Schloss Frydenholm. Hans Scherfig

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Schloss Frydenholm - Hans Scherfig

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Harald Horn kam vorläufig nicht zu Besuch in das Pfarrhaus. Er hatte in der Hauptstadt mehr als genug zu tun mit vielen neuen Freunden, mit viel Schreiberei, mit Versammlungen und Vorträgen und mit gesellschaftlichen Verpflichtungen. In der „Danmarkstidende“ schrieb er Artikel über den Kulturbolschewismus und nannte darin die Namen der Schriftsteller, deren zersetzende Tätigkeit in einer Zeit der nationalen Besinnung und der germanischen Gemeinschaft nicht länger geduldet werden könne. „Ihr roter Stern ist im Sinken!“ schrieb er prophetisch. Er hielt Reden und wöchentlich einen Rundfunkvortrag über den nordischen Geist im germanischen Raum, er war eifrig und unermüdlich und auf der Höhe der Zeit.

      Da blieb auch nicht ein Tag für Ferienreisen oder stille Stunden im Pfarrhof. Zudem war es beschwerlich geworden, im Lande zu reisen. Es verkehrten weniger Züge, und die Abteile waren überfüllt und ungemütlich. Benzin für Privatwagen gab es nicht; sie mußten in den Garagen aufgebockt werden, standen da und veralteten. Die Autobesitzer mußten sich in kollektiven Verkehrsmitteln unter geringere Menschen mischen, und sie saßen in den Zügen und Straßenbahnen und ließen sich anmerken, daß sie Besseres gewohnt waren. Benzin gab es nur für lebenswichtige Fahrten.

      Der gelbe Autobus fuhr mit einem Gasgenerator; ein rauchender Kachelofen an der Rückwand und Säcke mit Buchenklötzchen und Torf auf dem Dach. Von Zeit zu Zeit mußte der Fahrer anhalten, auf das Dach klettern, mit einer Eisenstange im Kachelofen rühren und Heizmaterial nachschütten. Daß man auf diese Art fahren konnte, war ein technisches Wunder.

      Aber François von Hahn kam in einem richtigen Benzinauto nach Frydenholm, seine Fahrten waren wohl ebenso lebenswichtig wie die des Arztes. Auch deutsche Offiziere kamen in großen, eleganten Autos nach Frydenholm. Fliegergeneral Leonard von Kaupisch in eigener Person kam nach Frydenholm, aß im Schloß zu Mittag und übernachtete in dem historischen Himmelbett, während deutsche Soldaten und dänische Gefolgsleute Wache hielten. Es gab Festlichkeit und Vornehmheit und Betrunkenheit wie in alten Zeiten, als der Schwedenkönig und Oberst Sparre und seine Dragoner Frydenholm besuchten. Graf Rosenkop-Frydenskjold war ein lustiger und verschwenderischer Wirt, wie auch seine Vorfahren es gewesen waren.

      Am Abend, wenn die Fenster der kleinen Häuser im Dorf mit schwarzem Papier verdunkelt sind, strahlt das Licht aus den Fenstern des Schlosses, und Musik und Gesang klingen weit über das Land. Die Leute stehen im Dunkeln an der Gittertür und sehen hinauf zu der Herrlichkeit. Höschen-Marius steht dort mit offenem Mund und feuchter Nase und reckt den Hals. Und ein paar von Niels Madsens Fürsorgejungen stehen dort und starren. Einer von ihnen hat eine unsympathische Physiognomie, eine gebrochene Nase und einen lauernden Blick.

      20

      Dr. Damsø hatte ein Menschenalter lang treu das „Dagbladet“ abonniert. Nun bestellte er es ab.

      Er setzte sich hin und schrieb eine ausführliche Begründung zu diesem Schritt. Er schrieb sie mehreremal um, gab sich erhebliche Mühe dabei, las sie sich dann selbst vor und war nicht unzufrieden mit seinem Schreiben, das er an Chefredakteur Jens Angvis adressierte.

      Angvis hatte sich gewissenhaft an die Instruktionen gehalten und einen Leitartikel verfaßt, in dem er feststellte, daß nur Englands Haltung und Maßnahmen die Ereignisse im Norden ausgelöst hätten. Vieles deute darauf hin, daß Churchill in seiner Auffassung beharre, die skandinavischen Länder seien eine gute Operationsbasis gegen Deutschland. Doch man habe in London nicht mit der Schnelligkeit und dem Wagemut der Deutschen gerechnet.

      Die Deutschen hatten nichts gegen den Artikel einzuwenden, aber die dänischen Leser des „Dagbladet“ verhielten sich überraschend. Nicht nur Dr. Damsø bestellte die Zeitung ab. Fast zehntausend Abonnenten reagierten ebenso, und viele von ihnen begründeten ihren Schritt wie Dr. Damsø in langen, wohlüberlegten Briefen an die Redaktion.

      Chefredakteur Angvis war erstaunt. Er verstand seine Landsleute nicht. Hatten sie noch nicht begriffen, daß Dänemark von den Deutschen besetzt war? Da bestellten die Leute einfach die Zeitung ab. Zehntausend! Gut, das durften sie. Alle konnten die Zeitung abbestellen, wenn sie es wollten. Dann ging die Zeitung ein. War es das, was sie wollten? Dann würden sie statt des „Dagbladet“ deutsche Zeitungen bekommen!

      Der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft war besorgt und berief eine Tagung ein, um über die Sache zu beraten. Sich den neuen Zuständen im Lande anzupassen schien schwieriger zu sein, als man erwartet hatte. Der Redaktion wurde dringend empfohlen, in Zukunft etwas geschickter vorzugehen. Deutsche Gefühle dürften selbstverständlich unter gar keinen Umständen verletzt werden, aber man sollte doch auch ein wenig Rücksicht auf die dänischen Abonnenten nehmen.

      Als Ausdruck der dänischen Gesinnung des „Dagbladet“ brachte man nun in jeder Ausgabe Bilder des Königs. Der tägliche Spazierritt des Königs wurde wie eine bedeutungsvolle nationale Tat beschrieben. In dieser für Dänemark so ernsten Zeit ritt unser König! Konnte es etwas Stärkendres und Aufmunternderes geben? Dort ritt er. Ein Vorbild und ein Beispiel für sein Volk, so saß er zu Pferde. Dieses Reiten glich einem Versprechen, das König und Volk sich gaben. Es war wie ein wärmender Handschlag. Kerzengerade ritt der König. Er glich der brennenden Kerze, nach der alles Lebende sich in der Nacht umschaut. Ein Lichtschimmer, Feldzeichen des Volkes. Seht, so soll ein König sein! schrieb „Dagbladet“.

      Redakteur Jens Angvis kam auf den Gedanken, im „Dagbladet“ müsse ein Gedicht über den reitenden König erscheinen, und verständigte den Lyriker der Aktiengesellschaft, Ole Jastrau. Der Dichter hatte sich in den zwanziger Jahren durch ekstatische Revolutionsgedichte einen Namen gemacht. Er war es auch, der am Ostermorgen des Jahres 1920 von der Treppe der Marmorkirche herab vor einem Haufen Studenten die Räterepublik ausgerufen hatte, ohne daß die Polizei es für notwendig hielt einzuschreiten. Nun war er Gelegenheitsdichter für das „Dagbladet“. Sein Spezialgebiet waren Familienangelegenheiten des Königshauses, im übrigen war er für alles verwendbar, was sonst noch anfiel. Er war der Mann, der kurzfristig das Gedicht über den reitenden König liefern konnte.

      Ole Jastrau dichtete. Er saß in seinem schmalen Redaktionsbüro und formte schwitzend und schnaufend Strophen. Was reimte sich auf reiten? Nein, das ging nicht. 6 Als der Reim endlich sich zu glätten und zufriedenstellende Formen anzunehmen begann, klopfte es an der Tür.

      „Wer zum Teufel ist da? Ich will nicht gestört werden! Ach, du bist es, Vuldum.“

      Sein Kollege Arne Vuldum stand, einen englischen Bowler auf dem Kopf, einen Regenschirm in der Hand, groß und spöttisch lächelnd vor ihm. „Oh, mein Herr, störe ich etwa?“

      Der schwitzende Jastrau sah seinen Kollegen böse an. „Selbstverständlich störst du! Was willst du? Falls du Geld borgen willst, ich habe keins!“

      „Lieber Freund, ich sehe, du dichtest, und ich merke, du bist reizbar“, sagte Arne Vuldum mit leichtem Oxfordakzent. „Ich will dich nicht aufhalten. Ich wollte dir nur in aller Höflichkeit die Abendausgabe des ,Morgenbladet‘ überreichen.“

      „Leg sie hin und laß mich in Frieden!“ sagte Jastrau.

      „,Morgenbladets‘ Abendausgabe bringt heute ein Poem, das dich bestimmt ergreifen wird. Aber du dichtest ja selbst gerade und bist in gereizter Stimmung, da will ich mich lieber rasch zurückziehen.“ Vuldum entfernte sich, ließ aber die Zeitung vor dem Schreibenden liegen. Sie war so gefaltet, daß Jastrau unter allen Umständen ein großaufgemachtes Gedicht sehen mußte, das den Titel trug: „Der König reitet.“ Das „Morgenbladet“ war wieder zuvorgekommen. Ein konkurrierender Lyriker hatte das Gedicht über den reitenden König geliefert.

      „Verdammt!“ knurrte Jastrau, zerknüllte das Manuskript und schleuderte es in den Papierkorb. Dann ging er in die Kantine.

      „Dagbladet“ durfte den König

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