James Bond 15: Colonel Sun. Robert Markham

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James Bond 15: Colonel Sun - Robert Markham James Bond

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ohne zu zögern tun würde, wenn er es für ratsam hielt.

      Das alles raste innerhalb von etwa drei Sekunden durch Bonds Verstand. Bevor diese Zeit abgelaufen war, hörte er, wie ein Auto in die Einfahrt einbog, und verspürte einen Hauch von Hoffnung. Doch der Mann mit der Luger drehte nicht einmal den Kopf. Der Neuankömmling würde Bonds Chancen zweifellos verschlechtern und nicht verbessern. Nun erklangen schnelle Schritte auf dem Kies, und ein weiterer Mann betrat das Haus durch die Vordertür. Er würdigte Bond, der lediglich einen flüchtigen Eindruck verwaschener blauer Augen erhaschte, kaum eines Blickes. Der Mann strich sein kurzes schwarzes Haar zurück und zog hinter seiner rechten Hüfte eine Waffe hervor, bei der es sich ebenfalls um eine Luger zu handeln schien. Dann schlich er nach draußen, ließ seinen Begleiter zurück und postierte sich am Fuß der Treppe. Seine Bewegungen ließen das Ganze wie eine bestens geplante und einstudierte Übung wirken.

      »Raus hier und langsam nach oben«, sagte der erste Mann im gleichen Tonfall wie zuvor.

      Es ist an sich schon schwierig, in Gegenwart bewaffneter Feinde aus einem Raum im Erdgeschoss zu entkommen, doch die Situation wird nahezu aussichtslos, wenn sie in ein oberes Stockwerk verlagert wird und es am Treppenabsatz oder im Flur eine Wache gibt.

      Bond war sich dessen sofort bewusst, befolgte aber einfach die Anweisung und setzte sich in Bewegung. Nachdem er drei Meter weit gegangen war, wich der Mann mit dem schmalen Gesicht zurück, um den Abstand zwischen ihnen aufrechtzuerhalten. Der zweite Mann stand auf dem Treppenabsatz, hielt die Luger mit festem Griff vor seinem Bauch und zielte auf Bonds Beine. Ja, diese beiden Männer waren zweifellos Profis.

      Bond schaute sich in der unpassenden Normalität der Eingangshalle des Achterdecks um – die glänzenden Täfelungen aus Kiefernholz, das Model von Ms letztem Schiff, dem Schlachtkreuzer Repulse, im Maßstab 1:144, Ms altmodischer Ulster, der achtlos über den ebenso altmodischen Kleiderständer geworfen worden war. Diese Sache war wirklich übel. Übel in jeder Hinsicht, vor allem weil er keine Waffe hatte. Britische Agenten tragen in ihrem eigenen Land außerhalb des Dienstes keine Waffen. Übel war auch, dass die Bereitschaft zu verstümmeln, womöglich sogar zu töten, in Friedenszeiten nicht üblich war – es sei denn, es stand etwas schrecklich Wichtiges auf dem Spiel. Und nicht zu wissen, wie dieser wichtige Einsatz aussehen mochte, kam einem unerträglichen Durstgefühl gleich.

      James Bonds Füße traten automatisch auf die mit abgenutztem, altem olivgrünem Axminster-Teppich bezogenen Treppenstufen. Die beiden bewaffneten Männer gingen im gleichen sicheren Abstand jeweils vor und hinter ihm. Trotz ihrer eindeutigen Kompetenz waren sie ganz offensichtlich Angestellte, Unteroffiziere, die für jemanden arbeiteten. Der befehlshabende Offizier dieser Operation, worum auch immer es dabei gehen mochte, würde sich zweifellos jeden Moment zu erkennen geben.

      »Rein da.«

      Dieses Mal hatte der zweite Mann gesprochen. Der andere wartete auf der Treppe. Bond überquerte die Schwelle zu Ms Schlafzimmer, diesem hohen, luftigen Raum mit den Brokatvorhängen, die von den geschlossenen Balkontüren zurückgezogen worden waren, und stand plötzlich M persönlich gegenüber.

      Ein entsetztes Keuchen entrang sich Bonds Kehle.

      M saß auf einem Chippendale-Stuhl mit hoher Lehne neben seinem eigenen Bett. Seine Schultern waren zusammengesackt, als wäre er um zehn Jahre gealtert, und seine Hände hingen schlaff zwischen seinen Knien. Nach einem Moment schaute er langsam auf und seine Augen richteten sich auf Bond. In seinem Blick lag kein Erkennen, er war vollkommen ausdruckslos. Die übliche eisige Klarheit war aus seinen Augen verschwunden. Aus seinem offenen Mund drang ein seltsamer Laut, vielleicht eine Äußerung der Verwunderung oder eine Frage oder eine Warnung, vielleicht auch alles gleichzeitig.

      Adrenalin wird von den Nebennieren produziert, zwei kleinen Ausbuchtungen, die sich an der Oberseite der Nieren befinden. Wegen der Umstände, die seine Ausschüttung in den Blutkreislauf und seine Auswirkungen auf den Körper bedingen, wird es manchmal auch als Droge der Furcht, des Kampfes und der Flucht bezeichnet. Bei Ms Anblick verfielen Bonds Nebennieren in ihre ursprüngliche Aufgabe, pumpten ihr Hormon in seinen Blutstrom und beschleunigten damit seine Atmung, um sein Blut mit Sauerstoff anzureichern. Außerdem beschleunigten sie seinen Herzschlag, um die Blutversorgung der Muskeln zu verbessern, verschlossen die kleineren Blutgefäße in der Nähe der Haut, um den Blutverlust im Fall einer Verletzung so gering wie möglich zu halten, und sorgten sogar dafür, dass sich die Haare auf seiner Kopfhaut minimal aufrichteten, was ein Überbleibsel aus der Zeit war, in der die primitiven Vorfahren der Menschen für ihre Feinde bedrohlicher ausgesehen hatten, indem sie ihre haarigen Körper aufgerichtet und sich aufgeplustert hatten. Und während Bond noch immer entsetzt auf M starrte, wurde er plötzlich aus unerfindlichen Gründen, womöglich durch das Adrenalin selbst, von einem seltsamen Hochgefühl erfüllt. Er wusste sofort, dass er nicht weich geworden war, dass er im Ernstfall noch immer dieselbe effiziente Kampfmaschine war wie eh und je.

      Eine Stimme sprach. Es war eine neutrale Stimme mit einem neutralen Akzent, und sie benutzte den gleichen praktischen, emotionslosen Tonfall wie die vorherigen Stimmen. Sie sagte streng, aber ohne Eile: »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Bond. Ihrem Vorgesetzten wurde kein Leid angetan. Er wurde lediglich unter Drogen gesetzt, um ihn gefügig zu machen. Sobald die Wirkung nachlässt, wird er wieder ganz er selbst sein. Sie werden jetzt eine Injektion mit der gleichen Droge erhalten. Wenn Sie sich wehren, hat mein Kollege hier Anweisung, Ihnen ins Knie zu schießen. Wie Sie wissen, würde Sie das umgehend vollkommen hilflos machen. Die Injektion ist schmerzlos. Halten Sie die Füße still und lassen Sie Ihre Hose herunter.«

      Der Sprecher war ein bulliger Mann Mitte vierzig. Er war blass, hatte eine Hakennase, fast keine Haare mehr und wirkte auf den ersten Blick genauso unauffällig wie seine Untergebenen. Ein zweiter Blick hätte allerdings gezeigt, dass mit seinen Augen etwas nicht stimmte, oder besser gesagt mit den Augenlidern, die eine Nummer zu groß zu sein schienen. Ihr Besitzer war sich dieser Tatsache eindeutig bewusst, denn er hob und senkte sie unablässig, während er sprach. Anstatt affektiert zu wirken, hatte diese Angewohnheit etwas seltsam Verstörendes an sich. Wenn Bonds Verstand für derartige Überlegungen offen gewesen wäre, hätte ihn dieser Anblick vielleicht an einen Mann der deutschen Agentengruppe »Schwarzer Stein« aus John Buchans Spionageroman Die neununddreißig Stufen erinnert. Dieser Mann konnte seine Augen wie ein Falke bedecken und hatte in Bonds Jugend seine Tagträume heimgesucht. Doch Bonds Gedanken rasten in eine praktischere Richtung.

      Er hatte sich vollkommen unbewusst die Positionen seiner Feinde eingeprägt: Ein bewaffneter Mann stand ihm gegenüber, ein weiterer befand sich irgendwo auf dem Absatz oder der Treppe und bewachte die Tür, und der Mann, der gesprochen hatte, stand mit dem Rücken zu ihm an den Glastüren, die auf den Balkon hinausführten. Ein vierter Mann, irgendein Arzt, der körperlich eher schwächlich wirkte und daher zu vernachlässigen war, stand mit einer Spritze in der Hand am Fußende des Betts. So viel dazu. Nun verlangten zwei Probleme nach einer Lösung, und Bond wusste, dass sie entscheidend waren, ohne den Grund dafür zu verstehen: Wo lag der Trugschluss in dem, was der Mann an den Balkontüren gerade gesagt hatte? Und was war die winzige, unwichtige Tatsache in Bezug auf diese Glastüren, die keinem der vier Männer bewusst war und die Bond sehr wohl kannte, sodass er sie nutzen konnte? Wenn er sich nur daran erinnern könnte.

      »Bewegung.«

      Die Augenlider schlossen sich gebieterisch und öffneten sich dann wieder. Die Stimme war kein bisschen lauter geworden.

      Bond wartete.

      »Sie werden dadurch nichts erreichen. Sie haben fünf Sekunden, um meiner Anweisung Folge zu leisten. Sollten Sie es nach Ablauf dieser Frist nicht tun, werden Sie kampfunfähig gemacht und erhalten die Injektion, sobald es uns passt.«

      Bond verschwendete seine Aufmerksamkeit nicht auf die verstreichenden Sekunden.

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