Schloss Frydenholm. Hans Scherfig

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Schloss Frydenholm - Hans Scherfig

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so einem wie Niels Madsen? Und was mit dem Grafen und seinen Gefolgsleuten? Was würden sie jetzt wohl aushecken?“

      „Und Höschen-Marius?“

      „Scheiß was auf den! Aber die im Schloß, was machen die jetzt? Was bereiten die vor? Was haben wir von der Seite zu erwarten?“

      17

      Aufgabe eines Historikers ist es, die Geschehnisse leidenschaftslos zu betrachten und Ruhe zu bewahren, wenn sich die Dinge rundum überstürzen.

      Als Professor Praahs, der in allen Fachfragen sehr gewissenhaft vorging, am neunten April von seinem Vormittagsspaziergang nach Hause zurückkehrte, versuchte er, sich eine Meinung über die tatsächliche Lage zu bilden. Er hatte die deutschen Soldaten gesehen, die in den Straßen der Stadt Wache hielten, und er hatte die Verblüffung und Neugier der Kopenhagener gesehen. Er war in der Redaktion des „Dagbladet“ gewesen, wo man fieberhaft damit beschäftigt war, die Umstellungen vorzunehmen, die sich auf Grund der veränderten Verhältnisse erforderlich machten. Chefredakteur Jens Angvis war auf seinem Posten, und er kommentierte dem Geschichtsprofessor ruhig und realistisch die letzten Nachrichten. „Wir können es so haben, wie wir es wünschen“, sagte der Redakteur. „Man wird von einer Musterbesetzung mit erträglichen Bedingungen für die Presse sprechen können, aber wir können es auch so haben wie in Polen, wenn wir uns töricht benehmen.“

      Noch auf dem Heimweg hatte Professor Praahs Leute getroffen, die nicht an die Besetzung glauben wollten. Nachdem er Mittag gegessen und über die Dinge nachgedacht hatte, schrieb er in sein Tagebuch, die Besetzung Dänemarks durch Deutschland sei überraschend gekommen.

      Für einige war die Besetzung jedoch nicht überraschend gekommen. Der Graf auf Frydenholm zum Beispiel war nicht überrascht. Der Schriftsteller François von Hahn war nicht überrascht. Und für viele Freunde François von Hahns in der Sicherheitsabteilung der Reichspolizei war die Ankunft der deutschen Truppen offenbar auch keine Überraschung.

      Die Reichspolizei hatte ihre Verbindungen mit Leuten südlich der Grenze, und am achten April waren in kurzen Abständen Meldungen eingelaufen, die von deutschen Truppenbewegungen in Holstein berichteten. Die Truppen bewegten sich nach Norden.

      Oberwachtmeister Ottesen hatte in der schicksalschwangeren Nacht Dienst im Büro des Reichspolizeichefs Rane. Er war angewiesen, Polizeiinspektor Lolland zu alarmieren, falls etwas Besonderes geschehen sollte. Er hatte sein Bier in eine Marmornische gestellt und lief nervös auf dem Mosaikfußboden hin und her. Antike, grünspanüberzogene Bronzeampeln erhellten den tempelartigen Raum.

      Um 01.20 Uhr klingelte das Telefon. Der Oberwachtmeister nahm eine Meldung entgegen, aus der hervorging, daß die deutschen Truppen Flensburg erreicht hätten und in der Umgebung der Stadt biwakierten. Der Markt in Flensburg sei mit Beförderungsmitteln jeder Art überfüllt; dort stünden nicht nur Militärlastwagen, sondern auch Omnibusse. Wie zu einer Fahrt ins Grüne.

      Um 01.23 Uhr gab der Oberwachtmeister diese beunruhigende Meldung an Polizeiinspektor Lolland weiter, der sie ohne jede Gemütsbewegung entgegennahm.

      „Ich muß wohl Reichspolizeichef Rane und den stellvertretenden Polizeichef unterrichten?“ fragte der Oberwachtmeister.

      „Nein“, antwortete Lolland. „Das brauchen Sie nicht! Der Reichspolizeichef und sein Stellvertreter wissen Bescheid.“

      „Ja, aber soll ich dann wenigstens den Justizminister anrufen?“

      „Nein. Das brauchen Sie auch nicht. Der Justizminister wird morgen einen anstrengenden Tag haben.“

      „Aber Abteilungsleiter Knudsen vom Justizministerium?“

      „Ja, den können Sie getrost anrufen.“

      Der verblüffte Oberwachtmeister gab dem Abteilungsleiter die Meldung durch.

      „Aha“, sagte Abteilungsleiter Knudsen.

      „Wie bitte?“ fragte der Oberwachtmeister. Doch der Abteilungsleiter hatte diesem einen Wort nichts hinzuzufügen und legte auf.

      Mit zitternden Händen schrieb Oberwachtmeister Ottesen die kurze Antwort in seinem Bericht nieder. „Du großer Gott!“ stöhnte er. „Sie wissen Bescheid! Sie sind nicht überrascht! Sie sagen: Aha!“ Oberwachtmeister Ottesen war so bewegt, daß er sein Bier vergaß. Die Flaschen standen noch unberührt in der Marmornische, als sich das Personal der Sicherheitsabteilung am Morgen einfand.

      Eine Büroangestellte der Abteilung, Fräulein Möller, kam auf die Idee, es sei wohl am besten, sofort alle Papiere zu verbrennen, die möglicherweise für dänische Mitbürger gefährlich werden könnten, solange das Land von Hitlers Truppen besetzt war. Die Beamten der Abteilung äußerten Bedenken. Aber Fräulein Möller überredete sie. Die Dokumente wurden bündelweise in den Heizkeller des Polizeipräsidiums geschafft und verbrannt.

      Am Nachmittag rief Reichspolizeichef Rane an. Er hatte erfahren, was vor sich ging, sprach seine ernste Mißbilligung aus und verbot ganz entschieden, etwas vom Material der Sipo zu vernichten. Auch nicht ein Fetzen Papier dürfe verbrannt werden.

      Das Personal der Sicherheitsabteilung kümmerte sich jedoch nicht um die Anweisung des Chefs. Von Fräulein Möller angespornt, verbrannte man den ganzen Tag lang und auch noch am nächsten Tag Dokumente aus dem Archiv.

      Die Angelegenheit wurde an höchster Stelle erörtert; man sah ein, daß die Dinge sich nicht rückgängig machen ließen. Man wünschte zu diesem Zeitpunkt auch nicht, offiziell eine Befehlsverweigerung in der Sicherheitspolizei zu konstatieren. Am zehnten April um 16.00 Uhr, als alles verbrannt war, gab Reichspolizeichef Rane der Abteilung telefonisch Bescheid, er habe mit dem Justizminister und dem Abteilungsleiter konferiert und man erteile der Sicherheitspolizei die Erlaubnis, nach eigenem Ermessen einen gewissen Teil des Materials zu vernichten – aber nicht alles. Polizeianwalt Drössaa schrieb den Bescheid nieder und fügte hinzu: Dieser Bescheid wurde weitergegeben und sofort ausgeführt.

      In der zweiten geheimen Abteilung des Polizeipräsidiums ging es anders zu. „Das ist eine böse Zeit“, sagte Kommissar Horsens zu seinem Stellvertreter. „Wirklich schändlich, wie Menschen sich benehmen können!“

      Der stellvertretende Chef der Abteilung D des zweiten Inspektorats der Kopenhagener Polizei war Kommissar Odense. Die beiden Herren genossen ihr Nachmittagsbier in Horsens’ Büro. Der gemütliche Jüte hatte seine blaue Jacke wie üblich auf einen Bügel gehängt und saß in Hemdsärmeln und Weste da. Mit gütigen Augen betrachtete er das Porträt seiner Frau und seiner süßen Kinder, das auf dem Schreibtisch stand und ihn immer an sein Zuhause erinnerte. Aus seinem sonnengebräunten Gesicht sprach Betrübnis. „Auf die Fremden muß das unweigerlich merkwürdig wirken“, sagte Kommissar Odense. „Sie müssen einen recht seltsamen Eindruck von der Disziplin hier im Präsidium erhalten.“

      „Es ist häßlich, was da geschehen ist. So etwas tut weh hier drin“, sagte Horsens und legte seine Hand auf die Weste, dorthin, wo sein jütisches Herz klopfte.

      „Herr von Frielitz von der Gesandtschaft hat es zu erfahren bekommen und seine Mißbilligung ausgesprochen“, berichtete Odense.

      „Au, das ist faul!“

      „Dieses verdammte Fräulein Möller hat sie dazu überredet.“

      „Ja, die Frauen sind impulsiv. Sie lassen sich von ihren Gefühlen leiten. Sie lassen das Herz sprechen und nicht den Verstand. So sind die Frauen.“ Horsens blickte wieder

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