GUARDIANS - Der Verlust. Caledonia Fan

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er vorbeigehen konnte, doch er blieb stehen.

      "Ich wollte eben zu Kareem … und fragen, ob er noch was zu essen hat. Du bist doch auch grad gekommen. Magst du … vielleicht mitkommen?"

      Er schob die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans und sah sie fragend an. Es ließ seine Schultern ungeheuer breit aussehen, doch das war ihm sicher nicht bewusst.

      Jala brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass er tatsächlich sie gefragt hatte. Eigentlich wollte sie ablehnen, denn Ethan gehörte nicht unbedingt zu denen, deren Gesellschaft ihr angenehm war. Andererseits hatte sie ja tatsächlich Hunger. Nach kurzem Zögern nickte sie und wandte sich der Küchentür zu. Ethans Gesichtsausdruck konnte sie so nicht mehr sehen.

      Tanyel ließ das schwere Eingangsportal hinter sich ins Schloss fallen. Eine laue Windbö wirbelte Wolken aus gelbem Blütenstaub von den Jasminbüschen vor dem Haus auf und zerzauste ihm die blonden Haare. Oben im ersten Stock hörte er durch das geöffnete Fenster Stimmen. Der Sechsundvierzigjährige sah auf die Uhr. Es war fast zwei, Tamiras Unterricht würde gleich beginnen.

      Pfeifend machte er sich auf den Weg zum Gesindehaus. In früheren Zeiten, als Darach Manor der Wohnsitz der altehrwürdigen Henley-Familie war, hatte das Dienst­personal in dem Gebäude gewohnt. Heute lebten die zum Internat gehörigen Jungen darin. Es war lange nicht genutzt worden und dementsprechend verfallen gewesen.

      Vor sechs Jahren musste der ehemalige Aufenthalts- und Speiseraum im Erdgeschoss binnen eines Tages bewohnbar gemacht werden. Die Guardians hatten in einer Mission sieben eingesperrte Kinder mit besonderen Fähigkeiten gerettet, zwei Mädchen und fünf Jungen. Letztere waren vorerst dort untergebracht worden.

      Bran, einer von ihnen, kam ihm gerade entgegen. Er war inzwischen ein junger Mann mit hellbraunen Haaren, eher weichen Gesichtszügen und freundlichen graugrünen Augen geworden.

      "Ich fahre in die Stadt, Tanyel, brauchst du was?", rief er herüber und klimperte mit dem Autoschlüssel.

      Der Steward schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich muss dann selbst nochmal los, danke."

      Er winkte ihm zu und der Zwanzigjährige drehte sich um und verschwand in Richtung der Garagen.

      Bran und Ethan waren die Ältesten der geretteten Kinder. Zwei Jahre nach ihrer Befreiung hatten beide die Aufnahmeprüfung bei den Guardians bestanden. Seitdem verstärkten sie das Team mit ihren Gaben und wohnten bis heute im Gesindehaus. Trotz ihrer Gegensätzlichkeit in Charakter und Aussehen hielt ihre Teenager-Freundschaft von damals unerschütterlich.

      Ethan verkörperte alles das, was Bran fehlte. Er war drauf­gängerisch, wortkarg und ein außerordentlich gut­aussehender Mann. Das widerspenstige blonde Haar kämmte er - wenn überhaupt - mit den Fingern. Seine breiten Schultern und die markanten, männlichen Gesichtszüge zogen die Blicke auf sich. Doch das Auffälligste waren die tiefblauen Augen, die stets misstrauisch und sorgenvoll zugleich blickten.

      Tanyel bog hinter dem Ostflügel rechts ab und kam in den Schatten der hohen Bäume. Sein Blick streifte die Hecken an der Osteinfahrt und der Steward in ihm registrierte stirnrunzelnd, dass sie dringend geschnitten werden mussten.

      Wie immer, wenn er zu den etwas abgelegenen Wirtschafts­gebäuden hinüberging, machte er einen kurzen Abstecher zu Tariqs Gedenkstein. Es war dessen Wunsch gewesen, für jeden, der einmal zur großen Familie von Darach Manor gehört hatte, hier auf dem Grundstück einen solchen aufzustellen. Und so befanden sich in dem winzigen Hain unter den hohen Bäumen neben Tariqs Stein auch zwei von ehemaligen Guardians, die im Einsatz umgekommen waren. Einer der beiden war ein Niemand gewesen, der in keinem Melderegister aufgetaucht war. Deshalb hatten sie ihn auf dem Grund des Hauses begraben, direkt am See, einem Platz, den er gemocht hatte. Denn für sie war er jemand gewesen. Ein Kamerad.

      Heute war Tanyel nicht der Einzige, der zu dem stillen Ort hinter dem Gartenhaus gefunden hatte. Penelope, die Schul- und Internatsleiterin, ordnete Blumen in einer Vase und zupfte zwei welke Blüten heraus. Beim Knirschen seiner Schritte auf dem Kies richtete sie sich auf und drehte sich um.

      "Es sind immer dieselben, die sich hier treffen", lachte sie und strich sich das schick frisierte graue Haar aus der Stirn, bevor sie sich wieder dem Strauß widmete, der auf dem kniehohen schwarzen Marmorwürfel stand. "Ich kann mich mit diesem Klotz nicht anfreunden", brummte sie mit abgewandtem Gesicht. "So schlicht und völlig schmucklos, einfach nur ein Block."

      "Er wollte ihn so", gab Tanyel zurück, "und er ist genau so, wie Tariq es bestimmt hatte und wie er selbst gewesen war. Er hat nie viel Wert auf seinen gesellschaftlichen Stand und seinen angeborenen Adel gelegt. Nicht der Name adelt den Menschen, das war seine Devise."

      "Ja", seufzte Penelope und ließ ihre Hände einen Moment lang sinken. "Du hast ja recht."

      Der Steward war neben ihr stehen geblieben und schaute auf sie hinab. Die rundliche Frau reichte ihm kaum bis zu den Achseln. Doch die schicke Mittfünfzigerin mit dem immer gepflegten Make-up besaß eine enorme innere Kraft, die sie für ihre Aufgabe hier bestens geeignet machte. Die Teenager hatten gehörigen Respekt vor ihr.

      Sie hob den Kopf und sah mit blitzenden, blauen Augen zu ihm hinauf. "Wir haben gestern echt Nerven gebraucht mit der Heizung im Büro", meinte sie, richtete sich auf und wischte die feuchten Hände an der Jeans ab. "Unsere Sekretärin hat die ganze Zeit wenig freundliche Dinge vor sich hingemurmelt und ich glaube, sie galten dir." Übertrieben vorwurfsvoll sah sie zu dem über zwei Meter großen Mann neben sich auf und runzelte vielsagend die Stirn.

      Tanyel hob bedauernd die Hände. "Warum habt ihr … ach richtig, ich war nicht da", fiel ihm ein. "Ich schau es mir heute noch an, damit ihr beiden Ladys am Montag nicht frieren müsst." Er grinste ebenfalls.

      "Frieren? Im Juni? Nein, es war dieses Klopfen, was einen wahnsinnig gemacht hat."

      "Ich kümmere mich, versprochen." Er nickte Penelope zu und setzte seinen Weg fort.

      Am Gesindehaus angekommen richtete er prüfend den Blick auf den Fortschritt der Baumaßnahmen. Es mussten weitere Zimmer geschaffen werden, denn der Raum für die Jungen hatte sich nach und nach gefüllt, als neue Internatszöglinge dazugekommen waren.

      Jais war der Erste gewesen. Der stille Blondschopf aus Dänemark hatte sich schwergetan, Anschluss zu finden an das unzertrennliche Bran-Ethan-Duo. Die beiden waren sehr verschlossen gewesen. Sie hatten Mirek vermisst, den Jüngsten der Kinder aus dem Labor, der ihnen während ihrer Gefangenschaft ans Herz gewachsen und wie ein kleiner Bruder geworden war. Und sie waren nicht bereit gewesen, Jais bei seinen Sprachproblemen zu helfen. Eine Weile hatte es ausgesehen, als würde der schmächtige Junge wegen Heimweh wieder abreisen. Er war sich verloren vorgekommen. Tanyels ernstes Gespräch mit Bran und Ethan hatte nichts daran geändert. Die beiden waren damals kurz vor ihrer Guardian-Prüfung gewesen und hatten sich dem Neuzugang turmhoch überlegen gefühlt.

      Hilfe kam von unerwarteter Seite. La'ith, der stellvertretende Teamchef, erkannte die Not des damals erst Vierzehn­jährigen und holte ihn diskret unter seine Fittiche.

      Ein Brummen, das sich von der Osteinfahrt näherte, ließ Tanyel den Kopf wenden. Als wären seine Gedanken das Stichwort für La'ith gewesen, sah er dessen unauffälligen Kleinwagen in den Garagenhof einbiegen.

      Nachdem er das Auto geparkt hatte, kam der wortkarge und verschlossen wirkende Guardian langsam zu dem Steward herüber.

      "Ist etwas nicht in Ordnung?", fragte er und ließ seinen Blick prüfend über das neue Dach des Gesindehauses wandern.

      Tanyel

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