Schloss Frydenholm. Hans Scherfig

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Schloss Frydenholm - Hans Scherfig

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die moralische Verfassung der Kommunistischen Partei Dänemarks. Die Führer der Kommunistischen Partei stellen die Möglichkeit, parteipolitischen Profit zu erzielen, über jede Rücksichtnahme, auch über die Rücksicht auf die Zukunft der Nation und der Arbeiterbewegung.

      Die Führer der Kommunistischen Partei Dänemarks haben in diesen Tagen ihren historischen Platz eingenommen. Wir zweifeln nicht daran, daß die Zeit kommen wird, wo man sie dafür zur Verantwortung zieht. Im Augenblick haben wir in den Gewerkschaften nur die Pflicht, sie zu bekämpfen und ihnen ihre Vertrauensposten zu entziehen, sofern sie noch die Gelegenheit haben, solche zu bekleiden.“

      22

      „Wir zweifeln nicht daran, daß die Zeit kommen wird, wo man sie dafür zur Verantwortung zieht“, schrieb die Zeitung.

      Auch Kommissar Horsens las den Artikel und reichte dann die Zeitung seinem Stellvertreter. „Ich bin kein Politiker“, sagte er, „und ich interessiere mich, offen gesagt, sehr wenig für Politik. Aber ich finde, daß sie in dieser Zeitung die Dinge klar und deutlich ausdrücken.“

      In der Abteilung D des zweiten Inspektorats herrschte Geschäftigkeit. Kommissar Horsens und sein Stellvertreter Odense rackerten sich ab; sie schwitzten bei der sommerlichen Wärme. Die Fenster des geheimen Büros standen zur Welt hinaus offen, man hörte die Geräusche der Stadt, die Straßenbahnen, die Kräne im Hafen, die Lange Brücke, wenn sie geöffnet oder geschlossen wurde, den Gesang einer Kolonne marschierender Soldaten. „Denn wir fahren, denn wir fahren, denn wir fahren gegen Engelland!“

      Die gewaltige Kartei der Abteilung war durchgesehen worden. Jede einzelne Karte hatte man herausgezogen und gelesen, und aus den fünfundsiebzigtausend Namen hatte man die Namen der Kommunisten herausgesucht und in eine besondere Kartei – getrennt von der großen Hauptkartei – eingestellt.

      Jetzt waren die beiden Herren dabei, die Sonderkartei zu sortieren; sie ordneten die Namen in Gruppen, die dem Grad ihrer Gefährlichkeit entsprachen.

      Ein großer Tisch war mit weißen Karteikarten bedeckt, man konnte den Eindruck gewinnen, die beiden Kommissare seien damit beschäftigt, eine Patience zu legen oder irgendein anderes Spiel zu spielen. Sie waren beide in Hemdsärmeln, Horsens trug eine Weste und Ärmelhalter. Vor ihm auf dem Tisch stand inmitten der Karten das Foto von Frau Horsens und den Kindern, den Lieben zu Haus. Es stand auch Bier auf dem Tisch, und die schwitzenden Kommissare labten sich häufig.

      Die Namenskarten wurden folgendermaßen sortiert: Die erste Gruppe umfaßte die Kommunisten, die Mitglied der zentralen Leitung der Partei waren, die zweite Gruppe die Mitglieder des Parlaments oder kommunaler Verwaltungen, die dritte die Mitglieder von Gewerkschaftsleitungen, die vierte schließlich Redakteure, Journalisten und so weiter.

      Es war ein mühseliges Puzzlespiel, und wenn die Abteilung D auch in Zukunft als Informationsabteilung fungieren sollte, wo die Behörden Auskünfte über einzelne Bürger einholen konnten, war die Umgruppierung der Namenskarten widersinnig und störend. Die Neuordnung hatte nur einen Sinn, wenn man damit eine Verhaftungsaktion vorbereitete, wenn man damit rechnete, daß eines Tages der Befehl zur Verhaftung der aktiven dänischen Kommunisten gegeben würde.

      Sollten zum Beispiel die deutschen Besatzungsbehörden einmal die dänische Polizei auffordern, gegen ihre kommunistischen Landsleute vorzugehen, mußte das Material in Ordnung sein. Und dafür schwitzten die beiden dänischen Kommissare schon jetzt.

      Der lange, erbitterte Krieg zwischen der Abteilung D der Kopenhagener Polizei und der Sipo der Reichspolizei war nach der Besetzung des Landes eingestellt worden. Unter den für Dänemark so ernsten Verhältnissen mußten Einigkeit und Zusammenhalt auch im Polizeipräsidium herrschen. Gleich nach dem neunten April waren die beiden geheimen Abteilungen einer neugegründeten Institution, die sich „Der Staatsanwalt für besondere Angelegenheiten“ nannte, unterstellt worden. Sie sollte als Bindeglied zwischen der deutschen Besatzungsmacht und der dänischen Polizei fungieren; ihre Aufgabe war es, mögliche Vergehen dänischer Staatsbürger gegen die Besatzungsbehörden oder die deutschen Truppeneinheiten, die „auf Grund von Vereinbarungen mit der dänischen Regierung“ das Land besetzt hielten, aufzuklären und die Täter zu verfolgen.

      Der Leiter dieser neuen Institution war Staatsanwalt Niels Hernild. Er war einmal Polizeichef in Skjern gewesen. Dort hatte er den cholerischen Polizeichef Rold abgelöst, der nach einem Nervenzusammenbruch pensioniert werden mußte – Rold hatte versucht, seine Frau zu erwürgen, die dem „Bols Blau“ und der Mayonnaise verfallen war. Nachdem Hernild die Ordnung im Polizeikreis Skjern wiederhergestellt hatte, wurde er Polizeianwalt in Kopenhagen, wo er bald den Ruf eines pflichtbewußten und tüchtigen Beamten genoß. Auf Ferienreisen in den Harz und an den Rhein hatte er Deutsch gelernt. Das kam ihm nun zugute. Er war als gewissenhafter und einsichtiger Jurist und als friedlicher Mensch bekannt, der sich für Heraldik und Stammbäume interessierte. Nie wäre ihm eingefallen, daß er ausersehen war, eine Rolle in der Geschichte Dänemarks zu spielen. Und als es soweit kam, sorgte er bescheiden dafür, daß diese Rolle so klein wie möglich blieb.

      Als Kommissar Horsens nach Monaten harter Arbeit seine Sonderkartei über die Kommunisten zusammengestellt hatte, beauftragte er zwei jüngere Detektive, die Oberwachtmeister William Hansen und Viggo Thygesen, diese Sonderkartei à jour zu führen und so schnell wie möglich alle bedeutenden Kommunisten Dänemarks in einer dem gegenwärtigen Stand entsprechenden Kartei zu erfassen.

      „Ich verstehe nur sehr wenig von Politik“, sagte Kommissar Horsens. „Ich kümmere mich um mich selbst und mische mich nicht in die Angelegenheiten anderer Leute. Ich habe nicht die richtigen Voraussetzungen, das Material hier politisch einschätzen zu können. Wir brauchen junge, frische Kräfte, die mitten im Leben stehen und den Pulsschlag der Zeit fühlen.“ Es bereitete dem herzenswarmen Jüten große Freude, der Jugend unter den für unser Vaterland so schwierigen Verhältnissen eine verantwortungsvolle Aufgabe übertragen zu können.

      Hansen und Thygesen nahmen die Sache mit Energie und Geschick in Angriff. Kommissar Horsens hatte wirklich einen guten Griff getan. Zum erstenmal in der bewegten Geschichte der Abteilung D gehörten ihr Polizeibeamte an, die gewisse elementare Voraussetzungen mitbrachten, wie sie nun einmal zur politischen Beurteilung der gesammelten Auskünfte notwendig waren. Sie teilten nicht ganz die bisher in der Polizei vorherrschende Meinung, wonach die Kommunistische Partei nur von Personen mit Abitur geführt werden könne.

      Zu der Zeit, als die Detektive Hansen und Thygesen mit der Sonderkartei der Abteilung D beschäftigt waren, stattete Professor Praahs Reichspolizeichef Rane, den er von Abendgesellschaften her kannte, im Polizeipräsidium einen Besuch ab.

      Der Professor wollte den Reichspolizeichef um einen persönlichen Dienst bitten. „Es handelt sich um meinen Sohn, Flemming Praahs, Sekretär im Sozialministerium. Wie sich Herr Reichspolizeichef vielleicht erinnern können, ist der junge Mann in seiner Studentenzeit ein paar Jahre lang Kommunist gewesen.

      „Wer ist in seiner Studentenzeit nicht Kommunist gewesen?“ sagte Rane liebenswürdig und hob entschuldigend die Hände. „Das gehört dazu. Die Jugend ist idealistisch. Später werden wir vernünftiger. Ich kann mich erinnern, daß da mal etwas mit Ihrem Sohn war. Hat er nicht irgendwann eine Bombe verloren?“

      Flemming habe sich in der Studentenvereinigung zu einigen Dummenjungenstreichen verleiten lassen, erklärte der Professor. Damals wurden wohl Stinkbomben geworfen. Flemming habe keine Bomben geworfen, durch einen unglücklichen Zufall jedoch sei in seiner Hosentasche ein Kanonenschlag explodiert, wobei er an einer empfindlichen Stelle Verbrennungen erlitten habe. Die Polizei habe ihn verhört, und wenig später mußte er, der Vater, eine Geldstrafe für ihn bezahlen.

      „Ach ja, die jungen Leute!“ Der Reichspolizeichef winkte ab. „Aber jetzt kommt Ihr Sohn wohl nicht

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