Schloss Frydenholm. Hans Scherfig

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Schloss Frydenholm - Hans Scherfig

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zum Trocknen aufgehängt war, nicht in Ruhe ließ. Die Polizei war wegen dieser Leidenschaft hinter ihm her gewesen. Sie war auch hinter ihm her gewesen, als Gutsbesitzer Skjern-Svendsen ermordet worden war, und sie hatte eine Zeitlang geglaubt, Höschen-Marius sei der Mörder, denn man hatte ihn in der Mordnacht gesehen, wie er durch das Dunkel schlich, weiblichen Wäschestücken nachstellend. Aber Höschen-Marius war wirklich nicht der einzige gewesen, den man verdächtigt und verhaftet hatte, und hätte sich der verrückte Gärtner nicht selbst gestellt, wäre vielleicht ein unschuldiger Mensch verurteilt worden.

      Der Kaufmann flaggte und die Hebamme und die Molkerei und das Gemeindebüro. Und eine Fahne wehte vor dem „Historischen Krug“, wo der Gøngehøvding 1 einstmals Schinken und Ei gegessen hatte und Rasmus Larsen am Abend des fünften Juni vor den Mitgliedern des Wählervereins über die freieste Verfassung und Demokratie der Welt und über die Volksgemeinschaft sprechen wollte; danach würde ein Zauberkünstler auftreten, und dann sollte getanzt werden.

      Nur der Gutshof flaggte nicht, als der junge Graf Preben Flemming Fido Rosenkop-Frydenskjold seinen Einzug hielt. Das große rote Gebäude lag düster und zurückgezogen zwischen uralten, hohen Lindenbäumen hinter Wällen und grünen Gräben. Ein seltsam fremdartiges Bauwerk inmitten der lieblichen seeländischen Landschaft, errichtet von ausländischen Junkern als Feste gegen die Einwohner, groß und massiv und anmaßend, mit Ecktürmen und Schießscharten und schmalen Fenstern in den meterdicken Mauern. Ein geheimnisumwobener Ort mit verborgenen Gängen, mit vermoderten Leichen hinter der hölzernen Täfelung, mit Skeletten unter den Steinfliesen des Fußbodens und voller dunkler Erinnerungen an Jahrhunderte währenden Mord.

      Erst vor einem Jahr war der vorige Besitzer in seinem historischen Himmelbett erwürgt worden, ein Ereignis, das sich gut in die Tradition des Hauses einfügte.

      Frydenholm sollte auch in Zukunft eine Heimstatt des Verbrechens sein.

      2

      Die erste Spazierfahrt, die Graf Rosenkop-Frydenskjold durch das Dorf unternahm, ging nicht in einer vierspännigen Kutsche vor sich, wie viele es zu sehen erwartet hatten, sobald wieder ein Graf auf Frydenholm wohnen würde.

      Der junge Graf kam auf einem Traktor mit hoher Geschwindigkeit im Zickzack angefahren. Darunter litten die kleinen Zäune vor den Häusern, erst auf der einen Seite der Straße, dann auf der anderen. Höschen-Marius’ weißgestrichener Zaun zersplitterte, die Ligusterhecke der alten Emma schräg gegenüber wurde flachgedrückt, und ihr Grünkohl und die roten Bete und der Porree wurden tief in die gutgedüngte Erde gepreßt. Danach wurde die Gartentür des Doktors abgerissen und Rasmus Larsens Steinmauer umgeworfen, und schließlich landete das gräfliche Fahrzeug in Bäcker Andersens neuer Spiegelglasscheibe zwischen Kuchen und Schokoladenfiguren.

      Höschen-Marius kam zum Vorschein, groß, schwer, mit hängendem Schnurrbart und feuchter Nase, starrte verwundert auf die seltsame Fahrspur und fühlte trotz des Erschreckens eine Art Wohlbehagen in seinem langen Körper, weil ein Graf ihm so nahe gewesen. Doch die alte Emma war wütend, sie schimpfte und wetterte über die Zerstörung der Ligusterhecke und der Gemüsepflanzen, die sie so sorgsam mit dem Latrineneimer gepflegt hatte. „Ist das eine Art, so zu fahren?“ schrie sie. „Ist denn auf der Straße nicht genügend Platz? Da hat man den Porree gegossen und gedüngt, und dann kommt so ein Affe und macht alles kaputt! Und meine schöne Ligusterhecke!“

      „Das war der Graf“, sagte Höschen-Marius.

      „Ich scheiß was auf den Grafen! Er soll mit seinem elenden Schlitten nicht anderer Leute Ligusterhecken kaputt fahren“, antwortete Emma respektlos; sie war wütend und vergaß, daß sie einmal dem Nähzirkel der Damen angehört und im Pfarrhaus verkehrt hatte.

      Der Doktor war nicht zu Hause, dafür eilten Bäcker Andersen und Frau Andersen herbei, um Erste Hilfe zu leisten. Aber dem Grafen war nichts zugestoßen, und als man ihn stützen und ihm das in solchen Fällen übliche Glas Wasser aufdrängen wollte, verlangte er ein Bier. Man holte rasch ein paar Flaschen und trank zwischen Glasscherben und zerdrücktem Butterkuchen, und der Graf war natürlich und jovial, trank aus der Flasche, stieß mit dem Bäcker an und duzte ihn, als wäre er seinesgleichen. Der Graf war nicht hochmütig, und es wurde mehr Bier geholt, und der Graf pißte demokratisch in den Bäckerladen, bevor er beschloß, aufzubrechen und sich zurück ins Schloß zu begeben, ehrerbietig von Andersen gestützt.

      Alles wäre friedlich und ruhig verlaufen, wäre nicht Landpolizist Hansen zufällig auf dem Rad vorbeigekommen, der sich über den Traktor im Schaufenster, die umgeworfenen Zäune und die breitgetretenen Torten dann doch reichlich wunderte. Er hörte sich Emmas heftige Klagen an und hielt es für notwendig, Anzeige über die Sache zu erstatten. Dadurch wurde der kleine Spaß in weiteren Kreisen bekannt. Einige Lokalzeitungen schrieben darüber, und der Graf mußte später eine Geldstrafe von einhundert Kronen an die Staatskasse zahlen.

      „Was da für Papier verbraucht wird!“ sagte Niels Madsen. „Papier und Anzeigen und Schreibereien: Das ist das System‘! Dafür verschwendet man das Geld der Steuerzahler! Und die Juden müssen schließlich etwas haben, worüber sie in ihren Zeitungen schreiben können!“

      „Aber Redakteur Jörgensen vom Kreisblatt ist ja nun wirklich kein Jude“, wandte seine Frau ein.

      „Er wird wohl doch einer sein!“ erwiderte Niels Madsen.

      „Hast du eigentlich jemals einen Juden gesehen?“ fragte seine Frau verdrossen.

      „Was heißt gesehen? Ich habe sie nicht direkt gesehen. Aber man fühlt sie doch immerzu. Sie haben sich überall eingeschlichen. Der eine hilft dem anderen hinein. Sie sitzen in ihren Geschäftshäusern dort in Kopenhagen und bestimmen alles. Sie beherrschen die Hochfinanz und die Zeitungen und die Banken und alles!“

      „Skjern-Svendsen war doch auch kein Jude“, sagte Frau Madsen. „Er war nur Jüte. Und er besaß Güter, Webereien, die Knopffabrik und die Textilfabrik und was weiß ich noch alles.“

      „Skjern-Svendsen vielleicht nicht. Aber die anderen. An wen, glaubst du, zahlen wir Zinsen, wenn nicht an die Juden? Und wer, glaubst du, regiert die Gewerkschaften und macht den Sozialismus?“

      „Hier regiert ja Rasmus die Gewerkschaft“, sagte Frau Madsen stur. „Ich habe nie gehört, daß er Jude sein soll. Er geht in die Kirche und ißt Schweinebraten, und Juden dürfen kein Schweinefleisch essen.“

      „Du kannst Gift darauf nehmen, daß sie Schweinefleisch essen“, sagte Niels Madsen. „Sie sitzen auf Schweinefleisch und fressen es auch. Es sind gerade die Juden da drüben in England, die unseren feinen Schinken fressen, ohne etwas dafür zu bezahlen!“

      Rasmus Larsen brachte seine Mauer wieder in Ordnung und die herausgerissenen Steingartenpflanzen und immergrünen Gewächse wieder in die Erde. „Hierzulande sind alle vor dem Gesetz gleich“, sagte er. „Bei uns herrscht Demokratie. Auch ein Graf wird zur Rechenschaft gezogen, wenn er die Verkehrsregeln verletzt. Wir sitzen doch alle im selben Boot, ohne Ansehen der Person. Da werden keine Unterschiede gemacht.“

      Und Bäcker Andersen bekam seine Scheibe erstattet, und Höschen-Marius seinen Zaun und der Doktor seine Gartentür. Aber die Ligusterhecke der alten Emma wurde nicht für so wertvoll befunden, daß man dafür eine Entschädigungssumme festsetzte. Sie würde wohl auch von selbst nachwachsen.

      „Es gibt kein Recht für die Armen!“ jammerte Emma. „Und der schöne Porree, der bis zum Herbst so dick wie ein Arm werden sollte! Der soll nichts wert sein, wo ich ihn so gedüngt habe! Nein, es ist schon so, wie im Psalm geschrieben steht: Unrecht spricht man jetzt statt Recht!“

      „Bist du vielleicht Bolschewik

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