James Bond 15: Colonel Sun. Robert Markham
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»Woher wollen Sie wissen, dass sie nicht in Ostberlin sind?«, fragte Bond tonlos. »Oder bereits auf halbem Weg nach Moskau?«
»Keine Ahnung.« Mit zitternden Fingern zündete sich Tanner eine weitere Zigarette an und fuhr sich mit einer Hand durch sein schütteres graues Haar. »Es klingt nicht nach denen. So Spiele treiben die nicht mehr. Zumindest glaube ich das. Aber vielleicht hoffe ich das auch nur.«
Bond hatte dazu nichts zu sagen.
»Vielleicht haben sie ihn gar nicht außer Landes gebracht. Möglicherweise ist das ihre beste Chance. Sie verstecken sich einfach mit ihm in Westmorland oder sonst wo und ziehen ihren Plan von einem verfallenen Cottage aus durch. Wie auch immer dieser verdammte Plan aussehen mag. Wir werden es zweifellos herausfinden, sobald sie es wollen. Wir sind erledigt, James. Wir haben ihn verloren.«
Das Telefon klingelte laut in seiner Nische im Flur (M hätte das verhasste Gerät niemals in Sichtweite aufgestellt). Tanner sprang auf. »Ich gehe dran. Bleiben Sie ganz ruhig.«
Bond lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und lauschte mit einem Ohr dem unterbrochenen Brummen von Tanners Stimme in der Nische. Die gedämpften Geräusche der arbeitenden Polizisten, ihre bedächtigen Schritte, klangen falsch und unmelodisch. Das Arbeitszimmer, in dem Bond saß – er bemerkte nun zum ersten Mal Ms alte Tabakspfeife, die in einem kupfernen Aschenbecher lag –, wirkte auf ihn sogar noch museumsartiger als zuvor. Es war, als hätte M es nicht vor Stunden, sondern vor Wochen oder Monaten verlassen. Es war eher ein vergessenes Bühnenbild als ein Museum. Bond hatte das beunruhigende Gefühl, dass sich die scheinbare Steinwand nach außen wölben und als Leinwand herausstellen würde, wenn er aufstehen und mit seiner Hand dagegen drücken würde.
Tanners plötzliche Rückkehr riss Bond aus seiner Trance – offenbar befanden sich noch immer Spuren der Droge in seinem Kreislauf. Das Gesicht seines Freundes war ernst und abgehärmt. Er sah schrecklich aus.
»Tja, James, ich hatte fast recht. Ein toller Trost.« Dann machte er sich wieder daran, auf dem Teppich auf und ab zu gehen. »Shannon. Sie sind um zwanzig vor neun mit dem Aer-Lingus-Flug 147A abgereist. Die Mitarbeiter, die zu dieser Zeit Dienst hatten, erinnern sich gut an sie. Die ganze Aktion war bis ins kleinste Detail durchgeplant – ein Muster vorangegangener Reisen, an denen angeblich dieselben vier Personen teilgenommen hatten, eine auf die Sekunde abgepasste Ablenkung, das volle Programm. Ich frage mich, was sie für Sie und unseren Freund in der Eingangshalle geplant hatten. Wie dem auch sei …
Sie sind etwa gegen halb zehn in Shannon gelandet. Das war vor … fast zweieinhalb Stunden, als Sie noch ziellos durch diesen Wald gewandert sind. Also sind sie jetzt weg. Sie wurden in Shannon mit einem Auto abgeholt und weiß der Himmel wohin gefahren. Ich kenne die Küste dort ein wenig. Vermutlich wollten sie zu einer der vielen Hundert abgelegenen kleinen Buchten. Diese Küste muss die einsamste in ganz Westeuropa sein. Danach … können Sie genauso gut würfeln, was passiert ist. Entweder sind sie mit einem Boot zu einem Schiff gerudert oder meinetwegen auch zu einem U-Boot – diese Angelegenheit scheint auf jeden Fall von dieser Größenordnung zu sein. Dann haben sie sich gute hundert Kilometer weit draußen auf dem Atlantik mit einem Flugschiff getroffen. Und jetzt könnten sie sich überall auf der Welt befinden.
Das sind also die Tatsachen«, beendete Tanner seine Ausführungen. »Wir werden die irische Küstenwache und Marine informieren. Sie sollen besonders wachsam sein. Das wird sehr hilfreich sein. Und wir schicken noch heute Nacht einen Mann dorthin. Er wird uns ebenfalls eine große Hilfe sein. Und dann sind da noch die diversen Parteien in London, denen wir zumindest mitteilen können, dass sie sich versammeln sollen. Kommen Sie, James, gehen wir ein bisschen telefonieren. Viel mehr können wir hier nicht tun. Dieses Haus war mir schon immer unheimlich.«
Inspector Crawford, ein großer, finsterer Mann Mitte vierzig, der Bond sofort sympathisch gewesen war, kam auf sie zu, als sie den letzten von drei Anrufen beendet hatten. Er hatte einen großen, unverschlossenen hellbraunen Umschlag bei sich.
»Wir sind hier so gut wie fertig, meine Herren. Wenn Sie aufbrechen wollen, denke ich, dass Sie alles, was Sie benötigen, hier drin finden werden.« Er reichte Tanner den Umschlag und deutete dann auf die Leiche auf dem Boden, ohne sie anzusehen. »Das ist der Inhalt der Taschen des Mannes. Wir waren recht überrascht, dass es darin überhaupt etwas gab. Man sollte meinen, sie hätten versucht, seine Identität zu verbergen. In dem Umschlag sind auch seine Kleidungsetiketten, die leider alle der Standardausführung entsprechen. Es gibt keine Wäschereietiketten. Außerdem finden Sie darin drei recht gute Fotografien von dem, was von ihm übrig ist, sowie einen Satz Fingerabdrücke, Größen- und geschätzte Gewichtsangabe. Er hatte keinerlei auffällige Merkmale. Aber wenn er in Ihren Akten steht, gehe ich davon aus, dass Sie in der Lage sein sollten, ihn in null Komma nichts zu finden, auch ohne sein Zeug. Schließlich konnte Mr Bond einen ausgiebigen Blick auf ihn werfen, als er noch lebte. Oh, und dann ist in dem Umschlag noch der vorläufige Bericht des Arztes, nur der Vollständigkeit halber. Das ist alles. Ich muss Sie bitten, für die Besitztümer des Toten zu unterschreiben, Sir. Und wir brauchen sie zurück, sobald Sie damit fertig sind.«
Tanner kritzelte seine Unterschrift auf das hingehaltene Formular. »Danke, Inspector. Ich fürchte, Sie werden uns umgehend nach London begleiten müssen, um an einer Besprechung teilzunehmen, die womöglich den Rest der Nacht in Anspruch nehmen wird. Das meiste davon wird Sie nicht betreffen, aber irgendjemand wird sich zweifellos beschweren, wenn Sie nicht vor Ort sind, um die Polizei zu repräsentieren. Ich nehme an, Sie verstehen das.«
Crawford nickte gleichgültig. »Ich denke schon, Sir. Wenn Sie mir nur noch zwei Minuten geben, stehe ich danach zu Ihrer Verfügung.«
»Ihnen ist natürlich klar, dass diese Angelegenheit als absolut geheim behandelt werden muss, nicht wahr? Teilen Sie Ihren Kollegen mit, dass sie das Telefon wieder funktionsunfähig machen sollen, sobald alle hier raus sind. Ich danke Ihnen für alles, was Sie und Ihre Männer getan haben. Wir treffen Sie dann draußen, sobald Sie aufbruchsbereit sind.«
Als sie das Haus verließen, warf Bond einen kurzen Blick auf die Leiche des Mannes, dessen Tod er unwissentlich herbeigeführt hatte. Sie lag da und wartete darauf, weggebracht und ordnungsgemäß entsorgt zu werden, ein Stück Schutt, vollkommen bedeutungslos. Bond hasste und fürchtete die halb verschleierte Absicht, die diese Männer in dieses Haus geführt hatte, doch er konnte nicht umhin, ein wenig Mitleid bei dem Gedanken an den beiläufigen Zufall zu empfinden, der zu diesem unerfreulichen Ergebnis geführt hatte. Würde James Bond ebenfalls so enden? Würde man ihm einen Kopfschuss verpassen und ihn dann wie einen Haufen ungewollter Kleidung beiseitewerfen, um einen kleinen Fehler in jemandes Plan auszubügeln?
Das enorme Strahlen der Sterne am samtschwarzen Spätsommerhimmel draußen vor dem Haus verscheuchte diese Gedanken. Das war gutes Flugwetter. Wohin brachten sie M? Das spielte momentan keine Rolle. Es hatte keinen Sinn, wild ins Blaue zu spekulieren. Ein frostiger Hauch lag in der Luft, und Bond merkte, dass er hungrig war. Das spielte jetzt ebenfalls keine Rolle. Vor seiner Ankunft in London würde er nichts zu essen bekommen und dort womöglich auch erst einmal nicht.
Gemeinsam mit Tanner passierte Bond die dunklen klobigen Gestalten der beiden Polizeiautos und ging auf seinen Bentley zu, der noch immer dort stand, wo er ihn vor einer gefühlten Ewigkeit geparkt hatte. Tanner legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Nein, James. Sie fahren mit mir. Ich werde mich morgen um Ihren Wagen kümmern.«
»Unsinn, ich bin vollkommen in Ordnung.«
»Und wir können nicht sicher sein, dass der Wagen nicht mit einer Sprengfalle