GUARDIANS - Der Verlust. Caledonia Fan

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bei Genera Medical Developments", rasselte sie herunter und ließ sich wieder in ihren Schreibtischstuhl fallen, dessen Rückenlehne mit leisem Ächzen gegen diese Behandlung protestierte. Erneut begann sie mit dem Stift zu spielen. Sie kannte die Aufnahmekandidaten für das kommende Schuljahr alle im Vorfeld. "Clarice freute sich darauf, hier zu lernen, Tammy. Sie hat uns sogar in einem Brief geschrieben, dass sie es kaum erwarten kann, endlich von zu Hause wegzukommen."

      "Warum haben dann die Eltern am Telefon gesagt, dass sie krank sei, wenn sie in Wirklichkeit seit vorgestern vermisst wird?", grübelte Tamira. "Normalerweise nimmt man doch in so einem Fall so viel Hilfe in Anspruch, wie man bekommen kann."

      Tiana zuckte mit den Schultern. "Vielleicht wollen sie es nicht an die große Glocke hängen? Oder dürfen nicht drüber sprechen? Kann auch sein, sie schämen sich."

      Es gab zwei logische Erklärungen für das Verschwinden des siebzehnjährigen Mädchens. Entweder war Clarice entführt worden oder sie hatten es mit einer Aussteigerin zu tun, die das kühle Kanada gegen die warmen Strände von Hawaii eintauschen wollte.

      "Heute Abend werde ich noch einmal intensiv im Netz suchen." Tamira stand auf und reckte sich ausgiebig. Sie war ebenso klein und zierlich wie ihre Freundin und Kollegin, doch in ihr steckte eine unbändige Kraft, die aus ihrer traumatischen Kindheit erwachsen war. "Jetzt habe ich erstmal Training, es ist gleich zwei. Kommst du mit?"

      Tiana lachte und winkte ab.

      "Du gibst wohl nie auf", antwortete sie. "Nein, nein, geh du mal allein zu deinen Schützlingen. Ich mach hier noch ein bisschen weiter." Lächelnd schüttelte sie den Kopf und wedelte mit der Hand in Richtung der Tür. "Geh nur, Tammy. Ich bin sicher, du wirst schon sehnlichst erwartet."

      Sie sah Tamiras dunkle Augen vergnügt funkeln, während die Freundin lachend das Büro verließ, nicht ohne ihr vorher noch einmal kurz zuzuwinken.

      Tamira war eine der Lehrerinnen der Schule. Zu ihrem Lehrgebiet gehörte der Umgang mit psychischen Fähigkeiten wie Hypnose oder Telepathie. Sie trainierte die mentale Stabilität und Psyche aller Schüler, doch ihr Training war besonders wichtig für die Guardians und deren Anwärter.

      Tiana lächelte wehmütig. Seit zwei Jahren war sie nicht mehr bei der Truppe. Frustriert hatte sie einsehen müssen, dass das Lehramt-Studium und die Arbeit für die Organisation ihr nicht genügend Zeit ließen für das immense Trainings­pensum, das einem Guardian auferlegt war.

      Jais, der neunzehnjährige, blonde Däne, hatte sie abgelöst und mit ihrem jüngeren Bruder Trajan das Team Blau gebildet, bis die Zweierteams aufgelöst wurden.

      Schon während ihres Studiums war sie Tariqs Assistentin geworden, um den Schulleiter bei seiner weltweiten Suche nach begabten Kindern zu unterstützen. Er hatte ihr gezeigt, worauf sie im Internet zu achten hatte, und ihr die versteckten Hinweise und Codes erklärt, an denen sich die Personen mit einer besonderen Fähigkeit im Netz erkannten. Inzwischen erledigte sie das alles allein und Tamira half ihr, so oft sie Zeit fand.

      'Tag' und 'Nacht' waren von Imara aus der Schule abgeholt worden und kamen vom Garagentrakt zum Haupthaus herüber, langsam, schlendernd. Satu plauderte und Jala hörte zu.

      Die Spitznamen waren ihnen von den anderen gegeben worden, denn die beiden Mädchen konnten nicht gegen­sätzlicher sein.

      Die vierzehnjährige Satu war Tag. Eigentlich lebte sie bei ihrer Tante in den Vereinigten Staaten. Aber diese war nach Weihnachten schwer erkrankt und hatte darum gebeten, das Mädchen bereits jetzt schon nach England an das Internat schicken zu können. Nach ihrer Befreiung aus dem Labor vor sechs Jahren war die Siebenjährige zu ihrer Tante gekommen, doch ihre Aufnahme an der Schule für den Herbst des kommenden Jahres hatte bereits festgestanden. Imara, die sich darauf freute, Satu wiederzusehen, hatte eingewilligt, sich um sie zu kümmern.

      Satu war ein Teenager, den jeder als bildhübsch bezeichnete, und ein wahrer Sonnenschein. Sie verbreitete pure Lebensfreude. In ihrer Nähe fiel es schwer, Groll zu hegen oder Bitterkeit zu empfinden. Sie trug stets farbenfrohe Kleidung, am liebsten T-Shirts und weite Latzjeans, und ihr langes, blondes Haar war immer offen. Sie lachte viel, konnte gut zuhören und schien einfach unfähig in anderen etwas Böses zu sehen.

      Jala hingegen war dunkel. In jeder Beziehung. Man konnte die achtzehnjährige gebürtige Irakerin nicht schön nennen und sie wusste es. Makeup und Frisur waren ihr völlig gleich, obwohl gerade in ihrem Alter Mädchen viel Wert darauf legten. Das machte sie zum Außenseiter in ihrer Klasse. Doch es störte sie nicht. Ihr lag nichts an Freundschaften mit den Mädchen, die mit ihr zur Schule gingen, denn die erschienen ihr allesamt oberflächlich, falsch und albern. Am liebsten hatte es Jala, wenn man sie in Ruhe ließ.

      Ihre Gestalt war knochig und nicht fraulich, mit einer kaum erkennbaren Brust und einem Becken, so schmal wie das eines Jungen. All das war sowieso nicht zu sehen, denn zum Leidwesen ihrer Pflegemutter Imara trug sie T-Shirts, die ihr mindestens zwei Nummern zu groß waren, und grundsätzlich dunkle Kleidung, am liebsten schwarz oder grau. Von derselben Farbe war auch das Basecap, unter dem sie ihre wilde, nachtschwarze Mähne verbarg,

      Was an Jala aber am meisten verstörte, waren ihre Augen. In der Regel hielt sie den Blick gesenkt. Aber wenn sie ihn einmal hob und jemanden direkt ansah, dann hatte derjenige den Eindruck, dass sie ihm bis auf den tiefsten Grund der Seele blicken konnte. Durchdringend, bohrend und alles erkennend. Es war unangenehm, von ihr angeschaut zu werden, und nicht jeder konnte ihrem Blick standhalten. Ihre tiefdunklen Augen unter den langen schwarzen Wimpern verstärkten den Effekt noch.

      Aber Jala war nicht nur dunkel, sie war auch still. Nie mischte sie sich in Gespräche ein, nie gab sie ungefragt ihre Meinung preis. Im Unterricht musste sie aufgefordert werden, zu reden, und bei Einsatzbesprechungen hörte sie generell nur zu.

      Wenn die zwei Mädchen zusammen unterwegs waren, traten die gegensätzlichen Wesen der beiden besonders deutlich hervor. So wie jetzt gerade.

      Eben seufzte Satu, blieb stehen und hielt ihr Gesicht selig lächelnd der Sonne entgegen. "Ich liebe den Sommer in England!", seufzte sie und breitete die Arme aus, als wollte sie jemanden umarmen.

      Jala hatte ihr nur einen kurzen Blick zugeworfen und war weitergegangen. Ihr schwarzer Rucksack baumelte an einem Träger über der Schulter. "Ich habe Hunger", meinte sie lakonisch. "Lass uns zu Kareem gehen." Und ohne sich zu vergewissern, dass Satu ihr folgte, betrat sie durch den Wirtschaftseingang das Haus.

      Drinnen war es angenehm kühl nach der sommerlichen Wärme draußen. Ihre Schritte hallten auf den Bodenfliesen und als sie ins kleine Foyer kam, umfingen sie die vertrauten Düfte. Wie immer roch es nach altem Gemäuer und dem Öl, mit dem die Leute vom Housekeeping Service die dunkle Holzvertäfelung pflegten.

      Draußen vor dem Haus konnte sie Satus Stimme hören. Die Schulleiterin war kurz vor ihnen um die Hausecke gekommen und musste sich nun wahrscheinlich anhören, wie schön das Leben war.

      Man konnte es kein Lächeln nennen, aber ein wenig hob sich Jalas Mundwinkel bei dem Gedanken daran.

      Als sie in dem engen Korridor zur Teeküche abbiegen wollte, stieß sie mit jemandem zusammen. Der Rucksack rutschte von der Schulter und fiel zu Boden.

      "Oh, tut mir leid", hörte sie eine überraschte Stimme. Noch bevor sie sich bücken konnte, hatte die angerempelte Person schon den Rucksack aufgehoben. Obwohl es ziemlich dämmrig in dem dunklen Korridor war, erkannte sie ihn an seinem weißen T-Shirt. Es war Ethan.

      "Danke", antwortete sie leise und nahm ihm den Träger aus der Hand, um ihn sich wieder auf die Schulter zu schieben. "Nichts

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