in irgendeine Art von Routine verfallen durfte, die es seinen Gegnern ermöglichte, seine Schritte vorherzusehen, aber Bill Tanner sollte die seltsame unbeabsichtigte Bedeutung von Bonds Worten erst später erkennen.
»Ich kann Ihnen nicht ganz folgen, James. Das trifft doch sicher nicht auf Ihr Leben in England zu«, entgegnete Tanner mit ebenso unbeabsichtigter Ironie.
»Ich dachte eher an das große Ganze. Mein Leben verfällt in eine Art Muster. Ich muss eine Möglichkeit finden, daraus auszubrechen.«
»Meiner Erfahrung nach ereignet sich eine solche Umstrukturierung von ganz allein, sobald die Zeit reif dafür ist. Man muss deswegen nicht selbst etwas unternehmen.«
»Meinen Sie damit etwa das Schicksal oder so etwas?«
Tanner zuckte mit den Schultern. »Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
Für einen Augenblick machte sich eine seltsame Stille zwischen den beiden Männern breit. Dann schaute Tanner auf die Uhr, leerte sein Glas und sagte munter: »Nun, ich denke, Sie wollen sicher langsam los.«
Bond wollte gerade zustimmen, doch er hielt sich zurück. »Zum Teufel damit«, sagte er. »Wenn ich mein Leben ein bisschen durcheinanderbringen will, kann ich ebenso gut sofort damit anfangen.«
Er wandte sich an die Bardame. »Noch mal das Gleiche, Dot.«
»Kommen Sie dann nicht zu spät zu Ihrem Treffen mit M?«, fragte Tanner.
»Er wird sich wohl einfach in Geduld üben müssen. Er isst nicht vor Viertel nach acht zu Abend, und momentan reicht mir eine halbe Stunde in seiner Gesellschaft vollkommen.«
»Ich weiß, was Sie meinen«, erwiderte Tanner mitfühlend. »Ich darf ihm im Büro immer noch nicht zu nah kommen. Wir sind dazu übergegangen, die meisten unserer Plaudereien über die Gegensprechanlage abzuhalten, was mir bestens passt. Ich muss nur sagen, dass es nach Regen aussieht, und schon schreit er mich an und verlangt, dass ich aufhöre, um ihn herumzuwuseln wie ein verwirrtes altes Weib.«
Es war eine lebensechte Imitation, und Bond lachte, aber er wurde schnell wieder ernst, als er sagte: »Das ist nur natürlich. Seeleute hassen es, krank zu sein.«
Im vergangenen Winter hatte sich M einen beunruhigenden Husten zugezogen und er weigerte sich standhaft, etwas dagegen zu unternehmen. Er hatte behauptet, dass er schon von allein verschwinden würde, sobald das Wetter wärmer wurde. Doch der Frühling und der Frühsommer hatten mit der Wärme auch Regen und Feuchtigkeit gebracht, und der Husten war nicht verschwunden. An einem Morgen im Juli hatte Miss Moneypenny einen Stapel Telegramme in sein Büro gebracht und ihn halb bewusstlos über seinen Schreibtisch gebeugt vorgefunden. Sein Gesicht war aschfahl gewesen, und er hatte nach Luft gerungen. Sie hatte Bond aus seinem Büro im fünften Stock nach oben gerufen, und auf das nachdrückliche Beharren des medizinischen Offiziers des Hauptquartiers hin hatten sie M halb mit Gewalt in seinen alten Silver Wraith Rolls Royce bugsiert und ihn nach Hause gebracht. Nach drei Wochen Bettruhe unter der hingebungsvollen Pflege des ehemaligen Chief Petty Officer Hammond und seiner Frau hatte sich M weitestgehend von seiner Bronchialanschoppung erholt, auch wenn seine Laune – wie Bond bei seinen regelmäßigen Besuchen hinreichend feststellte – wohl länger brauchen würde, um auszuheilen … Seitdem hatte Bond es sich zur Gewohnheit gemacht, bei seiner wöchentlichen Rückkehr von Sunningdale beim Achterdeck vorbeizuschauen, dem hübschen kleinen Herrenhaus im Regency-Stil am Rande von Windsor Park. Dabei tat er immer so, als wolle er ganz formlos ein wenig über die Angelegenheiten des Secret Service plaudern, doch in Wahrheit ging es ihm darum, Ms Gesundheit im Auge zu behalten und ein paar heimliche Worte mit den Hammonds zu wechseln, um herauszufinden, ob sich der alte Man auch an die Anweisungen des Arztes hielt, viel Ruhe bekam und, was besonders wichtig war, die Finger von seiner Pfeife und seinen täglichen giftigen schwarzen Zigarrenstumpen ließ. Er war auf einen von Ms typischen Wutausbrüchen vorbereitet gewesen, als er ihm den ersten dieser Besuche vorgeschlagen hatte, doch M hatte nur eine umgehende, wenn auch säuerliche Zustimmung gebrummt. Bond vermutete, dass er sich von der Welt abgeschnitten fühlte, da man ihn vorübergehend zu einer Dreitagewoche verdonnert hatte. (Der medizinische Offizier hatte dieses Zugeständnis nur erhalten, weil er damit gedroht hatte, ihn auf eine Kreuzfahrt zu schicken, wenn er nicht einwilligte.)
Nun sagte Bond: »Warum kommen Sie nicht auch mit, Bill? Ich könnte Sie danach mit zurück nach London nehmen.«
Tanner zögerte. »Ich denke nicht, James, aber trotzdem danke. Später wird noch ein recht wichtiger Anruf von Station L ins Büro durchgestellt, den ich gerne persönlich entgegennehmen würde.«
»Wofür gibt es denn den diensthabenden Offizier? Sie arbeiten doch jetzt schon so viel, dass es für zwei Männer reicht.«
»Nun ja … es ist nicht nur das. Ich würde M ohnehin nicht besuchen wollen. Dieses alte Haus ist mir irgendwie unheimlich.«
Eine Viertelstunde später, nachdem er den Stabschef am Bahnhof abgesetzt hatte, lenkte Bond die lange Motorhaube seines Bentley Continental nach links von der A30 hinunter. Vor ihm lag eine angenehme, gemütliche Fahrt von etwa zehn Minuten, die ihn über gewundene Nebenstraßen zum Achterdeck bringen würde.
Der Mann, der Bond zuvor beobachtet hatte, saß in einem gestohlenen Ford Zephyr, der unauffällig in fünfzig Metern Entfernung von der Abzweigung geparkt war. Nun sprach er ein einzelnes Wort in seinen Hitachi-Sendeempfänger. Gut sieben Kilometer entfernt bestätigte ein anderer Mann die Durchsage mit einem einsilbigen Wort, schaltete sein eigenes Gerät ab und stieg mit seinen beiden Begleitern aus dem dichten Walddickicht, in dem sie die vergangenen zwei Stunden gelegen hatten.
Der Fahrer des Zephyr saß eine weitere Minute lang still da. Es lag in seiner Natur, unnötige Bewegung zu vermeiden, selbst in Momenten wie diesem, in denen er so angespannt war, wie er es sich nur gestattete. Der Zeitplan der Operation war nun fünfzig Minuten im Verzug. Eine weitere große Verzögerung würde nicht nur einen Abbruch nach sich ziehen, sondern eine Katastrophe, denn die Phase, die sein Funksignal soeben eingeleitet hatte, war ebenso unumkehrbar wie brutal. Aber es würde keine weitere Verzögerung geben. Momentan kündigte sich keine an. Das verriet ihm seine Ausbildung.
Am Ende der Minute, die er nach